Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Augen grün wie Lauch:
Sind hin, sind hin,
Nun laure, Sinn,
Um den geliebten Gauch!
Ihr Schwestern drei,
Kommt, kommt herbei,
Mit Händen milchgefärbt,
Steckt sie ins Blut,
Da eure Wuth
Sein Leben 'rausgegerbt!
Zung' werde stumm,
Bring Dolch mich um,
Zersleich des Busens Schnee!
Ihr Herrn, gute Nacht,
Es ist vollbracht,
Ade, abe, abe!

Aber wozu eigentlich diese Mühe? Eine verständigere Ausgabe ist, durch Angabe
einzelner Verbesserungen die Schlegel'sche Uebersetzung, die zu den Zierden unserer Li¬
teratur gehört, ihrer Vollendung immer näher zu führen. In dem vorhin besprochenen
Archiv ist von Hagena ein dankenswerther Beitrag der Art gegeben.

21) Der Thron von Würtemberg. Dichtungen von Alexander Patuzzi.
Chur, Hitz.

Ein Cyclus von erzählenden Gedichten, der sich an die einzelnen Grafen und
Herzöge von Würtemberg anschließt. In unserer Zeit, die mit einer gewissen Ungeduld
vorwärts strebt, ist es für das nationale Bewußtsein heilsam, zuweilen den Blick in
die Vergangenheit zu werfen. Eine poetische Darstellung schmeichelt sich leichter ein,
und so findet das Genre dieser reserirenden Gedichte seine Berechtigung.

22) Die Royalisten. Von A. v. Sternberg. Bremen, Schlodtmann.

Nicht eigentlich ein Roman, sondern eine romantische Darstellung der Begeben¬
heiten vom 18. und 19. März in Berlin mit den dazugehörigen Vorbereitungen und
Folgen. Der sonst so heitere Verfasser ist aus seiner Rolle gefallen; er ist mürrisch.
Die Aeußerlichkeiten der neuen Revolution, die Demagogen und die Anarchie, mi߬
fallen ihm: mit Recht. Aber in diesem Verdruß übersieht er die Berechtigung der an
sich großen und einzigen Bewegung. Wir fühlen Sympathie mit dem alten preußischen
Offizier, der, in dem Hochgefühl des preußischen Staates ausgewachsen, sich von der
Revolution, deren weitere Gestaltung er noch nicht überschaut, mit Unwillen abwendet;
dieselbe Sympathie, die wir für den indianischen Häuptling empfinden, dessen Jagd-
Plätze der Pflug des Europäers usurpirt. Ergebt euch aufrichtig der neuen Idee, ihr
braven Männer, die ihr mit Ehren dem alten System gedient habt, und helft uns,
das Gesindel, das sich in die geöffneten Pforten eindrängt, zurückweisen; bleibt ihr
aber bei der Trauer, dem Mißvergnügen, so haben wir für diesen Seelenzustand zwar
ein herzliches Mitleid, aber keine lebendige Theilnahme.




Verlag von F. L. Hcrbig. -- Redacteure: Gustav Freytag uiid Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.
Die Augen grün wie Lauch:
Sind hin, sind hin,
Nun laure, Sinn,
Um den geliebten Gauch!
Ihr Schwestern drei,
Kommt, kommt herbei,
Mit Händen milchgefärbt,
Steckt sie ins Blut,
Da eure Wuth
Sein Leben 'rausgegerbt!
Zung' werde stumm,
Bring Dolch mich um,
Zersleich des Busens Schnee!
Ihr Herrn, gute Nacht,
Es ist vollbracht,
Ade, abe, abe!

Aber wozu eigentlich diese Mühe? Eine verständigere Ausgabe ist, durch Angabe
einzelner Verbesserungen die Schlegel'sche Uebersetzung, die zu den Zierden unserer Li¬
teratur gehört, ihrer Vollendung immer näher zu führen. In dem vorhin besprochenen
Archiv ist von Hagena ein dankenswerther Beitrag der Art gegeben.

21) Der Thron von Würtemberg. Dichtungen von Alexander Patuzzi.
Chur, Hitz.

