Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

einen ausgezeichneten Hafen, nichts anderes als Plagiate. Denn alle
diese "Gedanken" haben wahrscheinlich schon anderswo gestanden!
Wenn Herr Tielemans erst wüßte, was ich alles aus den statisti¬
schen Tabellen, aus den Kammerverhandlungen, aus dem Moniteur
belge, aus den officiellen Berichten über Schul- und Kirchenwesen,
über Pauperismus und Preßprocesse geschöpft habe!

, Eine Kleinigkeit hat Herr Tilemans übersehen. Jene zwei Ka¬
pitel, welche so viele Plagiate aus der Broschüre des Herrn Vandcn-
hoven enthalten sollen, sind Wort für Wort bereits in den
Grenzboten, im August 1843, gedruckt erschienen, wah¬
rend die verhängnißvolle Broschüre erst zu Ende des Jahres 1844
erschien!!

Ich beeile mich zu bemerken, daß auch Herr Vandenhoven kei¬
neswegs ein Plagiat an mir begangen hat; denn Herr Vandenhoven
ist Niemand anders als mein sehr werther Freund, Herr it., Vice-
präsident am Tribunal erster Instanz zu Brüssel, einer der Wenigen
in Belgien, welche die Annäherung zwischen Vlaemcn und Deutschen
zu ihrer Lieblingsidee machen. Jahrelanger Umgang, wechselseitiger
Austausch von Ideen lassen in den literarischen Arbeiten zweier Freunde
manche gegenseitige Anklänge zurück. Dies brauchte Herr Tielemans
allerdings nicht zu wissen,--'d.h. wenn er es nicht wüßte! wenn
Herr Tielemauns wirklich ein Herr Tielemanns, wenn er wirklich
aus Antwerpen wäre, wenn seine Citate nicht absichtlich verfälscht
waren, wenn nicht der ganze Artikel einer jener schmählichen lands-
manschaftlichen Liebesdienste wäre, die man von jeher gewohnt ist,
daß sie ein Deutscher dem andern im Auslande erzeigt, weil seine
Seele das Bischen Anerkennung nicht ertragen kann, das man dem
Landsmanne neben ihm zollt. Ich fordere den Rheinischen Beobachter,
den tugendhaften Streiter für Gott und König auf, uns sein Wort
zu geben, daß er den Artikel aus Antwerpen erhalten und daß er nicht
wußte, wer Herr Tilemans ist? Um ihm eine Lüge zu ersparen, will
ich ihn von vorn herein auf zwei Dinge aufmerksam machen: Die
Herren Conscience und Dekane die so "entrüstet über mein Buch sich
zeigten," behaupten, es gebe in ganz Antwerpen keinen Tielemanns
und beweisen mir, daß zu gleicher Zeit wo der Artikel im Rheini¬
schen Beobachter erschien, noch kein einziges Exemplar mei¬
nes Buches in Antwerpen sich befand, und sie es daher gar
nicht kannten; wo hat also der ehrenwerthe Herr Tielemanns ihr Ur¬
theil vernommen?

Ich könnte, wenn ich die schmutzigen Fäden dieser Geschichte
aufdecken und den wahren Namen des Verfassers nennen wollte, ei¬
nen gar piquanten Beitrag zur Geschichte der Deutschen im Aus¬
lande liefern; allein da darin der Name einer literarischen Frau
figuriren müßte, die ich vor der Hand noch schonen möchte, so 'will
ich die nähere Auseinandersetzung mit Stillscheigen übergehen. Jener


einen ausgezeichneten Hafen, nichts anderes als Plagiate. Denn alle
diese „Gedanken" haben wahrscheinlich schon anderswo gestanden!
Wenn Herr Tielemans erst wüßte, was ich alles aus den statisti¬
schen Tabellen, aus den Kammerverhandlungen, aus dem Moniteur
belge, aus den officiellen Berichten über Schul- und Kirchenwesen,
über Pauperismus und Preßprocesse geschöpft habe!

, Eine Kleinigkeit hat Herr Tilemans übersehen. Jene zwei Ka¬
pitel, welche so viele Plagiate aus der Broschüre des Herrn Vandcn-
hoven enthalten sollen, sind Wort für Wort bereits in den
Grenzboten, im August 1843, gedruckt erschienen, wah¬
rend die verhängnißvolle Broschüre erst zu Ende des Jahres 1844
erschien!!

