Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Adel errichtet war, in eine Bauern-Hochschule zu verwandeln. -- All¬
gemeiner scheint auch, besonders in den bürgerlichen Ständen, das
Bestreben zur Erlangung einer constitutionellen Verfassung, welches
wegen des Streites mit den Herzogthümern einige Jahre geruht hat,
wieder aufgenommen zu werden, und man kann wohl erwarten, daß
die nächsten Ständeversammlungen sich damit ernstlich beschäftigen
werden. Da man diese Frage nicht gut in dänischen Blättern ver¬
handeln kann, so hat man dafür schwedische gewählt und hier wird
denn die dänische absolute Staatsverfassung und was damit zusammen¬
hangt auf das schärfste kritisier und die Nothwendigkeit einer consti¬
tutionellen Verfassung in dem Maße erwiesen, daß sonst Dänemark
unwiderbringlich verloren sei. Bis weiter hat das halbofsicielle Organ
sich mit der Widerlegung der dort ausgesprochenen Ansichten beschäf¬
tigt, hat aber die Sache für die Regierung eigentlich nur mehr ver¬
dorben und dem Volke die Wahrheit um so einleuchtender gemacht.
Vielleicht wird man nun dazu schreiten, solche schwedische und norwe¬
gische Blätter wieder zu verbieten, wie man schon früher gethan hat.
Ob das aber viel nützen wird, ist sehr fraglich. -- Die wichtigste Be¬
wegung ist aber die scandinavische, welche darauf hinzielt, die drei
scandinavischen Reich? naher mit einander zu verbinden, zuvörderst
durch Entwickelung der scandinavischen Volkstümlichkeit. Zu dem Ende
haben sich in den drei Reichen Gesellschaften gebildet und haben gegen¬
seitige Besuche besonders derStudirenden und jungem Gelehrten statt¬
gefunden. Die scandinavische Gesellschaft für Dänemark, deren Cen-
tralcomitv hier in Kopenhagen ist, besteht aus ungefähr 2VW Mit¬
gliedern, ihre Zwecke und Wirksamkeit ersieht man sehr gut aus einem
Vortrage, den hier vor einiger Zeit ein Mitglied der scandinavischen
Gesellschaft in Schweden, der Rector Almguist hielt und veröffent¬
lichte, weshalb ich daraus auSzüglich Mittheilung mache: So wie der
Redner seinen Vortrag mit der Bemerkung einleitete, daß er sich fern
von aller Politik halten werde, da es ihm, dem Fremden, schlecht an¬
stehen würde, das königlich-dänische Kanzlei-Verbot in dieser Hinsicht
zu übertreten, so ging auch aus diesem Vortrage hervor, daß eine jede
politische Vereinigung der drei nordischen Reiche von ihm für eine
Unmöglichkeit angesehen ward. Dagegen meinte er, daß die Aner¬
kennung des vereinigten Nordens als ein einziges scandinavisches Va¬
terland sehr wohl bestehen könnte mit der gegenwärtigen politischen
Sonderung in verschiedenen Staaten, und man dürfe nur einen Blick
werfen in die übrigen europäischen Verhältnisse, um sich von einer
solchen Möglichkeit zu überzeugen, indem Deutschland mit seinen
mannichfaltigen größeren und kleineren Staaten, so wie Italien, Be¬
weise von solchen Zuständen lieferten.

Die Mittel, wodurch solche Anerkennung zu erreichen, waren
solche, daß es in der eigenen Macht des Volkes stände, sie in's Werk


