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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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entlassen. Lieutenant Berndt hatte einen Schuß durch den Leib er¬
halten, sein Pferd war leicht blessirt -- doch ritt er mit dieser lebens¬
gefährlichen Wunde 3 Meilen weit nach Krakau zurück.-- Die Nacht
verging ruhig; die Patrouillen konnten nichts Verdachterregendes ent¬
decken.

Gegen Morgen des 21. waren die spärlichen Straßenlaternen er¬
loschen; Stille und Finsterniß lag über der Stadt. Da schlug es
vom Marienthurme 5 Uhr und mit dem letzten Glockenschlage ertönte
ein tausendstimmiges Hurrah! von Flintenschüssen begleitet. In fünf
gegen den Platz mündenden Straßen griffen die Rebellen an, Dechar-
gen folgten, die Angriffe wurden mit leichter Mühe abgewiesen, aber
mehrmals wiederholt. Während des Straßengefechts wurde aus einem
Hause des Platzes auf die Hauptwache geschossen; das Haus wurde
von der Stadtmiliz gestürmt und zehn Individuen mit den Waffel, in
der Hand darin gefangen. Im Morgengrauen geschah der letzte An¬
griff, dem man Cavallerie entgegensandte, worauf die Masse der Re¬
bellen zerstob. Um 7 Uhr Morgens konnten die Patrouillen selbst in
den Vorstädten nichts Verdächtiges mehr entdecken. -- Die Rebellen
anscheinend aus der Hefe des Volks, hatten sich muthlos benommen; sie
beschränkten sich auf häufiges ungezielteö Schießen und liefen vor je¬
dem Gegenangriffe davon. Die österreichischen Truppen hatten fünf
Todte und zwölf Verwundete. Den Tag über blieben die Truppen
ohne zu essen auf dem Platze; die Pferde wurden abtheilungsweise
gefüttert. Noch während des Straßengefechtes waren einzelne Reiter
von Lieutenant Begg'ö Abtheilung aus Krzanov angelangt. Dieser
Offizier war am 19. Mittags daselbst angelangt und bezog, da keiner¬
lei Gefahr drohte, Quartiere. Am 20. Mittags rief er seine Truppe
unter die Waffen, stellte Posten aus und schickte Patrouillen. Die
Abtheilung blieb bis II Uhr Nachts zu Pferde. Als sich bis dahin
nichts Verdachterregendes zeigte, zog Begg den Haupttrupp in den
geräumigen Hof des mit zwei Thorwegen versehenen Wirthshauses.
Der Allarmschuß einer Vedette brachte die Abtheilung schnell in den
Sattel, und wenige Augenblicke darnach stürmte zu beiden Thorwegen
ein berittener Jnsurgententrupp in den Hof. Begg chargirte seinerseits
den Feind, aber von Kugeln getroffen stürzte er und der Unteroffizier
der Abtheilung von den Pferden, der Ueberrest hieb sich muthvoll durch
und langte versprengt in Krakau an. Außer von Begg blieben der
Unteroffizier und ein Reiter todt; ein Schwerverwundeter Reiter ge¬
riet!) in Gefangenschaft. Später erfuhr man, daß die nach Zaverz


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entlassen. Lieutenant Berndt hatte einen Schuß durch den Leib er¬
halten, sein Pferd war leicht blessirt — doch ritt er mit dieser lebens¬
gefährlichen Wunde 3 Meilen weit nach Krakau zurück.— Die Nacht
verging ruhig; die Patrouillen konnten nichts Verdachterregendes ent¬
decken.

Gegen Morgen des 21. waren die spärlichen Straßenlaternen er¬
loschen; Stille und Finsterniß lag über der Stadt. Da schlug es
vom Marienthurme 5 Uhr und mit dem letzten Glockenschlage ertönte
ein tausendstimmiges Hurrah! von Flintenschüssen begleitet. In fünf
gegen den Platz mündenden Straßen griffen die Rebellen an, Dechar-
gen folgten, die Angriffe wurden mit leichter Mühe abgewiesen, aber
mehrmals wiederholt. Während des Straßengefechts wurde aus einem
Hause des Platzes auf die Hauptwache geschossen; das Haus wurde
von der Stadtmiliz gestürmt und zehn Individuen mit den Waffel, in
der Hand darin gefangen. Im Morgengrauen geschah der letzte An¬
griff, dem man Cavallerie entgegensandte, worauf die Masse der Re¬
bellen zerstob. Um 7 Uhr Morgens konnten die Patrouillen selbst in
den Vorstädten nichts Verdächtiges mehr entdecken. — Die Rebellen
anscheinend aus der Hefe des Volks, hatten sich muthlos benommen; sie
beschränkten sich auf häufiges ungezielteö Schießen und liefen vor je¬
dem Gegenangriffe davon. Die österreichischen Truppen hatten fünf
Todte und zwölf Verwundete. Den Tag über blieben die Truppen
ohne zu essen auf dem Platze; die Pferde wurden abtheilungsweise
gefüttert. Noch während des Straßengefechtes waren einzelne Reiter
von Lieutenant Begg'ö Abtheilung aus Krzanov angelangt. Dieser
Offizier war am 19. Mittags daselbst angelangt und bezog, da keiner¬
lei Gefahr drohte, Quartiere. Am 20. Mittags rief er seine Truppe
unter die Waffen, stellte Posten aus und schickte Patrouillen. Die
Abtheilung blieb bis II Uhr Nachts zu Pferde. Als sich bis dahin
nichts Verdachterregendes zeigte, zog Begg den Haupttrupp in den
geräumigen Hof des mit zwei Thorwegen versehenen Wirthshauses.
Der Allarmschuß einer Vedette brachte die Abtheilung schnell in den
Sattel, und wenige Augenblicke darnach stürmte zu beiden Thorwegen
ein berittener Jnsurgententrupp in den Hof. Begg chargirte seinerseits
den Feind, aber von Kugeln getroffen stürzte er und der Unteroffizier
der Abtheilung von den Pferden, der Ueberrest hieb sich muthvoll durch
und langte versprengt in Krakau an. Außer von Begg blieben der
Unteroffizier und ein Reiter todt; ein Schwerverwundeter Reiter ge¬
riet!) in Gefangenschaft. Später erfuhr man, daß die nach Zaverz


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/15>, abgerufen am 21.05.2024.