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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Der Ziska zerrt am Zügel fest und fester --
Weis nahst du, ruft er, mir in dieser Stunde,
Unseliger Schatten meiner armen Schwester
Und zeigst am Herzen mir die blut'ge Wunde?
Hast keine Ruh in deiner kühlen Erden? --
Trotz Priestersegens und gesungner Messen
Steigst du herauf und rufst rin Schmcrzgeberden
Den Bruder an, daß er nicht soll vergessen!
Es hat nicht Noth, o Schwester! Nachen, rächen
Will ich dich, Arme, dich und Böhmens Sache,
Daß noch die Welt in tausend Jahren sprechen
Mit Schaudern sott von meiner großen Rache.
Ich will dir eine Todtenfackcl zünden,
Daß sie das kalte Aug' des Weltalls blendet.
An dir, du bleiches Opfer, will ich binden
Die Ehr' des Landes, das wie du geschändet! --
Er ruft's. Der Rappe hat sich aufgebäumet,
Als wollt' er aufrecht klettern in die Lüfte,
Die Nüstern offen, und den Zaum beschaumet --
Er wie sein Reiter sieht das Kind der Grüfte.
Nun, da das Schemen in der Luft zerflossen,
Schießt er davon -- vier Blitze an den Hufen --
Ein Pfeil des Unheils durch die Lust geschossen,
Und wirkungslos verlöre des Reiters Rufen.
Sie sind in Metrik. Doch in Metrik brennen
Die Klöster auf mit Kirche, Thurm und Zelle,
Hin durch die Stadt die bleichen Pfaffen rennen,
Und Schwert und Keule treffen sie zur Stelle.
Der Ziska sprengt zu der Hussitenrotte,
Die dort die Rache übt mit Schwert und Flammen,
Sein wildes Donnerwort ruft sie zusammen.
In Flammen gleicht er einem zorn'gen Gotte.
Er ruft: Was, Brüder, bohrt ihr eure Wehre
Jn's Eingeweid den eignen Vaterländer,
Indeß der Erbfeind eurer heil'gen Ehre
Schon an der Grenze steht mit Kett' und Banden?
Wenzel ist todt! wollt ihr in Treu euch beugen
Dem Sigismund, dem tückischen Verrathe"-,
Der Huß und Hieronym, des Glaubens Zeugen,
Geliefert hat der Mordlust heil'gen Vater?
Ihm, der dies Reich verlassen und geschändet.
Und Zwietracht stets geschürt im Bruderlande.
Dem Kaiser, der gen euch den Kreuzzug wendet,
Brüder des Kelchs! er bringt euch Mord und Bande.

Der Ziska zerrt am Zügel fest und fester —
Weis nahst du, ruft er, mir in dieser Stunde,
Unseliger Schatten meiner armen Schwester
Und zeigst am Herzen mir die blut'ge Wunde?
Hast keine Ruh in deiner kühlen Erden? —
Trotz Priestersegens und gesungner Messen
Steigst du herauf und rufst rin Schmcrzgeberden
Den Bruder an, daß er nicht soll vergessen!
Es hat nicht Noth, o Schwester! Nachen, rächen
Will ich dich, Arme, dich und Böhmens Sache,
Daß noch die Welt in tausend Jahren sprechen
Mit Schaudern sott von meiner großen Rache.
Ich will dir eine Todtenfackcl zünden,
Daß sie das kalte Aug' des Weltalls blendet.
An dir, du bleiches Opfer, will ich binden
Die Ehr' des Landes, das wie du geschändet! —
Er ruft's. Der Rappe hat sich aufgebäumet,
Als wollt' er aufrecht klettern in die Lüfte,
Die Nüstern offen, und den Zaum beschaumet —
Er wie sein Reiter sieht das Kind der Grüfte.
Nun, da das Schemen in der Luft zerflossen,
Schießt er davon — vier Blitze an den Hufen —
Ein Pfeil des Unheils durch die Lust geschossen,
Und wirkungslos verlöre des Reiters Rufen.
