Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.sich führen, als das oder die alten. Was uns noth thut, ist, daß die Die Germanistenvcrsammlung rief hier, wie aus allen Zeitungen zu sich führen, als das oder die alten. Was uns noth thut, ist, daß die Die Germanistenvcrsammlung rief hier, wie aus allen Zeitungen zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183707"/> <p xml:id="ID_335" prev="#ID_334"> sich führen, als das oder die alten. Was uns noth thut, ist, daß die<lb/> verschiedenen Systeme neben einander bestehen, daß durch die Anwendung<lb/> aller oder mehrerer der menschlichen Fürsorge Raum gelassen werde. Je<lb/> nach dem Alter, je nach dem Verbrechen und Vergehen der Gefangenen<lb/> möge sich die Art ihrer Haft richten, es möge die Bestimmung der letz¬<lb/> tern selbst einen Theil des Straferkenntnisses ausmachen, die Art der<lb/> Haft möge je nach den Umstanden, ja je nach den Wünschen der Ge¬<lb/> fangenen bestimmt werden und wechseln :c. u'., nur glaube man nicht<lb/> durch ein System, durch eine einförmige Behandlung Aller, eine wirk¬<lb/> liche Verbesserung des Gcfängnißwcsens zu erreichen." Sehr gut ist es,<lb/> daß diese wichtige Frage als eine Angelegenheit der Menschheit, nicht als<lb/> eine Parteifrage behandelt wird. Einer der bedeutendsten hiesigen Libe¬<lb/> ralen, Advocat Reinganuni, ist entschieden gegen das pennsylvanische Sy¬<lb/> stem, dagegen sprach sich der badische Abgeordnete Welcker mit einer Harte<lb/> für dasselbe aus, die davon abschrecken mußte und auch sogleich den Wi¬<lb/> derspruch Obermaier's hervorrief. Sehr eindringlich wurde von Mitter-<lb/> maier auf die bisherige Beschaffenheit der Gefängnisse hingewiesen, die<lb/> Löcher geheißen hatten und gewesen seien. Für Alles habe man Geld<lb/> gehabt, für die unnöthigsten Luxusbauten, nur nicht für die Gefängnisse.<lb/> Auch in diefem Ausspruch lag, paß nicht in einem ausschließlichen neuen<lb/> System, sondern in einer größern dem Gcfangnifiwesen zuzuwendenden<lb/> Sorgfalt die Reform desselben zu suchen und zu finden sei. Was Mit-<lb/> termaiec's Bemerkung betrifft, so soll, um ein nahe liegendes Beispiel<lb/> zu berühren, der nach dem Berichte Aller, die ihn sahen, so höchst trau¬<lb/> rige Gesundheitszustand des Professors Jordan hauptsachlich von der Be¬<lb/> schaffenheit seines Kerkers herrühren, der so feucht gewesen sei, daß er<lb/> täglich ein Maß Wasser ausgedünstet habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_336" next="#ID_337"> Die Germanistenvcrsammlung rief hier, wie aus allen Zeitungen zu<lb/> ersehen war, einen Enthusiasmus hervor, von dem man nicht weiß, ob<lb/> er zu loben oder zu tadeln ist. Wenigstens sind die Urtheile in Frank¬<lb/> furt sehr verschieden. Die Einen sagen: „Nur in einer freien Stadt,<lb/> wo man keine polizeiliche Bevormundung zu befürchten gehabt, sei diese<lb/> Versammlung möglich gewesen, und da für das zweite Jahr Lübeck ge¬<lb/> wählt, so zeige sich doch die so oft bezweifelte Bedeutung der freien Städte<lb/> für öffentliches Leben im wahren Lichte. Von Lübeck werde man nach<lb/> Bremen und Hamburg gehen, um bei Frankfurt wieder anzufangen, und<lb/> so die Germanistenversammlungen mit all dem Segen, den sie für Deutsch¬<lb/> land haben würden, zu einem Privilegium und Verdienst der freien Städte<lb/> machen. Wie sehr die Frankfurter das ihnen widerfahrene Heil zu schä¬<lb/> tzen verstanden, gehe aus den Festen und besonders aus dem Umstände<lb/> hervor, daß ein Banquierhaus, dessen gegenwärtige Inhaber den Wissen¬<lb/> schaften bisher sehr fern geblieben, die vielen großen Männer so glänzend<lb/> bewirthete, von dem Festessen im Weidenbusch nicht zu reden, wo Jeder<lb/> mehr als zwei Flaschen Champagner getrunken." — Andere widersetzen<lb/> sich diesem Lobe und machen dagegen geltend: „So gut es sei, daß sich<lb/> die gelehrten Herren auch einmal an's Volk wendeten, so sehr man be¬<lb/> rechtigt sei, hierin eine dem Geiste der Zeit dargebrachte Huldigung zu</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0125]
