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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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weiter, freilich etwas versteckt, Deutschland habe sich deshalb nicht
um Schleswig zu bekümmern; allein zu dem politischen Dänemark
gehört Schleswig denn doch noch viel weniger, und Dänemark hat
sich also noch viel weniger, um Schleswig zu bekümmern. Zu
Dänemark steht es in keinem staatsrechtlichen Verhältniß, und Dä¬
nemark kann gar keinen Anspruch darauf machen, das; es politisch
mit ihm vereint werde, wogegen es zu Deutschland durch Holstein
allerdings in einem staatsrechtlichen Verhältniß steht und Deutsch¬
land daher auch Recht hat zu verlangen, daß dieses Verhältniß
weiter entwickelt werde, Schleswig endlich auch in den deutschen
Bund komme, zumal fast die ganze Bevölkerung Schleswigs hier¬
mit einverstanden ist, während fast kein Mensch die politische Ver¬
einigung mit Dänemark will. In dem vorliegenden Artikel wird
die Sache so dargestellt, als ob der Streit eigentlich nur ein Spra-
chcnstreit im Herzogthum Schleswig selbst sei; aber diese Darstel¬
lung ist durchaus mangelhaft, wahrscheinlich absichtlich. Was in¬
deß diesen Sprachenstreit betrifft, so werden allerdings die wesent¬
lichen Momente richtig aufgeführt. Die dänisch-skandinavische Partei
will, daß in Schleswig die dänische Sprache neben der deutschen
als officielle Sprache in der Verwaltung der Volksvertretung, der
Rechtspflege, in Schule und Kirche gelte, und behauptet, dies sei
kein Vorschieben des DaniSmus, um diesen Punkt namentlich habe
Deutschland sich gar nicht zu bekümmern, wogegen sie in einem
Athemzuge für sich, die dänisch-skandinavische Partei und Däne¬
mark ein Recht, sich darum zu bekümmern, freilich ohne Begrün¬
dung in Anspruch nimmt. Wir könnten uns freilich einfach damit
begnügen, zu erwiedern: es geht euch dies Verhältniß viel weni¬
ger etwas an, ihr habt das wenigstens den Schleswigern zu über¬
lassen, und konnten dann durch viele Beweise darthun, daß die
Schleswiger von solchen dänischen Prätensionen gar nichts wissen
wollen; wir wollen aber, zumal dies eine ziemlich allgemein be¬
kannte Sacke ist, lieber auf die Nachweisung eingehen, daß die beregte
Forderung der Dänen mit der hergebrachten Entwicklung, den her¬
gebrachten Rechten und Verhältnissen schnurstraks in Widerspruch
steht, durchaus propagandistisch ist, und an sich eigentlich eine Ab¬
surdität involvirt. Auf den alten Schleswig-Holsteinschen Land¬
tagen wurde allein die deutsche Sprache gebraucht und nie ist et-


weiter, freilich etwas versteckt, Deutschland habe sich deshalb nicht
um Schleswig zu bekümmern; allein zu dem politischen Dänemark
gehört Schleswig denn doch noch viel weniger, und Dänemark hat
sich also noch viel weniger, um Schleswig zu bekümmern. Zu
Dänemark steht es in keinem staatsrechtlichen Verhältniß, und Dä¬
nemark kann gar keinen Anspruch darauf machen, das; es politisch
mit ihm vereint werde, wogegen es zu Deutschland durch Holstein
allerdings in einem staatsrechtlichen Verhältniß steht und Deutsch¬
land daher auch Recht hat zu verlangen, daß dieses Verhältniß
weiter entwickelt werde, Schleswig endlich auch in den deutschen
Bund komme, zumal fast die ganze Bevölkerung Schleswigs hier¬
mit einverstanden ist, während fast kein Mensch die politische Ver¬
einigung mit Dänemark will. In dem vorliegenden Artikel wird
die Sache so dargestellt, als ob der Streit eigentlich nur ein Spra-
chcnstreit im Herzogthum Schleswig selbst sei; aber diese Darstel¬
lung ist durchaus mangelhaft, wahrscheinlich absichtlich. Was in¬
deß diesen Sprachenstreit betrifft, so werden allerdings die wesent¬
lichen Momente richtig aufgeführt. Die dänisch-skandinavische Partei
