Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band. Und der Zavoi, der Fürst der Sänge, Dem am Hradschin sie gaben die Kron', Der da lebt in dem Herzen der Menge, Wie in dem Herzen der Glocken der Ton, Zavoi war da, um die herrliche Stirne Leuchtend von Jugend, den frischgrünen Kranz, Sprach mit den Alten unc> schwenkte die Dirne Rasch wie ein Andrer im leuchtenden Tanz. Draußen im Schatten, fern von der Jugend Saß der fremde, seltsame Greis, Wild aus fanatischen Augen tugend, Wühlend im Barte lang und weiß, Sprach von deS Tabors neuer Lehre, Wie dort die Güter der Erde gemein. Wie dort verbannt der Armuth Zähre, "Bruder, was mein ist, sei auch dein!" Und er rief es mit wilder Geberde, Daß es' die Herzen wonnig durchquoll: "Nah ist die Zeit, wo der Sohn der Erde Bruder dem Bruder werden soll!" Grinsend ein Kriegsknecht sprach zu dem Alten: "Bruder, was dein ist, sei auch mein!" Aufstand der Greis mit mildem Walten, Ließ ihm sein Mahl und ging hinein. Ging hinein, um wieder zu lehren Freudig wie sonst, und glaubensvoll, Was von der Welt der Armuth Zähren Wie einen Traum verbannen soll. Plötzlich erscholl es von wildem Lärmen, Näher und näher kam es heran, Volk vom Lande in braunen Schwärmen, Buntes Getümmel von Weib und Mann. Knarren die Karren mit Packen und Bündeln, Habe der Armen, kärglichem Gut; Weiber in Lumpen, Kinder in Windeln Kommen des Weges in wilder Flut. Alle verzagend, jammernd und klagend Wie auf der Wallfahrt mit Sang und Geheul, Ihre gerettete Armuth tragend Wie schiffbrüchig, ein wirrer Knäul. Und sie rufen: "O laßt auch'S erbarmen, Gebt uns ein Obdach, reicht uns die Hand; Ziska, der Schreckliche, hat uns Armen Alles genommen, verheert, verbrannt. Mit ihm zu ziehen wollt' er uns zwingen, Und der Zavoi, der Fürst der Sänge, Dem am Hradschin sie gaben die Kron', Der da lebt in dem Herzen der Menge, Wie in dem Herzen der Glocken der Ton, Zavoi war da, um die herrliche Stirne Leuchtend von Jugend, den frischgrünen Kranz, Sprach mit den Alten unc> schwenkte die Dirne Rasch wie ein Andrer im leuchtenden Tanz. Draußen im Schatten, fern von der Jugend Saß der fremde, seltsame Greis, Wild aus fanatischen Augen tugend, Wühlend im Barte lang und weiß, Sprach von deS Tabors neuer Lehre, Wie dort die Güter der Erde gemein. Wie dort verbannt der Armuth Zähre, „Bruder, was mein ist, sei auch dein!" Und er rief es mit wilder Geberde, Daß es' die Herzen wonnig durchquoll: „Nah ist die Zeit, wo der Sohn der Erde Bruder dem Bruder werden soll!" Grinsend ein Kriegsknecht sprach zu dem Alten: „Bruder, was dein ist, sei auch mein!" Aufstand der Greis mit mildem Walten, Ließ ihm sein Mahl und ging hinein. Ging hinein, um wieder zu lehren Freudig wie sonst, und glaubensvoll, Was von der Welt der Armuth Zähren Wie einen Traum verbannen soll. Plötzlich erscholl es von wildem Lärmen, Näher und näher kam es heran, Volk vom Lande in braunen Schwärmen, Buntes Getümmel von Weib und Mann. Knarren die Karren mit Packen und Bündeln, Habe der Armen, kärglichem Gut; Weiber in Lumpen, Kinder in Windeln Kommen des Weges in wilder Flut. Alle verzagend, jammernd und klagend Wie auf der Wallfahrt mit Sang und Geheul, Ihre gerettete Armuth tragend Wie schiffbrüchig, ein wirrer Knäul. Und sie rufen: „O laßt auch'S erbarmen, Gebt uns ein Obdach, reicht uns die Hand; Ziska, der Schreckliche, hat uns Armen Alles genommen, verheert, verbrannt. Mit ihm zu ziehen wollt' er uns zwingen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0010" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183592"/> <lg xml:id="POEMID_7" type="poem"> <l> Und der Zavoi, der Fürst der Sänge,<lb/> Dem am Hradschin sie gaben die Kron',<lb/> Der da lebt in dem Herzen der Menge,<lb/> Wie in dem Herzen der Glocken der Ton,<lb/> Zavoi war da, um die herrliche Stirne<lb/> Leuchtend von Jugend, den frischgrünen Kranz,<lb/> Sprach mit den Alten unc> schwenkte die Dirne<lb/> Rasch wie ein Andrer im leuchtenden Tanz.