Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wegs behaupten, vielmehr gestehen wir ausdrücklich zu, daß ihre
Sympathien rücksichtlich Rußlands im Allgemeinen von denen ihres
Hofes gänzlich abweichen. Wenn aber in deutschen Blättern be¬
hauptet worden ist, sie dienten hinsichtlich der Erbfolge Rußland,
so ist damit wohl gemeint, daß sie wegen ihrer Uebereinstimmung
mit dem dänischen und russischen Hofe hinsichtlich der Successions¬
frage in so weit der russischen Politik Vorschub leisteten. Gerne
gestehen wir auch zu, daß das dänische Volk im Allgemeinen frei¬
sinnig und freiheitsliebend ist, allein man wird uns gegnerischerseits
auch nicht bestreiten können, daß die dänischen Stände und die Füh¬
rer des dänischen Volkes für die Ausbildung freier Institutionen
in Dänemark noch gar wenig gethan haben. Die Hauptfrage, die
Verfassungsfrage, hat man nur obenhin berührt und zuletzt wieder
ganz liegen lassen. Wir wissen wohl, daß hierzu auch das Haupt¬
motiv wieder in ihrer Politik rücksichtlich der Herzogthümer zu finden
ist, die dänische Verfassung soll die Herzogthümer, wenigstens Schles¬
wig, mit umschließen, und Schleswig-Holstein soll auf keinen Fall
eine Verfassung für sich erhalten. Wir erlauben uns aber, dies
eine schlechte Politik zu nennen, einmal weil es unrecht und ver¬
kehrt ist, Andere in der Entwickelung des Rechts und der Freiheit
zu hindern, dann weil die Dänen auf diese Weise von sich selbst
ein hohes Gut fern halten, und endlich weil aus dem Project einer
Verfassung für Dänemark und die Herzogthümer, oder auch nur
für Schleswig gemeinsam nimmermehr etwas werden kann, noch
wird. Wollten die dänischen Skandinavier vernünftig handeln, so
wendeten sie alle Kräfte auf, um in ihrem Lande das Werk zweckmäßi¬
ger Reformen zu fördern, so bemüheten sie sich auch ernstlich, die
skandinavischen Ideen der Wirklichkett näher zu bringen. Könnten
sie überhaupt Hoffnung und Allssicht auf eine nähere Verbindung
der Herzogthümer oder blos deö Herzogthums Schleswig haben, so
könnten sie sie bei solchem Verhalten und solcher Wirksamkeit am
ehesten haben. Man würde sich ihnen dann weit eher anschließen
als jetzt, da sie Gewalt gebraucht wissen wollen und dabei gar
nichts bieten können; man würde sich ihnen wenigstens freundlich
nähern und ihnen in manchen Bestrebungen bereitwillig die Hand
bieten, statt daß man sich jetzt sorgsam zurückhält und auch feindlich
zurückgestoßen wird.