Ich beeile mich zu bemerken, daß auch Herr Vandenhoven kei¬
neswegs ein Plagiat an mir begangen hat; denn Herr Vandenhoven
ist Niemand anders als mein sehr werther Freund, Herr it., Vice-
präsident am Tribunal erster Instanz zu Brüssel, einer der Wenigen
in Belgien, welche die Annäherung zwischen Vlaemcn und Deutschen
zu ihrer Lieblingsidee machen. Jahrelanger Umgang, wechselseitiger
Austausch von Ideen lassen in den literarischen Arbeiten zweier Freunde
manche gegenseitige Anklänge zurück. Dies brauchte Herr Tielemans
allerdings nicht zu wissen,—'d.h. wenn er es nicht wüßte! wenn
Herr Tielemauns wirklich ein Herr Tielemanns, wenn er wirklich
aus Antwerpen wäre, wenn seine Citate nicht absichtlich verfälscht
waren, wenn nicht der ganze Artikel einer jener schmählichen lands-
manschaftlichen Liebesdienste wäre, die man von jeher gewohnt ist,
daß sie ein Deutscher dem andern im Auslande erzeigt, weil seine
Seele das Bischen Anerkennung nicht ertragen kann, das man dem
Landsmanne neben ihm zollt. Ich fordere den Rheinischen Beobachter,
den tugendhaften Streiter für Gott und König auf, uns sein Wort
zu geben, daß er den Artikel aus Antwerpen erhalten und daß er nicht
wußte, wer Herr Tilemans ist? Um ihm eine Lüge zu ersparen, will
ich ihn von vorn herein auf zwei Dinge aufmerksam machen: Die
Herren Conscience und Dekane die so „entrüstet über mein Buch sich
zeigten," behaupten, es gebe in ganz Antwerpen keinen Tielemanns
und beweisen mir, daß zu gleicher Zeit wo der Artikel im Rheini¬
schen Beobachter erschien, noch kein einziges Exemplar mei¬
nes Buches in Antwerpen sich befand, und sie es daher gar
nicht kannten; wo hat also der ehrenwerthe Herr Tielemanns ihr Ur¬
theil vernommen?

Ich könnte, wenn ich die schmutzigen Fäden dieser Geschichte
aufdecken und den wahren Namen des Verfassers nennen wollte, ei¬
nen gar piquanten Beitrag zur Geschichte der Deutschen im Aus¬
lande liefern; allein da darin der Name einer literarischen Frau
figuriren müßte, die ich vor der Hand noch schonen möchte, so 'will
ich die nähere Auseinandersetzung mit Stillscheigen übergehen. Jener