Ein Cyclus von erzählenden Gedichten, der sich an die einzelnen Grafen und
Herzöge von Würtemberg anschließt. In unserer Zeit, die mit einer gewissen Ungeduld
vorwärts strebt, ist es für das nationale Bewußtsein heilsam, zuweilen den Blick in
die Vergangenheit zu werfen. Eine poetische Darstellung schmeichelt sich leichter ein,
und so findet das Genre dieser reserirenden Gedichte seine Berechtigung.

22) Die Royalisten. Von A. v. Sternberg. Bremen, Schlodtmann.

Nicht eigentlich ein Roman, sondern eine romantische Darstellung der Begeben¬
heiten vom 18. und 19. März in Berlin mit den dazugehörigen Vorbereitungen und
Folgen. Der sonst so heitere Verfasser ist aus seiner Rolle gefallen; er ist mürrisch.
Die Aeußerlichkeiten der neuen Revolution, die Demagogen und die Anarchie, mi߬
fallen ihm: mit Recht. Aber in diesem Verdruß übersieht er die Berechtigung der an
sich großen und einzigen Bewegung. Wir fühlen Sympathie mit dem alten preußischen
Offizier, der, in dem Hochgefühl des preußischen Staates ausgewachsen, sich von der
Revolution, deren weitere Gestaltung er noch nicht überschaut, mit Unwillen abwendet;
dieselbe Sympathie, die wir für den indianischen Häuptling empfinden, dessen Jagd-
Plätze der Pflug des Europäers usurpirt. Ergebt euch aufrichtig der neuen Idee, ihr
braven Männer, die ihr mit Ehren dem alten System gedient habt, und helft uns,
das Gesindel, das sich in die geöffneten Pforten eindrängt, zurückweisen; bleibt ihr
aber bei der Trauer, dem Mißvergnügen, so haben wir für diesen Seelenzustand zwar
ein herzliches Mitleid, aber keine lebendige Theilnahme.