sich führen, als das oder die alten. Was uns noth thut, ist, daß die
verschiedenen Systeme neben einander bestehen, daß durch die Anwendung
aller oder mehrerer der menschlichen Fürsorge Raum gelassen werde. Je
nach dem Alter, je nach dem Verbrechen und Vergehen der Gefangenen
möge sich die Art ihrer Haft richten, es möge die Bestimmung der letz¬
tern selbst einen Theil des Straferkenntnisses ausmachen, die Art der
Haft möge je nach den Umstanden, ja je nach den Wünschen der Ge¬
fangenen bestimmt werden und wechseln :c. u'., nur glaube man nicht
durch ein System, durch eine einförmige Behandlung Aller, eine wirk¬
liche Verbesserung des Gcfängnißwcsens zu erreichen." Sehr gut ist es,
daß diese wichtige Frage als eine Angelegenheit der Menschheit, nicht als
eine Parteifrage behandelt wird. Einer der bedeutendsten hiesigen Libe¬
ralen, Advocat Reinganuni, ist entschieden gegen das pennsylvanische Sy¬
stem, dagegen sprach sich der badische Abgeordnete Welcker mit einer Harte
für dasselbe aus, die davon abschrecken mußte und auch sogleich den Wi¬
derspruch Obermaier's hervorrief. Sehr eindringlich wurde von Mitter-
maier auf die bisherige Beschaffenheit der Gefängnisse hingewiesen, die
Löcher geheißen hatten und gewesen seien. Für Alles habe man Geld
gehabt, für die unnöthigsten Luxusbauten, nur nicht für die Gefängnisse.
Auch in diefem Ausspruch lag, paß nicht in einem ausschließlichen neuen
System, sondern in einer größern dem Gcfangnifiwesen zuzuwendenden
Sorgfalt die Reform desselben zu suchen und zu finden sei. Was Mit-
termaiec's Bemerkung betrifft, so soll, um ein nahe liegendes Beispiel
zu berühren, der nach dem Berichte Aller, die ihn sahen, so höchst trau¬
rige Gesundheitszustand des Professors Jordan hauptsachlich von der Be¬
schaffenheit seines Kerkers herrühren, der so feucht gewesen sei, daß er
täglich ein Maß Wasser ausgedünstet habe.
Die Germanistenvcrsammlung rief hier, wie aus allen Zeitungen zu
ersehen war, einen Enthusiasmus hervor, von dem man nicht weiß, ob
er zu loben oder zu tadeln ist. Wenigstens sind die Urtheile in Frank¬
furt sehr verschieden. Die Einen sagen: „Nur in einer freien Stadt,
wo man keine polizeiliche Bevormundung zu befürchten gehabt, sei diese
Versammlung möglich gewesen, und da für das zweite Jahr Lübeck ge¬
wählt, so zeige sich doch die so oft bezweifelte Bedeutung der freien Städte
für öffentliches Leben im wahren Lichte. Von Lübeck werde man nach
Bremen und Hamburg gehen, um bei Frankfurt wieder anzufangen, und
so die Germanistenversammlungen mit all dem Segen, den sie für Deutsch¬
land haben würden, zu einem Privilegium und Verdienst der freien Städte
machen. Wie sehr die Frankfurter das ihnen widerfahrene Heil zu schä¬
tzen verstanden, gehe aus den Festen und besonders aus dem Umstände
hervor, daß ein Banquierhaus, dessen gegenwärtige Inhaber den Wissen¬
schaften bisher sehr fern geblieben, die vielen großen Männer so glänzend
bewirthete, von dem Festessen im Weidenbusch nicht zu reden, wo Jeder
mehr als zwei Flaschen Champagner getrunken." — Andere widersetzen
sich diesem Lobe und machen dagegen geltend: „So gut es sei, daß sich
die gelehrten Herren auch einmal an's Volk wendeten, so sehr man be¬
rechtigt sei, hierin eine dem Geiste der Zeit dargebrachte Huldigung zu
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