</l> <l> Draußen im Schatten, fern von der Jugend<lb/> Saß der fremde, seltsame Greis,<lb/> Wild aus fanatischen Augen tugend,<lb/> Wühlend im Barte lang und weiß,<lb/> Sprach von deS Tabors neuer Lehre,<lb/> Wie dort die Güter der Erde gemein.<lb/> Wie dort verbannt der Armuth Zähre,<lb/> „Bruder, was mein ist, sei auch dein!"<lb/> Und er rief es mit wilder Geberde,<lb/> Daß es' die Herzen wonnig durchquoll:<lb/> „Nah ist die Zeit, wo der Sohn der Erde<lb/> Bruder dem Bruder werden soll!"<lb/> Grinsend ein Kriegsknecht sprach zu dem Alten:<lb/> „Bruder, was dein ist, sei auch mein!"<lb/> Aufstand der Greis mit mildem Walten,<lb/> Ließ ihm sein Mahl und ging hinein.<lb/> Ging hinein, um wieder zu lehren<lb/> Freudig wie sonst, und glaubensvoll,<lb/> Was von der Welt der Armuth Zähren<lb/> Wie einen Traum verbannen soll.</l> <l> Plötzlich erscholl es von wildem Lärmen,<lb/> Näher und näher kam es heran,<lb/> Volk vom Lande in braunen Schwärmen,<lb/> Buntes Getümmel von Weib und Mann.<lb/> Knarren die Karren mit Packen und Bündeln,<lb/> Habe der Armen, kärglichem Gut;<lb/> Weiber in Lumpen, Kinder in Windeln<lb/> Kommen des Weges in wilder Flut.<lb/> Alle verzagend, jammernd und klagend<lb/> Wie auf der Wallfahrt mit Sang und Geheul,<lb/> Ihre gerettete Armuth tragend<lb/> Wie schiffbrüchig, ein wirrer Knäul.<lb/> Und sie rufen: „O laßt auch'S erbarmen,<lb/> Gebt uns ein Obdach, reicht uns die Hand;<lb/> Ziska, der Schreckliche, hat uns Armen<lb/> Alles genommen, verheert, verbrannt.<lb/> Mit ihm zu ziehen wollt' er uns zwingen,</l> </lg><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0010]
Und der Zavoi, der Fürst der Sänge,
Dem am Hradschin sie gaben die Kron',
Der da lebt in dem Herzen der Menge,
Wie in dem Herzen der Glocken der Ton,
Zavoi war da, um die herrliche Stirne
Leuchtend von Jugend, den frischgrünen Kranz,
Sprach mit den Alten unc> schwenkte die Dirne
Rasch wie ein Andrer im leuchtenden Tanz. Draußen im Schatten, fern von der Jugend
Saß der fremde, seltsame Greis,
Wild aus fanatischen Augen tugend,
Wühlend im Barte lang und weiß,
Sprach von deS Tabors neuer Lehre,
Wie dort die Güter der Erde gemein.
Wie dort verbannt der Armuth Zähre,
„Bruder, was mein ist, sei auch dein!"
Und er rief es mit wilder Geberde,
Daß es' die Herzen wonnig durchquoll:
„Nah ist die Zeit, wo der Sohn der Erde
Bruder dem Bruder werden soll!"
Grinsend ein Kriegsknecht sprach zu dem Alten:
„Bruder, was dein ist, sei auch mein!"
Aufstand der Greis mit mildem Walten,
Ließ ihm sein Mahl und ging hinein.
Ging hinein, um wieder zu lehren
Freudig wie sonst, und glaubensvoll,
Was von der Welt der Armuth Zähren
Wie einen Traum verbannen soll. Plötzlich erscholl es von wildem Lärmen,
Näher und näher kam es heran,
Volk vom Lande in braunen Schwärmen,
Buntes Getümmel von Weib und Mann.
Knarren die Karren mit Packen und Bündeln,
Habe der Armen, kärglichem Gut;
Weiber in Lumpen, Kinder in Windeln
Kommen des Weges in wilder Flut.
Alle verzagend, jammernd und klagend
Wie auf der Wallfahrt mit Sang und Geheul,
Ihre gerettete Armuth tragend
Wie schiffbrüchig, ein wirrer Knäul.
Und sie rufen: „O laßt auch'S erbarmen,
Gebt uns ein Obdach, reicht uns die Hand;
Ziska, der Schreckliche, hat uns Armen
Alles genommen, verheert, verbrannt.
Mit ihm zu ziehen wollt' er uns zwingen,
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