Adel errichtet war, in eine Bauern-Hochschule zu verwandeln. — All¬
gemeiner scheint auch, besonders in den bürgerlichen Ständen, das
Bestreben zur Erlangung einer constitutionellen Verfassung, welches
wegen des Streites mit den Herzogthümern einige Jahre geruht hat,
wieder aufgenommen zu werden, und man kann wohl erwarten, daß
die nächsten Ständeversammlungen sich damit ernstlich beschäftigen
werden. Da man diese Frage nicht gut in dänischen Blättern ver¬
handeln kann, so hat man dafür schwedische gewählt und hier wird
denn die dänische absolute Staatsverfassung und was damit zusammen¬
hangt auf das schärfste kritisier und die Nothwendigkeit einer consti¬
tutionellen Verfassung in dem Maße erwiesen, daß sonst Dänemark
unwiderbringlich verloren sei. Bis weiter hat das halbofsicielle Organ
sich mit der Widerlegung der dort ausgesprochenen Ansichten beschäf¬
tigt, hat aber die Sache für die Regierung eigentlich nur mehr ver¬
dorben und dem Volke die Wahrheit um so einleuchtender gemacht.
Vielleicht wird man nun dazu schreiten, solche schwedische und norwe¬
gische Blätter wieder zu verbieten, wie man schon früher gethan hat.
Ob das aber viel nützen wird, ist sehr fraglich. — Die wichtigste Be¬
wegung ist aber die scandinavische, welche darauf hinzielt, die drei
scandinavischen Reich? naher mit einander zu verbinden, zuvörderst
durch Entwickelung der scandinavischen Volkstümlichkeit. Zu dem Ende
haben sich in den drei Reichen Gesellschaften gebildet und haben gegen¬
seitige Besuche besonders derStudirenden und jungem Gelehrten statt¬
gefunden. Die scandinavische Gesellschaft für Dänemark, deren Cen-
tralcomitv hier in Kopenhagen ist, besteht aus ungefähr 2VW Mit¬
gliedern, ihre Zwecke und Wirksamkeit ersieht man sehr gut aus einem
Vortrage, den hier vor einiger Zeit ein Mitglied der scandinavischen
Gesellschaft in Schweden, der Rector Almguist hielt und veröffent¬
lichte, weshalb ich daraus auSzüglich Mittheilung mache: So wie der
Redner seinen Vortrag mit der Bemerkung einleitete, daß er sich fern
von aller Politik halten werde, da es ihm, dem Fremden, schlecht an¬
stehen würde, das königlich-dänische Kanzlei-Verbot in dieser Hinsicht
zu übertreten, so ging auch aus diesem Vortrage hervor, daß eine jede
politische Vereinigung der drei nordischen Reiche von ihm für eine
Unmöglichkeit angesehen ward. Dagegen meinte er, daß die Aner¬
kennung des vereinigten Nordens als ein einziges scandinavisches Va¬
terland sehr wohl bestehen könnte mit der gegenwärtigen politischen
Sonderung in verschiedenen Staaten, und man dürfe nur einen Blick
werfen in die übrigen europäischen Verhältnisse, um sich von einer
solchen Möglichkeit zu überzeugen, indem Deutschland mit seinen
mannichfaltigen größeren und kleineren Staaten, so wie Italien, Be¬
weise von solchen Zuständen lieferten.

Die Mittel, wodurch solche Anerkennung zu erreichen, waren
solche, daß es in der eigenen Macht des Volkes stände, sie in's Werk


