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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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pflichtet, wenn sich eine solche Ernennung ergebe, sogleich dagegen zu rerrwn-
striren und den Ständen Bericht zu geben.

Endlich beschloß man Se. Majestät um beschleunigte Erledigung aller im
Verlaufe eines Steuerpostulantcu - Landtages nach Hofe gelangenden Landtags-
anträgc zu bitten, und den Ausschuß zu verpflichten, künftig die Publication
des Landtagsschlusseö abzuwarten, und erst nach derselben die Steuer auszu¬
schreiben.

Eine Conversation über die Frage, ob man verflachtet sei, der Versammlung
in strenger Uniform anzuwohnen, oder ob der einfache Frack genüge, um gültig
zu poliren, nahm jüngst längere Zeit in Anspruch, ohne daß jedoch ein Be¬
schluß zu Stande kam. Es wäre interessant, zu wissen, ob an selbem Tage gleich¬
zeitig auch in Berlin über Costümfragen verhandelt worden.. Noch einige Tage
werden die Verhandlungen sich hinziehen, doch voraussichtlich allmälig ermattend,
ermüdend ersterben.


5. S.
3.

Die Kornausftchr verboten. -- Bemühungen des Erzherzogs Stephan-- Graf Salm nach
Trieft. Der ständische Theaterzuschuß. -- Theateescan'val bei der Stummen von Porti",
-- Mad. Hoffmann.

Der !". Mai 1847 wird in unseren Herzen ein schöner Gedenktag der
Dankbarkeit für den Erzherzog Stephan bleiben, denn seinem Bemühen danken
wir das, hohen Ortes endlich genehmigte, am !>. Mai kundgemachte Getreideans-
fuhrverbot, welches an sich schon, der zum guten Theile künstlich erzeugten, un-
mäßigen Kornvcrthenrung ein Ziel setzen, und den großen Gutsbesitzern, deren
einige noch immer zurückhielten, auf den Hunger der Armen speculirend, zur heil¬
samen Lehre dienen wird.

Seit Monaten war der umsichtige, energische Prinz bemühet, den Hofbehör¬
den die dringende Nothwendigkeit jener Maaßregel vorzustellen, doch war sein
Bemühen lauge vergeblich; während hier die trübseligster Berichte aus deu Greuz-
kreiscn eingingen, und man Gewaltthätigkeiten des Volkes ängstlich entgegen sah,
hielt man in Wien fest an der Frcihandelstheoric, und glaubte englische Prinzi¬
pien in heutigen Tagen der AusuahmScälamität durchführen zu müssen; wir woll¬
ten allenfalls damit zufrieden sein, gewährte man uns englische Prinzipien anch
in jeder andern Richtung, und hungerten gern eine Zeitlang um diesen Preis,
stückweise aber läßt sich die Liberalität nicht appliciren, der Volkswagen verträgt
das nicht; leider wurden die Vorhersagungen durch trübe Erfolge bethätigt, Ex¬
cesse der beunruhigendsten Natur gaben sich kund; in Eger, Plan, Comvthan,
Saatz, Lcitmeritz und Königswart' dictirte das Volk faktische Nnsfuhrsvcrbote,
exeguirte sie gewaltsam, selbst blutig, ließ seinen Ingrimm aus an den Fenster¬
scheiben des Konigswarter Schlosses, da endlich ward durch das unmittelbar per¬
sönliche Drängen' unseres Erzherzogs das Verbot gewährt, und von unserer Be¬
hörde in lobenswerther Eile kund gemacht und an alle Grenzpnnkte gesendet.


pflichtet, wenn sich eine solche Ernennung ergebe, sogleich dagegen zu rerrwn-
striren und den Ständen Bericht zu geben.

Endlich beschloß man Se. Majestät um beschleunigte Erledigung aller im
Verlaufe eines Steuerpostulantcu - Landtages nach Hofe gelangenden Landtags-
anträgc zu bitten, und den Ausschuß zu verpflichten, künftig die Publication
des Landtagsschlusseö abzuwarten, und erst nach derselben die Steuer auszu¬
schreiben.

Eine Conversation über die Frage, ob man verflachtet sei, der Versammlung
in strenger Uniform anzuwohnen, oder ob der einfache Frack genüge, um gültig
zu poliren, nahm jüngst längere Zeit in Anspruch, ohne daß jedoch ein Be¬
schluß zu Stande kam. Es wäre interessant, zu wissen, ob an selbem Tage gleich¬
zeitig auch in Berlin über Costümfragen verhandelt worden.. Noch einige Tage
werden die Verhandlungen sich hinziehen, doch voraussichtlich allmälig ermattend,
ermüdend ersterben.


5. S.
3.

Die Kornausftchr verboten. — Bemühungen des Erzherzogs Stephan— Graf Salm nach
Trieft. Der ständische Theaterzuschuß. — Theateescan'val bei der Stummen von Porti«,
— Mad. Hoffmann.

Der !». Mai 1847 wird in unseren Herzen ein schöner Gedenktag der
Dankbarkeit für den Erzherzog Stephan bleiben, denn seinem Bemühen danken
wir das, hohen Ortes endlich genehmigte, am !>. Mai kundgemachte Getreideans-
fuhrverbot, welches an sich schon, der zum guten Theile künstlich erzeugten, un-
mäßigen Kornvcrthenrung ein Ziel setzen, und den großen Gutsbesitzern, deren
einige noch immer zurückhielten, auf den Hunger der Armen speculirend, zur heil¬
samen Lehre dienen wird.