wegs behaupten, vielmehr gestehen wir ausdrücklich zu, daß ihre
Sympathien rücksichtlich Rußlands im Allgemeinen von denen ihres
Hofes gänzlich abweichen. Wenn aber in deutschen Blättern be¬
hauptet worden ist, sie dienten hinsichtlich der Erbfolge Rußland,
so ist damit wohl gemeint, daß sie wegen ihrer Uebereinstimmung
mit dem dänischen und russischen Hofe hinsichtlich der Successions¬
frage in so weit der russischen Politik Vorschub leisteten. Gerne
gestehen wir auch zu, daß das dänische Volk im Allgemeinen frei¬
sinnig und freiheitsliebend ist, allein man wird uns gegnerischerseits
auch nicht bestreiten können, daß die dänischen Stände und die Füh¬
rer des dänischen Volkes für die Ausbildung freier Institutionen
in Dänemark noch gar wenig gethan haben. Die Hauptfrage, die
Verfassungsfrage, hat man nur obenhin berührt und zuletzt wieder
ganz liegen lassen. Wir wissen wohl, daß hierzu auch das Haupt¬
motiv wieder in ihrer Politik rücksichtlich der Herzogthümer zu finden
ist, die dänische Verfassung soll die Herzogthümer, wenigstens Schles¬
wig, mit umschließen, und Schleswig-Holstein soll auf keinen Fall
eine Verfassung für sich erhalten. Wir erlauben uns aber, dies
eine schlechte Politik zu nennen, einmal weil es unrecht und ver¬
kehrt ist, Andere in der Entwickelung des Rechts und der Freiheit
zu hindern, dann weil die Dänen auf diese Weise von sich selbst
ein hohes Gut fern halten, und endlich weil aus dem Project einer
Verfassung für Dänemark und die Herzogthümer, oder auch nur
für Schleswig gemeinsam nimmermehr etwas werden kann, noch
wird. Wollten die dänischen Skandinavier vernünftig handeln, so
wendeten sie alle Kräfte auf, um in ihrem Lande das Werk zweckmäßi¬
ger Reformen zu fördern, so bemüheten sie sich auch ernstlich, die
skandinavischen Ideen der Wirklichkett näher zu bringen. Könnten
sie überhaupt Hoffnung und Allssicht auf eine nähere Verbindung
der Herzogthümer oder blos deö Herzogthums Schleswig haben, so
könnten sie sie bei solchem Verhalten und solcher Wirksamkeit am
ehesten haben. Man würde sich ihnen dann weit eher anschließen
als jetzt, da sie Gewalt gebraucht wissen wollen und dabei gar
nichts bieten können; man würde sich ihnen wenigstens freundlich
nähern und ihnen in manchen Bestrebungen bereitwillig die Hand
bieten, statt daß man sich jetzt sorgsam zurückhält und auch feindlich
zurückgestoßen wird.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0068" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181878"/>
          <p xml:id="ID_122" prev="#ID_121"> wegs behaupten, vielmehr gestehen wir ausdrücklich zu, daß ihre<lb/>
Sympathien rücksichtlich Rußlands im Allgemeinen von denen ihres<lb/>
Hofes gänzlich abweichen. Wenn aber in deutschen Blättern be¬<lb/>
hauptet worden ist, sie dienten hinsichtlich der Erbfolge Rußland,<lb/>
so ist damit wohl gemeint, daß sie wegen ihrer Uebereinstimmung<lb/>
mit dem dänischen und russischen Hofe hinsichtlich der Successions¬<lb/>
frage in so weit der russischen Politik Vorschub leisteten. Gerne<lb/>
gestehen wir auch zu, daß das dänische Volk im Allgemeinen frei¬<lb/>
sinnig und freiheitsliebend ist, allein man wird uns gegnerischerseits<lb/>
auch nicht bestreiten können, daß die dänischen Stände und die Füh¬<lb/>
rer des dänischen Volkes für die Ausbildung freier Institutionen<lb/>
in Dänemark noch gar wenig gethan haben. Die Hauptfrage, die<lb/>
Verfassungsfrage, hat man nur obenhin berührt und zuletzt wieder<lb/>
ganz liegen lassen. Wir wissen wohl, daß hierzu auch das Haupt¬<lb/>
motiv wieder in ihrer Politik rücksichtlich der Herzogthümer zu finden<lb/>
ist, die dänische Verfassung soll die Herzogthümer, wenigstens Schles¬<lb/>
wig, mit umschließen, und Schleswig-Holstein soll auf keinen Fall<lb/>
eine Verfassung für sich erhalten. Wir erlauben uns aber, dies<lb/>