Verlag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag uiid Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276844"/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_4" type="poem">
              <l> Die Augen grün wie Lauch:<lb/>
Sind hin, sind hin,<lb/>
Nun laure, Sinn,<lb/>
Um den geliebten Gauch!<lb/>
Ihr Schwestern drei,<lb/>
Kommt, kommt herbei,<lb/>
Mit Händen milchgefärbt,<lb/>
Steckt sie ins Blut,<lb/>
Da eure Wuth<lb/>
Sein Leben 'rausgegerbt!<lb/>
Zung' werde stumm,<lb/>
Bring Dolch mich um,<lb/>
Zersleich des Busens Schnee!<lb/>
Ihr Herrn, gute Nacht,<lb/>
Es ist vollbracht,<lb/>
Ade, abe, abe!</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_250"> Aber wozu eigentlich diese Mühe? Eine verständigere Ausgabe ist, durch Angabe<lb/>
einzelner Verbesserungen die Schlegel'sche Uebersetzung, die zu den Zierden unserer Li¬<lb/>
teratur gehört, ihrer Vollendung immer näher zu führen. In dem vorhin besprochenen<lb/>
Archiv ist von Hagena ein dankenswerther Beitrag der Art gegeben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_251"> 21) Der Thron von Würtemberg. Dichtungen von Alexander Patuzzi.<lb/>
Chur, Hitz.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_252"> Ein Cyclus von erzählenden Gedichten, der sich an die einzelnen Grafen und<lb/>
Herzöge von Würtemberg anschließt. In unserer Zeit, die mit einer gewissen Ungeduld<lb/>
vorwärts strebt, ist es für das nationale Bewußtsein heilsam, zuweilen den Blick in<lb/>
die Vergangenheit zu werfen. Eine poetische Darstellung schmeichelt sich leichter ein,<lb/>
und so findet das Genre dieser reserirenden Gedichte seine Berechtigung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_253"> 22) Die Royalisten.  Von A. v. Sternberg. Bremen, Schlodtmann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_254"> Nicht eigentlich ein Roman, sondern eine romantische Darstellung der Begeben¬<lb/>
heiten vom 18. und 19. März in Berlin mit den dazugehörigen Vorbereitungen und<lb/>
Folgen. Der sonst so heitere Verfasser ist aus seiner Rolle gefallen; er ist mürrisch.<lb/>
Die Aeußerlichkeiten der neuen Revolution, die Demagogen und die Anarchie, mi߬<lb/>
fallen ihm: mit Recht. Aber in diesem Verdruß übersieht er die Berechtigung der an<lb/>
sich großen und einzigen Bewegung. Wir fühlen Sympathie mit dem alten preußischen<lb/>
Offizier, der, in dem Hochgefühl des preußischen Staates ausgewachsen, sich von der<lb/>
Revolution, deren weitere Gestaltung er noch nicht überschaut, mit Unwillen abwendet;<lb/>
dieselbe Sympathie, die wir für den indianischen Häuptling empfinden, dessen Jagd-<lb/>
Plätze der Pflug des Europäers usurpirt. Ergebt euch aufrichtig der neuen Idee, ihr<lb/>
braven Männer, die ihr mit Ehren dem alten System gedient habt, und helft uns,<lb/>
das Gesindel, das sich in die geöffneten Pforten eindrängt, zurückweisen; bleibt ihr<lb/>
aber bei der Trauer, dem Mißvergnügen, so haben wir für diesen Seelenzustand zwar<lb/>
ein herzliches Mitleid, aber keine lebendige Theilnahme.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline"> Verlag von F. L. Hcrbig. &#x2014; Redacteure: Gustav Freytag uiid Julian Schmidt.<lb/>
Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] Die Augen grün wie Lauch: Sind hin, sind hin, Nun laure, Sinn, Um den geliebten Gauch! Ihr Schwestern drei, Kommt, kommt herbei, Mit Händen milchgefärbt, Steckt sie ins Blut, Da eure Wuth Sein Leben 'rausgegerbt! Zung' werde stumm, Bring Dolch mich um, Zersleich des Busens Schnee! Ihr Herrn, gute Nacht, Es ist vollbracht, Ade, abe, abe! Aber wozu eigentlich diese Mühe? Eine verständigere Ausgabe ist, durch Angabe einzelner Verbesserungen die Schlegel'sche Uebersetzung, die zu den Zierden unserer Li¬ teratur gehört, ihrer Vollendung immer näher zu führen. In dem vorhin besprochenen Archiv ist von Hagena ein dankenswerther Beitrag der Art gegeben. 21) Der Thron von Würtemberg. Dichtungen von Alexander Patuzzi. Chur, Hitz. Ein Cyclus von erzählenden Gedichten, der sich an die einzelnen Grafen und Herzöge von Würtemberg anschließt. In unserer Zeit, die mit einer gewissen Ungeduld vorwärts strebt, ist es für das nationale Bewußtsein heilsam, zuweilen den Blick in die Vergangenheit zu werfen. Eine poetische Darstellung schmeichelt sich leichter ein, und so findet das Genre dieser reserirenden Gedichte seine Berechtigung. 22) Die Royalisten. Von A. v. Sternberg. Bremen, Schlodtmann. Nicht eigentlich ein Roman, sondern eine romantische Darstellung der Begeben¬ heiten vom 18. und 19. März in Berlin mit den dazugehörigen Vorbereitungen und Folgen. Der sonst so heitere Verfasser ist aus seiner Rolle gefallen; er ist mürrisch. Die Aeußerlichkeiten der neuen Revolution, die Demagogen und die Anarchie, mi߬ fallen ihm: mit Recht. Aber in diesem Verdruß übersieht er die Berechtigung der an sich großen und einzigen Bewegung. Wir fühlen Sympathie mit dem alten preußischen Offizier, der, in dem Hochgefühl des preußischen Staates ausgewachsen, sich von der Revolution, deren weitere Gestaltung er noch nicht überschaut, mit Unwillen abwendet; dieselbe Sympathie, die wir für den indianischen Häuptling empfinden, dessen Jagd- Plätze der Pflug des Europäers usurpirt. Ergebt euch aufrichtig der neuen Idee, ihr braven Männer, die ihr mit Ehren dem alten System gedient habt, und helft uns, das Gesindel, das sich in die geöffneten Pforten eindrängt, zurückweisen; bleibt ihr aber bei der Trauer, dem Mißvergnügen, so haben wir für diesen Seelenzustand zwar ein herzliches Mitleid, aber keine lebendige Theilnahme. Verlag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag uiid Julian Schmidt. Druck von Friedrich Andrä.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/88>, abgerufen am 17.06.2024.