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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Stunde? -- Es ist früher Morgen, und ich habe einigen Grund anzunehmen,
daß diese Herren für ihre Geschäfte die Abendstunde vorziehen.

Sie hören Ihre Worte nicht. Es sind Leibeigene, und


Georg,
(finster).

sie würden Sie tödten, Herr Graf, wenn ich einen Wink gebe.


Wald.

Ah! das wird ernsthaft, (finster) So hören Sie auch meinen Ernst.

-- Schach der Königin! Haben Sie die Gnade, diese schwarzen Bauern von un¬
serem Schachbrett herunterzuwerfen und sich selbst zu weniger abenteuerlichen Zügen
zu verstehen, sonst vergesse ich Ihre Hoheit und behandle Sie wie eine hungrige
Wölfin Ihrer Wälder.


Georg.

Diese bleiben, Du aber tödte mich, Teufel, wenn Du es wagst.

Ich will mich rächen oder sterben. Dn hast meine Jugend vergiftet, hast mein
Leben mit Lüge, Verstellung und Heuchelei gefüllt, hast mir zum zweiten Mal
Liebe gelogen, mich zum zweiten Mal verrathen, sprich Ungeheuer, gibt es einen
Teufel der Hölle, der schwärzer ist als Du!


Wald.

Hin! Es ist Natur in Ihrem Verlangen nach Rache. -- Jagen Sie

diese Schurken vor die Thür und ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre, Sie sollen
nicht von hier scheiden, ohne jede Rache mit sich fortzunehmen, deren Sie zur
Sättigung bedürfen.

Georg (weist die Diener durch eine Armbewegung hinaus).

Wald.

Wohlan. Sie wollen den Knaben fortführen aus seiner Heimath,

von dem schützenden Auge seiner Pflegerin ziehen, nicht zum Heil, sondern zum
Unheil, nicht aus Liebe, nur aus Haß.


Georg.

Er ist Dein Sohn.

Und der Ihrige, und unschuldig an der ganzen Verwirrung. Sie


Wald.

werden dadurch das Weib bis auf den Tod verwunden, welches Ihre Freundin
war und Ihr Leben erhielt, als es mit dem Verderben rang.

Ich danke ihr's nicht, wir sind quitt.


Georg.
Wald.

All' Ihr Hassen geht auf mich, mich wollen Sie züchtigen in dein

Knaben, in dem Schmerz dieser.

Du rechnest gut, Graf Waldemar, beeile den Schluß.


Georg,
Wald.

An Vielem, was Ihr emportes Gefühl in dieser Stunde mir auf¬

bürdet, bin ich unschuldig, und vergebens suchen Sie Ihr ungewöhnliches Geschick
auf mein Haupt zu wälzen. Und doch sind wir Beide schuldig, Georgine. Im
frechen Uebermuth der Jugend haben wir unser Fühlen in kurzer Verbindung ver¬
geudet. Wohl weiß ich, daß dieses Uebermuthes größter Theil auf meiner Rech¬
nung steht, wohl weiß ich, daß ich Ihr Leben gewissenlos geschädigt und gestört
habe, als ich nach dem Rausch weniger Tage Sie verließ. -- Sie haben deshalb
ein Recht an mein Leben, ein altes, verhängnißvolles, so fühlen Sie und so sagt
Eine, die ich liebe. Und deshalb biete ich Ihnen einen Tausch. -- Ich kann
Ihrer gekränkten Empfindung nicht mehr die Sühne geben, die sonst das Weib


Stunde? — Es ist früher Morgen, und ich habe einigen Grund anzunehmen,
daß diese Herren für ihre Geschäfte die Abendstunde vorziehen.

Sie hören Ihre Worte nicht. Es sind Leibeigene, und


Georg,
(finster).

sie würden Sie tödten, Herr Graf, wenn ich einen Wink gebe.


Wald.

Ah! das wird ernsthaft, (finster) So hören Sie auch meinen Ernst.

— Schach der Königin! Haben Sie die Gnade, diese schwarzen Bauern von un¬
serem Schachbrett herunterzuwerfen und sich selbst zu weniger abenteuerlichen Zügen
zu verstehen, sonst vergesse ich Ihre Hoheit und behandle Sie wie eine hungrige
Wölfin Ihrer Wälder.


Georg.

Diese bleiben, Du aber tödte mich, Teufel, wenn Du es wagst.

Ich will mich rächen oder sterben. Dn hast meine Jugend vergiftet, hast mein
Leben mit Lüge, Verstellung und Heuchelei gefüllt, hast mir zum zweiten Mal
Liebe gelogen, mich zum zweiten Mal verrathen, sprich Ungeheuer, gibt es einen
Teufel der Hölle, der schwärzer ist als Du!


Wald.

Hin! Es ist Natur in Ihrem Verlangen nach Rache. — Jagen Sie

diese Schurken vor die Thür und ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre, Sie sollen
nicht von hier scheiden, ohne jede Rache mit sich fortzunehmen, deren Sie zur
Sättigung bedürfen.

Georg (weist die Diener durch eine Armbewegung hinaus).

Wald.