Sie sind in Metrik. Doch in Metrik brennen
Die Klöster auf mit Kirche, Thurm und Zelle,
Hin durch die Stadt die bleichen Pfaffen rennen,
Und Schwert und Keule treffen sie zur Stelle.
Der Ziska sprengt zu der Hussitenrotte,
Die dort die Rache übt mit Schwert und Flammen,
Sein wildes Donnerwort ruft sie zusammen.
In Flammen gleicht er einem zorn'gen Gotte.
Er ruft: Was, Brüder, bohrt ihr eure Wehre
Jn's Eingeweid den eignen Vaterländer,
Indeß der Erbfeind eurer heil'gen Ehre
Schon an der Grenze steht mit Kett' und Banden?
Wenzel ist todt! wollt ihr in Treu euch beugen
Dem Sigismund, dem tückischen Verrathe»-,
Der Huß und Hieronym, des Glaubens Zeugen,
Geliefert hat der Mordlust heil'gen Vater?
Ihm, der dies Reich verlassen und geschändet.
Und Zwietracht stets geschürt im Bruderlande.
Dem Kaiser, der gen euch den Kreuzzug wendet,
Brüder des Kelchs! er bringt euch Mord und Bande.

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[0008] Der Ziska zerrt am Zügel fest und fester — Weis nahst du, ruft er, mir in dieser Stunde, Unseliger Schatten meiner armen Schwester Und zeigst am Herzen mir die blut'ge Wunde? Hast keine Ruh in deiner kühlen Erden? — Trotz Priestersegens und gesungner Messen Steigst du herauf und rufst rin Schmcrzgeberden Den Bruder an, daß er nicht soll vergessen! Es hat nicht Noth, o Schwester! Nachen, rächen Will ich dich, Arme, dich und Böhmens Sache, Daß noch die Welt in tausend Jahren sprechen Mit Schaudern sott von meiner großen Rache. Ich will dir eine Todtenfackcl zünden, Daß sie das kalte Aug' des Weltalls blendet. An dir, du bleiches Opfer, will ich binden Die Ehr' des Landes, das wie du geschändet! — Er ruft's. Der Rappe hat sich aufgebäumet, Als wollt' er aufrecht klettern in die Lüfte, Die Nüstern offen, und den Zaum beschaumet — Er wie sein Reiter sieht das Kind der Grüfte. Nun, da das Schemen in der Luft zerflossen, Schießt er davon — vier Blitze an den Hufen — Ein Pfeil des Unheils durch die Lust geschossen, Und wirkungslos verlöre des Reiters Rufen. Sie sind in Metrik. Doch in Metrik brennen Die Klöster auf mit Kirche, Thurm und Zelle, Hin durch die Stadt die bleichen Pfaffen rennen, Und Schwert und Keule treffen sie zur Stelle. Der Ziska sprengt zu der Hussitenrotte, Die dort die Rache übt mit Schwert und Flammen, Sein wildes Donnerwort ruft sie zusammen. In Flammen gleicht er einem zorn'gen Gotte. Er ruft: Was, Brüder, bohrt ihr eure Wehre Jn's Eingeweid den eignen Vaterländer, Indeß der Erbfeind eurer heil'gen Ehre Schon an der Grenze steht mit Kett' und Banden? Wenzel ist todt! wollt ihr in Treu euch beugen Dem Sigismund, dem tückischen Verrathe»-, Der Huß und Hieronym, des Glaubens Zeugen, Geliefert hat der Mordlust heil'gen Vater? Ihm, der dies Reich verlassen und geschändet. Und Zwietracht stets geschürt im Bruderlande. Dem Kaiser, der gen euch den Kreuzzug wendet, Brüder des Kelchs! er bringt euch Mord und Bande.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/8>, abgerufen am 21.05.2024.