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0083" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182506"/>
            <p xml:id="ID_196" prev="#ID_195"> Adel errichtet war, in eine Bauern-Hochschule zu verwandeln. &#x2014; All¬<lb/>
gemeiner scheint auch, besonders in den bürgerlichen Ständen, das<lb/>
Bestreben zur Erlangung einer constitutionellen Verfassung, welches<lb/>
wegen des Streites mit den Herzogthümern einige Jahre geruht hat,<lb/>
wieder aufgenommen zu werden, und man kann wohl erwarten, daß<lb/>
die nächsten Ständeversammlungen sich damit ernstlich beschäftigen<lb/>
werden. Da man diese Frage nicht gut in dänischen Blättern ver¬<lb/>
handeln kann, so hat man dafür schwedische gewählt und hier wird<lb/>
denn die dänische absolute Staatsverfassung und was damit zusammen¬<lb/>
hangt auf das schärfste kritisier und die Nothwendigkeit einer consti¬<lb/>
tutionellen Verfassung in dem Maße erwiesen, daß sonst Dänemark<lb/>
unwiderbringlich verloren sei. Bis weiter hat das halbofsicielle Organ<lb/>
sich mit der Widerlegung der dort ausgesprochenen Ansichten beschäf¬<lb/>
tigt, hat aber die Sache für die Regierung eigentlich nur mehr ver¬<lb/>
dorben und dem Volke die Wahrheit um so einleuchtender gemacht.<lb/>
Vielleicht wird man nun dazu schreiten, solche schwedische und norwe¬<lb/>
gische Blätter wieder zu verbieten, wie man schon früher gethan hat.<lb/>
Ob das aber viel nützen wird, ist sehr fraglich. &#x2014; Die wichtigste Be¬<lb/>
wegung ist aber die scandinavische, welche darauf hinzielt, die drei<lb/>
scandinavischen Reich? naher mit einander zu verbinden, zuvörderst<lb/>
durch Entwickelung der scandinavischen Volkstümlichkeit. Zu dem Ende<lb/>
haben sich in den drei Reichen Gesellschaften gebildet und haben gegen¬<lb/>
seitige Besuche besonders derStudirenden und jungem Gelehrten statt¬<lb/>
gefunden. Die scandinavische Gesellschaft für Dänemark, deren Cen-<lb/>
tralcomitv hier in Kopenhagen ist, besteht aus ungefähr 2VW Mit¬<lb/>
gliedern, ihre Zwecke und Wirksamkeit ersieht man sehr gut aus einem<lb/>
Vortrage, den hier vor einiger Zeit ein Mitglied der scandinavischen<lb/>
Gesellschaft in Schweden, der Rector Almguist hielt und veröffent¬<lb/>
lichte, weshalb ich daraus auSzüglich Mittheilung mache: So wie der<lb/>
Redner seinen Vortrag mit der Bemerkung einleitete, daß er sich fern<lb/>
von aller Politik halten werde, da es ihm, dem Fremden, schlecht an¬<lb/>
stehen würde, das königlich-dänische Kanzlei-Verbot in dieser Hinsicht<lb/>
zu übertreten, so ging auch aus diesem Vortrage hervor, daß eine jede<lb/>
politische Vereinigung der drei nordischen Reiche von ihm für eine<lb/>
Unmöglichkeit angesehen ward. Dagegen meinte er, daß die Aner¬<lb/>
kennung des vereinigten Nordens als ein einziges scandinavisches Va¬<lb/>
terland sehr wohl bestehen könnte mit der gegenwärtigen politischen<lb/>
Sonderung in verschiedenen Staaten, und man dürfe nur einen Blick<lb/>
werfen in die übrigen europäischen Verhältnisse, um sich von einer<lb/>
solchen Möglichkeit zu überzeugen, indem Deutschland mit seinen<lb/>
mannichfaltigen größeren und kleineren Staaten, so wie Italien, Be¬<lb/>
weise von solchen Zuständen lieferten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_197" next="#ID_198"> Die Mittel, wodurch solche Anerkennung zu erreichen, waren<lb/>
solche, daß es in der eigenen Macht des Volkes stände, sie in's Werk</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0083] Adel errichtet war, in eine Bauern-Hochschule zu verwandeln. — All¬ gemeiner scheint auch, besonders in den bürgerlichen Ständen, das Bestreben zur Erlangung einer constitutionellen Verfassung, welches wegen des Streites mit den Herzogthümern einige Jahre geruht hat, wieder aufgenommen zu werden, und man kann wohl erwarten, daß die nächsten Ständeversammlungen sich damit ernstlich beschäftigen werden. Da man diese Frage nicht gut in dänischen Blättern ver¬ handeln kann, so hat man dafür schwedische gewählt und hier wird denn die dänische absolute Staatsverfassung und was damit zusammen¬ hangt auf das schärfste kritisier und die Nothwendigkeit einer consti¬ tutionellen Verfassung in dem Maße erwiesen, daß sonst Dänemark unwiderbringlich verloren sei. Bis weiter hat das halbofsicielle Organ sich mit der Widerlegung der dort ausgesprochenen Ansichten beschäf¬ tigt, hat aber die Sache für die Regierung eigentlich nur mehr ver¬ dorben und dem Volke die Wahrheit um so einleuchtender gemacht. Vielleicht wird man nun dazu schreiten, solche schwedische und norwe¬ gische Blätter wieder zu verbieten, wie man schon früher gethan hat. Ob das aber viel nützen wird, ist sehr fraglich. — Die wichtigste Be¬ wegung ist aber die scandinavische, welche darauf hinzielt, die drei scandinavischen Reich? naher mit einander zu verbinden, zuvörderst durch Entwickelung der scandinavischen Volkstümlichkeit. Zu dem Ende haben sich in den drei Reichen Gesellschaften gebildet und haben gegen¬ seitige Besuche besonders derStudirenden und jungem Gelehrten statt¬ gefunden. Die scandinavische Gesellschaft für Dänemark, deren Cen- tralcomitv hier in Kopenhagen ist, besteht aus ungefähr 2VW Mit¬ gliedern, ihre Zwecke und Wirksamkeit ersieht man sehr gut aus einem Vortrage, den hier vor einiger Zeit ein Mitglied der scandinavischen Gesellschaft in Schweden, der Rector Almguist hielt und veröffent¬ lichte, weshalb ich daraus auSzüglich Mittheilung mache: So wie der Redner seinen Vortrag mit der Bemerkung einleitete, daß er sich fern von aller Politik halten werde, da es ihm, dem Fremden, schlecht an¬ stehen würde, das königlich-dänische Kanzlei-Verbot in dieser Hinsicht zu übertreten, so ging auch aus diesem Vortrage hervor, daß eine jede politische Vereinigung der drei nordischen Reiche von ihm für eine Unmöglichkeit angesehen ward. Dagegen meinte er, daß die Aner¬ kennung des vereinigten Nordens als ein einziges scandinavisches Va¬ terland sehr wohl bestehen könnte mit der gegenwärtigen politischen Sonderung in verschiedenen Staaten, und man dürfe nur einen Blick werfen in die übrigen europäischen Verhältnisse, um sich von einer solchen Möglichkeit zu überzeugen, indem Deutschland mit seinen mannichfaltigen größeren und kleineren Staaten, so wie Italien, Be¬ weise von solchen Zuständen lieferten. Die Mittel, wodurch solche Anerkennung zu erreichen, waren solche, daß es in der eigenen Macht des Volkes stände, sie in's Werk

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/83
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/83>, abgerufen am 19.05.2024.