Seit Monaten war der umsichtige, energische Prinz bemühet, den Hofbehör¬
den die dringende Nothwendigkeit jener Maaßregel vorzustellen, doch war sein
Bemühen lauge vergeblich; während hier die trübseligster Berichte aus deu Greuz-
kreiscn eingingen, und man Gewaltthätigkeiten des Volkes ängstlich entgegen sah,
hielt man in Wien fest an der Frcihandelstheoric, und glaubte englische Prinzi¬
pien in heutigen Tagen der AusuahmScälamität durchführen zu müssen; wir woll¬
ten allenfalls damit zufrieden sein, gewährte man uns englische Prinzipien anch
in jeder andern Richtung, und hungerten gern eine Zeitlang um diesen Preis,
stückweise aber läßt sich die Liberalität nicht appliciren, der Volkswagen verträgt
das nicht; leider wurden die Vorhersagungen durch trübe Erfolge bethätigt, Ex¬
cesse der beunruhigendsten Natur gaben sich kund; in Eger, Plan, Comvthan,
Saatz, Lcitmeritz und Königswart' dictirte das Volk faktische Nnsfuhrsvcrbote,
exeguirte sie gewaltsam, selbst blutig, ließ seinen Ingrimm aus an den Fenster¬
scheiben des Konigswarter Schlosses, da endlich ward durch das unmittelbar per¬
sönliche Drängen' unseres Erzherzogs das Verbot gewährt, und von unserer Be¬
hörde in lobenswerther Eile kund gemacht und an alle Grenzpnnkte gesendet.


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[0277] pflichtet, wenn sich eine solche Ernennung ergebe, sogleich dagegen zu rerrwn- striren und den Ständen Bericht zu geben. Endlich beschloß man Se. Majestät um beschleunigte Erledigung aller im Verlaufe eines Steuerpostulantcu - Landtages nach Hofe gelangenden Landtags- anträgc zu bitten, und den Ausschuß zu verpflichten, künftig die Publication des Landtagsschlusseö abzuwarten, und erst nach derselben die Steuer auszu¬ schreiben. Eine Conversation über die Frage, ob man verflachtet sei, der Versammlung in strenger Uniform anzuwohnen, oder ob der einfache Frack genüge, um gültig zu poliren, nahm jüngst längere Zeit in Anspruch, ohne daß jedoch ein Be¬ schluß zu Stande kam. Es wäre interessant, zu wissen, ob an selbem Tage gleich¬ zeitig auch in Berlin über Costümfragen verhandelt worden.. Noch einige Tage werden die Verhandlungen sich hinziehen, doch voraussichtlich allmälig ermattend, ermüdend ersterben. 5. S. 3. Die Kornausftchr verboten. — Bemühungen des Erzherzogs Stephan— Graf Salm nach Trieft. Der ständische Theaterzuschuß. — Theateescan'val bei der Stummen von Porti«, — Mad. Hoffmann. Der !». Mai 1847 wird in unseren Herzen ein schöner Gedenktag der Dankbarkeit für den Erzherzog Stephan bleiben, denn seinem Bemühen danken wir das, hohen Ortes endlich genehmigte, am !>. Mai kundgemachte Getreideans- fuhrverbot, welches an sich schon, der zum guten Theile künstlich erzeugten, un- mäßigen Kornvcrthenrung ein Ziel setzen, und den großen Gutsbesitzern, deren einige noch immer zurückhielten, auf den Hunger der Armen speculirend, zur heil¬ samen Lehre dienen wird. Seit Monaten war der umsichtige, energische Prinz bemühet, den Hofbehör¬ den die dringende Nothwendigkeit jener Maaßregel vorzustellen, doch war sein Bemühen lauge vergeblich; während hier die trübseligster Berichte aus deu Greuz- kreiscn eingingen, und man Gewaltthätigkeiten des Volkes ängstlich entgegen sah, hielt man in Wien fest an der Frcihandelstheoric, und glaubte englische Prinzi¬ pien in heutigen Tagen der AusuahmScälamität durchführen zu müssen; wir woll¬ ten allenfalls damit zufrieden sein, gewährte man uns englische Prinzipien anch in jeder andern Richtung, und hungerten gern eine Zeitlang um diesen Preis, stückweise aber läßt sich die Liberalität nicht appliciren, der Volkswagen verträgt das nicht; leider wurden die Vorhersagungen durch trübe Erfolge bethätigt, Ex¬ cesse der beunruhigendsten Natur gaben sich kund; in Eger, Plan, Comvthan, Saatz, Lcitmeritz und Königswart' dictirte das Volk faktische Nnsfuhrsvcrbote, exeguirte sie gewaltsam, selbst blutig, ließ seinen Ingrimm aus an den Fenster¬ scheiben des Konigswarter Schlosses, da endlich ward durch das unmittelbar per¬ sönliche Drängen' unseres Erzherzogs das Verbot gewährt, und von unserer Be¬ hörde in lobenswerther Eile kund gemacht und an alle Grenzpnnkte gesendet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/277>, abgerufen am 18.05.2024.