Wohlan. Sie wollen den Knaben fortführen aus seiner Heimath,

von dem schützenden Auge seiner Pflegerin ziehen, nicht zum Heil, sondern zum
Unheil, nicht aus Liebe, nur aus Haß.


Georg.

Er ist Dein Sohn.

Und der Ihrige, und unschuldig an der ganzen Verwirrung. Sie


Wald.

werden dadurch das Weib bis auf den Tod verwunden, welches Ihre Freundin
war und Ihr Leben erhielt, als es mit dem Verderben rang.

Ich danke ihr's nicht, wir sind quitt.


Georg.
Wald.

All' Ihr Hassen geht auf mich, mich wollen Sie züchtigen in dein

Knaben, in dem Schmerz dieser.

Du rechnest gut, Graf Waldemar, beeile den Schluß.


Georg,
Wald.

An Vielem, was Ihr emportes Gefühl in dieser Stunde mir auf¬

bürdet, bin ich unschuldig, und vergebens suchen Sie Ihr ungewöhnliches Geschick
auf mein Haupt zu wälzen. Und doch sind wir Beide schuldig, Georgine. Im
frechen Uebermuth der Jugend haben wir unser Fühlen in kurzer Verbindung ver¬
geudet. Wohl weiß ich, daß dieses Uebermuthes größter Theil auf meiner Rech¬
nung steht, wohl weiß ich, daß ich Ihr Leben gewissenlos geschädigt und gestört
habe, als ich nach dem Rausch weniger Tage Sie verließ. — Sie haben deshalb
ein Recht an mein Leben, ein altes, verhängnißvolles, so fühlen Sie und so sagt
Eine, die ich liebe. Und deshalb biete ich Ihnen einen Tausch. — Ich kann
Ihrer gekränkten Empfindung nicht mehr die Sühne geben, die sonst das Weib


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[0386] Stunde? — Es ist früher Morgen, und ich habe einigen Grund anzunehmen, daß diese Herren für ihre Geschäfte die Abendstunde vorziehen. Sie hören Ihre Worte nicht. Es sind Leibeigene, und Georg, (finster). sie würden Sie tödten, Herr Graf, wenn ich einen Wink gebe. Wald. Ah! das wird ernsthaft, (finster) So hören Sie auch meinen Ernst. — Schach der Königin! Haben Sie die Gnade, diese schwarzen Bauern von un¬ serem Schachbrett herunterzuwerfen und sich selbst zu weniger abenteuerlichen Zügen zu verstehen, sonst vergesse ich Ihre Hoheit und behandle Sie wie eine hungrige Wölfin Ihrer Wälder. Georg. Diese bleiben, Du aber tödte mich, Teufel, wenn Du es wagst. Ich will mich rächen oder sterben. Dn hast meine Jugend vergiftet, hast mein Leben mit Lüge, Verstellung und Heuchelei gefüllt, hast mir zum zweiten Mal Liebe gelogen, mich zum zweiten Mal verrathen, sprich Ungeheuer, gibt es einen Teufel der Hölle, der schwärzer ist als Du! Wald. Hin! Es ist Natur in Ihrem Verlangen nach Rache. — Jagen Sie diese Schurken vor die Thür und ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre, Sie sollen nicht von hier scheiden, ohne jede Rache mit sich fortzunehmen, deren Sie zur Sättigung bedürfen. Georg (weist die Diener durch eine Armbewegung hinaus). Wald. Wohlan. Sie wollen den Knaben fortführen aus seiner Heimath, von dem schützenden Auge seiner Pflegerin ziehen, nicht zum Heil, sondern zum Unheil, nicht aus Liebe, nur aus Haß. Georg. Er ist Dein Sohn. Und der Ihrige, und unschuldig an der ganzen Verwirrung. Sie Wald. werden dadurch das Weib bis auf den Tod verwunden, welches Ihre Freundin war und Ihr Leben erhielt, als es mit dem Verderben rang. Ich danke ihr's nicht, wir sind quitt. Georg. Wald. All' Ihr Hassen geht auf mich, mich wollen Sie züchtigen in dein Knaben, in dem Schmerz dieser. Du rechnest gut, Graf Waldemar, beeile den Schluß. Georg, Wald. An Vielem, was Ihr emportes Gefühl in dieser Stunde mir auf¬ bürdet, bin ich unschuldig, und vergebens suchen Sie Ihr ungewöhnliches Geschick auf mein Haupt zu wälzen. Und doch sind wir Beide schuldig, Georgine. Im frechen Uebermuth der Jugend haben wir unser Fühlen in kurzer Verbindung ver¬ geudet. Wohl weiß ich, daß dieses Uebermuthes größter Theil auf meiner Rech¬ nung steht, wohl weiß ich, daß ich Ihr Leben gewissenlos geschädigt und gestört habe, als ich nach dem Rausch weniger Tage Sie verließ. — Sie haben deshalb ein Recht an mein Leben, ein altes, verhängnißvolles, so fühlen Sie und so sagt Eine, die ich liebe. Und deshalb biete ich Ihnen einen Tausch. — Ich kann Ihrer gekränkten Empfindung nicht mehr die Sühne geben, die sonst das Weib

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/386>, abgerufen am 10.06.2024.