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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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gegen die Hingebung an den äußern Reflex der Erscheinungen sich aufgelehnt habe.
Bis auf die neuen, halb sentimentalen Naturfreunde, Rousseau, Se. Pierre, Cha¬
teaubriand, wird diese Tendenz der Poesie verfolgt. "Der gerechte Tadel der be¬
schreibenden Poesie als eigner für sich bestehender Form der Dichtung trifft nicht
das Bestreben, ein Bild der durchwanderten Zonen aufzustellen, die Resultate un¬
mittelbarer Naturanschauung durch die Sprache zu versinnlichen. Alle Theile
des weiten Schöpfungskreises können sich einer begeisternden Kraft auf das Gemüth
erfreuen." -- Eben so wird die Landschaftsmalern dnrch die verschiedenen Zeiten
hin verfolgt. "Der Begriff eines Naturganzen, das Gefühl der harmonischen
Einheit im Kosmos wird um so lebendiger unter den Menschen werden, als sich
die Mittel vervielfältigen, die Gesammtheit der Naturerscheinungen zu anschau¬
lichen Bildern zu gestalten." -- --

Wer seineu Gott uur in den Schrecken seines Gewissens empfindet, nur in der
Uuseligkeit und Verdammniß der Natur, wer sich uur da erhaben angeregt fühlt,
wo er nichts sieht, der wird in diesem Werk nur das unheilige, weltliche Gemebe
materieller Beziehungen und Einflüsse erblicken; wer aber zu lauschen vermag auf
den wunderbaren Gesang, den die Natur, dieses alte Memnvnöbild, anstimme, wo
sie von dem belebenden Strahl des Lichtes, also hier des Geistes, getroffen wird,
der wird mehr als belehrt, er wird sich bewegt und erhoben fühlen, und aus-
rufen: auch hier ist Gott.




gegen die Hingebung an den äußern Reflex der Erscheinungen sich aufgelehnt habe.
Bis auf die neuen, halb sentimentalen Naturfreunde, Rousseau, Se. Pierre, Cha¬
teaubriand, wird diese Tendenz der Poesie verfolgt. „Der gerechte Tadel der be¬
schreibenden Poesie als eigner für sich bestehender Form der Dichtung trifft nicht
das Bestreben, ein Bild der durchwanderten Zonen aufzustellen, die Resultate un¬
mittelbarer Naturanschauung durch die Sprache zu versinnlichen. Alle Theile
des weiten Schöpfungskreises können sich einer begeisternden Kraft auf das Gemüth
erfreuen." — Eben so wird die Landschaftsmalern dnrch die verschiedenen Zeiten
hin verfolgt. „Der Begriff eines Naturganzen, das Gefühl der harmonischen
Einheit im Kosmos wird um so lebendiger unter den Menschen werden, als sich
die Mittel vervielfältigen, die Gesammtheit der Naturerscheinungen zu anschau¬
lichen Bildern zu gestalten." — —

Wer seineu Gott uur in den Schrecken seines Gewissens empfindet, nur in der
Uuseligkeit und Verdammniß der Natur, wer sich uur da erhaben angeregt fühlt,
wo er nichts sieht, der wird in diesem Werk nur das unheilige, weltliche Gemebe
materieller Beziehungen und Einflüsse erblicken; wer aber zu lauschen vermag auf
den wunderbaren Gesang, den die Natur, dieses alte Memnvnöbild, anstimme, wo
sie von dem belebenden Strahl des Lichtes, also hier des Geistes, getroffen wird,
der wird mehr als belehrt, er wird sich bewegt und erhoben fühlen, und aus-
rufen: auch hier ist Gott.




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[0332] gegen die Hingebung an den äußern Reflex der Erscheinungen sich aufgelehnt habe. Bis auf die neuen, halb sentimentalen Naturfreunde, Rousseau, Se. Pierre, Cha¬ teaubriand, wird diese Tendenz der Poesie verfolgt. „Der gerechte Tadel der be¬ schreibenden Poesie als eigner für sich bestehender Form der Dichtung trifft nicht das Bestreben, ein Bild der durchwanderten Zonen aufzustellen, die Resultate un¬ mittelbarer Naturanschauung durch die Sprache zu versinnlichen. Alle Theile des weiten Schöpfungskreises können sich einer begeisternden Kraft auf das Gemüth erfreuen." — Eben so wird die Landschaftsmalern dnrch die verschiedenen Zeiten hin verfolgt. „Der Begriff eines Naturganzen, das Gefühl der harmonischen Einheit im Kosmos wird um so lebendiger unter den Menschen werden, als sich die Mittel vervielfältigen, die Gesammtheit der Naturerscheinungen zu anschau¬ lichen Bildern zu gestalten." — — Wer seineu Gott uur in den Schrecken seines Gewissens empfindet, nur in der Uuseligkeit und Verdammniß der Natur, wer sich uur da erhaben angeregt fühlt, wo er nichts sieht, der wird in diesem Werk nur das unheilige, weltliche Gemebe materieller Beziehungen und Einflüsse erblicken; wer aber zu lauschen vermag auf den wunderbaren Gesang, den die Natur, dieses alte Memnvnöbild, anstimme, wo sie von dem belebenden Strahl des Lichtes, also hier des Geistes, getroffen wird, der wird mehr als belehrt, er wird sich bewegt und erhoben fühlen, und aus- rufen: auch hier ist Gott.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/332>, abgerufen am 18.05.2024.