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0571" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182381"/>
            <p xml:id="ID_1358" prev="#ID_1357"> einen ausgezeichneten Hafen, nichts anderes als Plagiate. Denn alle<lb/>
diese &#x201E;Gedanken" haben wahrscheinlich schon anderswo gestanden!<lb/>
Wenn Herr Tielemans erst wüßte, was ich alles aus den statisti¬<lb/>
schen Tabellen, aus den Kammerverhandlungen, aus dem Moniteur<lb/>
belge, aus den officiellen Berichten über Schul- und Kirchenwesen,<lb/>
über Pauperismus und Preßprocesse geschöpft habe!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1359"> , Eine Kleinigkeit hat Herr Tilemans übersehen. Jene zwei Ka¬<lb/>
pitel, welche so viele Plagiate aus der Broschüre des Herrn Vandcn-<lb/>
hoven enthalten sollen, sind Wort für Wort bereits in den<lb/>
Grenzboten, im August 1843, gedruckt erschienen, wah¬<lb/>
rend die verhängnißvolle Broschüre erst zu Ende des Jahres 1844<lb/>
erschien!!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1360"> Ich beeile mich zu bemerken, daß auch Herr Vandenhoven kei¬<lb/>
neswegs ein Plagiat an mir begangen hat; denn Herr Vandenhoven<lb/>
ist Niemand anders als mein sehr werther Freund, Herr it., Vice-<lb/>
präsident am Tribunal erster Instanz zu Brüssel, einer der Wenigen<lb/>
in Belgien, welche die Annäherung zwischen Vlaemcn und Deutschen<lb/>
zu ihrer Lieblingsidee machen. Jahrelanger Umgang, wechselseitiger<lb/>
Austausch von Ideen lassen in den literarischen Arbeiten zweier Freunde<lb/>
manche gegenseitige Anklänge zurück. Dies brauchte Herr Tielemans<lb/>
allerdings nicht zu wissen,&#x2014;'d.h. wenn er es nicht wüßte! wenn<lb/>
Herr Tielemauns wirklich ein Herr Tielemanns, wenn er wirklich<lb/>
aus Antwerpen wäre, wenn seine Citate nicht absichtlich verfälscht<lb/>
waren, wenn nicht der ganze Artikel einer jener schmählichen lands-<lb/>
manschaftlichen Liebesdienste wäre, die man von jeher gewohnt ist,<lb/>
daß sie ein Deutscher dem andern im Auslande erzeigt, weil seine<lb/>
Seele das Bischen Anerkennung nicht ertragen kann, das man dem<lb/>
Landsmanne neben ihm zollt. Ich fordere den Rheinischen Beobachter,<lb/>
den tugendhaften Streiter für Gott und König auf, uns sein Wort<lb/>
zu geben, daß er den Artikel aus Antwerpen erhalten und daß er nicht<lb/>
wußte, wer Herr Tilemans ist? Um ihm eine Lüge zu ersparen, will<lb/>
ich ihn von vorn herein auf zwei Dinge aufmerksam machen: Die<lb/>
Herren Conscience und Dekane die so &#x201E;entrüstet über mein Buch sich<lb/>
zeigten," behaupten, es gebe in ganz Antwerpen keinen Tielemanns<lb/>
und beweisen mir, daß zu gleicher Zeit wo der Artikel im Rheini¬<lb/>
schen Beobachter erschien, noch kein einziges Exemplar mei¬<lb/>
nes Buches in Antwerpen sich befand, und sie es daher gar<lb/>
nicht kannten; wo hat also der ehrenwerthe Herr Tielemanns ihr Ur¬<lb/>
theil vernommen?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1361" next="#ID_1362"> Ich könnte, wenn ich die schmutzigen Fäden dieser Geschichte<lb/>
aufdecken und den wahren Namen des Verfassers nennen wollte, ei¬<lb/>
nen gar piquanten Beitrag zur Geschichte der Deutschen im Aus¬<lb/>
lande liefern; allein da darin der Name einer literarischen Frau<lb/>
figuriren müßte, die ich vor der Hand noch schonen möchte, so 'will<lb/>
ich die nähere Auseinandersetzung mit Stillscheigen übergehen. Jener</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0571] einen ausgezeichneten Hafen, nichts anderes als Plagiate. Denn alle diese „Gedanken" haben wahrscheinlich schon anderswo gestanden! Wenn Herr Tielemans erst wüßte, was ich alles aus den statisti¬ schen Tabellen, aus den Kammerverhandlungen, aus dem Moniteur belge, aus den officiellen Berichten über Schul- und Kirchenwesen, über Pauperismus und Preßprocesse geschöpft habe! , Eine Kleinigkeit hat Herr Tilemans übersehen. Jene zwei Ka¬ pitel, welche so viele Plagiate aus der Broschüre des Herrn Vandcn- hoven enthalten sollen, sind Wort für Wort bereits in den Grenzboten, im August 1843, gedruckt erschienen, wah¬ rend die verhängnißvolle Broschüre erst zu Ende des Jahres 1844 erschien!! Ich beeile mich zu bemerken, daß auch Herr Vandenhoven kei¬ neswegs ein Plagiat an mir begangen hat; denn Herr Vandenhoven ist Niemand anders als mein sehr werther Freund, Herr it., Vice- präsident am Tribunal erster Instanz zu Brüssel, einer der Wenigen in Belgien, welche die Annäherung zwischen Vlaemcn und Deutschen zu ihrer Lieblingsidee machen. Jahrelanger Umgang, wechselseitiger Austausch von Ideen lassen in den literarischen Arbeiten zweier Freunde manche gegenseitige Anklänge zurück. Dies brauchte Herr Tielemans allerdings nicht zu wissen,—'d.h. wenn er es nicht wüßte! wenn Herr Tielemauns wirklich ein Herr Tielemanns, wenn er wirklich aus Antwerpen wäre, wenn seine Citate nicht absichtlich verfälscht waren, wenn nicht der ganze Artikel einer jener schmählichen lands- manschaftlichen Liebesdienste wäre, die man von jeher gewohnt ist, daß sie ein Deutscher dem andern im Auslande erzeigt, weil seine Seele das Bischen Anerkennung nicht ertragen kann, das man dem Landsmanne neben ihm zollt. Ich fordere den Rheinischen Beobachter, den tugendhaften Streiter für Gott und König auf, uns sein Wort zu geben, daß er den Artikel aus Antwerpen erhalten und daß er nicht wußte, wer Herr Tilemans ist? Um ihm eine Lüge zu ersparen, will ich ihn von vorn herein auf zwei Dinge aufmerksam machen: Die Herren Conscience und Dekane die so „entrüstet über mein Buch sich zeigten," behaupten, es gebe in ganz Antwerpen keinen Tielemanns und beweisen mir, daß zu gleicher Zeit wo der Artikel im Rheini¬ schen Beobachter erschien, noch kein einziges Exemplar mei¬ nes Buches in Antwerpen sich befand, und sie es daher gar nicht kannten; wo hat also der ehrenwerthe Herr Tielemanns ihr Ur¬ theil vernommen? Ich könnte, wenn ich die schmutzigen Fäden dieser Geschichte aufdecken und den wahren Namen des Verfassers nennen wollte, ei¬ nen gar piquanten Beitrag zur Geschichte der Deutschen im Aus¬ lande liefern; allein da darin der Name einer literarischen Frau figuriren müßte, die ich vor der Hand noch schonen möchte, so 'will ich die nähere Auseinandersetzung mit Stillscheigen übergehen. Jener

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/571
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/571>, abgerufen am 14.05.2024.