eine schlechte Politik zu nennen, einmal weil es unrecht und ver¬<lb/>
kehrt ist, Andere in der Entwickelung des Rechts und der Freiheit<lb/>
zu hindern, dann weil die Dänen auf diese Weise von sich selbst<lb/>
ein hohes Gut fern halten, und endlich weil aus dem Project einer<lb/>
Verfassung für Dänemark und die Herzogthümer, oder auch nur<lb/>
für Schleswig gemeinsam nimmermehr etwas werden kann, noch<lb/>
wird. Wollten die dänischen Skandinavier vernünftig handeln, so<lb/>
wendeten sie alle Kräfte auf, um in ihrem Lande das Werk zweckmäßi¬<lb/>
ger Reformen zu fördern, so bemüheten sie sich auch ernstlich, die<lb/>
skandinavischen Ideen der Wirklichkett näher zu bringen. Könnten<lb/>
sie überhaupt Hoffnung und Allssicht auf eine nähere Verbindung<lb/>
der Herzogthümer oder blos deö Herzogthums Schleswig haben, so<lb/>
könnten sie sie bei solchem Verhalten und solcher Wirksamkeit am<lb/>
ehesten haben. Man würde sich ihnen dann weit eher anschließen<lb/>
als jetzt, da sie Gewalt gebraucht wissen wollen und dabei gar<lb/>
nichts bieten können; man würde sich ihnen wenigstens freundlich<lb/>
nähern und ihnen in manchen Bestrebungen bereitwillig die Hand<lb/>
bieten, statt daß man sich jetzt sorgsam zurückhält und auch feindlich<lb/>
zurückgestoßen wird.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0068] wegs behaupten, vielmehr gestehen wir ausdrücklich zu, daß ihre Sympathien rücksichtlich Rußlands im Allgemeinen von denen ihres Hofes gänzlich abweichen. Wenn aber in deutschen Blättern be¬ hauptet worden ist, sie dienten hinsichtlich der Erbfolge Rußland, so ist damit wohl gemeint, daß sie wegen ihrer Uebereinstimmung mit dem dänischen und russischen Hofe hinsichtlich der Successions¬ frage in so weit der russischen Politik Vorschub leisteten. Gerne gestehen wir auch zu, daß das dänische Volk im Allgemeinen frei¬ sinnig und freiheitsliebend ist, allein man wird uns gegnerischerseits auch nicht bestreiten können, daß die dänischen Stände und die Füh¬ rer des dänischen Volkes für die Ausbildung freier Institutionen in Dänemark noch gar wenig gethan haben. Die Hauptfrage, die Verfassungsfrage, hat man nur obenhin berührt und zuletzt wieder ganz liegen lassen. Wir wissen wohl, daß hierzu auch das Haupt¬ motiv wieder in ihrer Politik rücksichtlich der Herzogthümer zu finden ist, die dänische Verfassung soll die Herzogthümer, wenigstens Schles¬ wig, mit umschließen, und Schleswig-Holstein soll auf keinen Fall eine Verfassung für sich erhalten. Wir erlauben uns aber, dies eine schlechte Politik zu nennen, einmal weil es unrecht und ver¬ kehrt ist, Andere in der Entwickelung des Rechts und der Freiheit zu hindern, dann weil die Dänen auf diese Weise von sich selbst ein hohes Gut fern halten, und endlich weil aus dem Project einer Verfassung für Dänemark und die Herzogthümer, oder auch nur für Schleswig gemeinsam nimmermehr etwas werden kann, noch wird. Wollten die dänischen Skandinavier vernünftig handeln, so wendeten sie alle Kräfte auf, um in ihrem Lande das Werk zweckmäßi¬ ger Reformen zu fördern, so bemüheten sie sich auch ernstlich, die skandinavischen Ideen der Wirklichkett näher zu bringen. Könnten sie überhaupt Hoffnung und Allssicht auf eine nähere Verbindung der Herzogthümer oder blos deö Herzogthums Schleswig haben, so könnten sie sie bei solchem Verhalten und solcher Wirksamkeit am ehesten haben. Man würde sich ihnen dann weit eher anschließen als jetzt, da sie Gewalt gebraucht wissen wollen und dabei gar nichts bieten können; man würde sich ihnen wenigstens freundlich nähern und ihnen in manchen Bestrebungen bereitwillig die Hand bieten, statt daß man sich jetzt sorgsam zurückhält und auch feindlich zurückgestoßen wird.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/68
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/68>, abgerufen am 15.05.2024.