will, daß in Schleswig die dänische Sprache neben der deutschen
als officielle Sprache in der Verwaltung der Volksvertretung, der
Rechtspflege, in Schule und Kirche gelte, und behauptet, dies sei
kein Vorschieben des DaniSmus, um diesen Punkt namentlich habe
Deutschland sich gar nicht zu bekümmern, wogegen sie in einem
Athemzuge für sich, die dänisch-skandinavische Partei und Däne¬
mark ein Recht, sich darum zu bekümmern, freilich ohne Begrün¬
dung in Anspruch nimmt. Wir könnten uns freilich einfach damit
begnügen, zu erwiedern: es geht euch dies Verhältniß viel weni¬
ger etwas an, ihr habt das wenigstens den Schleswigern zu über¬
lassen, und konnten dann durch viele Beweise darthun, daß die
Schleswiger von solchen dänischen Prätensionen gar nichts wissen
wollen; wir wollen aber, zumal dies eine ziemlich allgemein be¬
kannte Sacke ist, lieber auf die Nachweisung eingehen, daß die beregte
Forderung der Dänen mit der hergebrachten Entwicklung, den her¬
gebrachten Rechten und Verhältnissen schnurstraks in Widerspruch
steht, durchaus propagandistisch ist, und an sich eigentlich eine Ab¬
surdität involvirt. Auf den alten Schleswig-Holsteinschen Land¬
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[0062] weiter, freilich etwas versteckt, Deutschland habe sich deshalb nicht um Schleswig zu bekümmern; allein zu dem politischen Dänemark gehört Schleswig denn doch noch viel weniger, und Dänemark hat sich also noch viel weniger, um Schleswig zu bekümmern. Zu Dänemark steht es in keinem staatsrechtlichen Verhältniß, und Dä¬ nemark kann gar keinen Anspruch darauf machen, das; es politisch mit ihm vereint werde, wogegen es zu Deutschland durch Holstein allerdings in einem staatsrechtlichen Verhältniß steht und Deutsch¬ land daher auch Recht hat zu verlangen, daß dieses Verhältniß weiter entwickelt werde, Schleswig endlich auch in den deutschen Bund komme, zumal fast die ganze Bevölkerung Schleswigs hier¬ mit einverstanden ist, während fast kein Mensch die politische Ver¬ einigung mit Dänemark will. In dem vorliegenden Artikel wird die Sache so dargestellt, als ob der Streit eigentlich nur ein Spra- chcnstreit im Herzogthum Schleswig selbst sei; aber diese Darstel¬ lung ist durchaus mangelhaft, wahrscheinlich absichtlich. Was in¬ deß diesen Sprachenstreit betrifft, so werden allerdings die wesent¬ lichen Momente richtig aufgeführt. Die dänisch-skandinavische Partei will, daß in Schleswig die dänische Sprache neben der deutschen als officielle Sprache in der Verwaltung der Volksvertretung, der Rechtspflege, in Schule und Kirche gelte, und behauptet, dies sei kein Vorschieben des DaniSmus, um diesen Punkt namentlich habe Deutschland sich gar nicht zu bekümmern, wogegen sie in einem Athemzuge für sich, die dänisch-skandinavische Partei und Däne¬ mark ein Recht, sich darum zu bekümmern, freilich ohne Begrün¬ dung in Anspruch nimmt. Wir könnten uns freilich einfach damit begnügen, zu erwiedern: es geht euch dies Verhältniß viel weni¬ ger etwas an, ihr habt das wenigstens den Schleswigern zu über¬ lassen, und konnten dann durch viele Beweise darthun, daß die Schleswiger von solchen dänischen Prätensionen gar nichts wissen wollen; wir wollen aber, zumal dies eine ziemlich allgemein be¬ kannte Sacke ist, lieber auf die Nachweisung eingehen, daß die beregte Forderung der Dänen mit der hergebrachten Entwicklung, den her¬ gebrachten Rechten und Verhältnissen schnurstraks in Widerspruch steht, durchaus propagandistisch ist, und an sich eigentlich eine Ab¬ surdität involvirt. Auf den alten Schleswig-Holsteinschen Land¬ tagen wurde allein die deutsche Sprache gebraucht und nie ist et-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/62>, abgerufen am 31.05.2024.