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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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macht, Haym zu einem Deputirten des alten Landtags, dass er in Vanernfeld's "Kro߬
jährig" eine Reaction des gefunden Menschenverstandes gegen die AnSschiveifungen der
östreichischen Revolution sieht, obgleich "Großjährig" lange vor der Revolution geschrie¬
ben war u. s. w.), verfällt Taillandier in einen Grundirrthum, den wir Deutsche nicht ge¬
nug rügen können. Er hat sich über die deutsche Literatur immer nur von Jungdeut-
schen und Iuughegelianeru berichten "lassen; er haßt beide nach Herzenslust, aber er
sieht in ihnen die vollständigen Repräsentanten der deutschen Literatur. Dazu kommt
noch das französische Wesen, sich eine geistige Richtung nicht anders vorstellen zu kön¬
nen, als in der Form einer Partei, einer Clique, einer Coteric. So kommt es denn,
daß er sich unter den Hegelianern eine Art geheimer, organisirter Gesellschaft vorstellt,
zum Umsturz des Staats, der Religion, der Gesellschaft, der Sittlichkeit, daß er von
ihren Chefs spricht, und sich wundert, warum diese in den letzten Jahren nicht offener
hervorgetreten sind. "Warum schweigt Feuerbach, der Chef der Atheisten! Bereut er
vielleicht seine frühern Sünden?" -- Nicht doch! er ist zum Redner nicht gemacht, weil
er stottert und in Gesellschaft blöde ist, und er weiß sehr wohl, daß ihm zur Erörte¬
rung derjenigen Frage", aus die es jetzt vorzugsweise ankommt, die nöthigen Vorkennt-
nisse abgehn. -- Die seltsamste Vorstellung hat er von Stirner. Er sieht in ihm den
Vollender der deutschen Philosophie, obgleich in ganz Deutschland es keinen Einzigen
gibt, der in dem wunderlichen Buch: "der Einzige und sein Eigenthum," etwas anderes
gesehn hätte, als einen amüsanten Cinfall, mit viel liebenswürdiger Frivolität hinge¬
worfen, und mit etwas grauer Pedanterie zersetzt. Stirner ist verschollen, weil er nach
jenem Einfall sich nur noch wiederholen konnte. -- Auch Strauß wird seinem Kritiker
für das Lob, das er ihm spendet, keineswegs dankbar sein. Taillandier findet in
seinen neuesten Schriften das bußfertige Bekenntniß einer besseren Natur, die nur
durch den Rausch der hegelianischen Sophistik in die Irre geführt war, und hofft,
der Tübinger Doctor werde auch noch die "letzte Lüge" bekennen, und den persönlichen
Gott und die Unsterblichkeit der Seele, an denen seine freche Hand zu rütteln gewagt,
wieder herstellen, weil ohne diese doch keine Sittlichkeit denkbar sei. -- Wir wagen
daran zu zweifeln. -- Der ganze Aussatz sieht ans wie eine Krcuzpredigt gegen die
verruchten Hegelianer, gegen die alle Parteien sich vereinigen müssen, wenn die Gesell¬
schaft gerettet werden'sott. Wüßte Taillandier, wie gering der Antheil ist, den die
Schule an den letzten Bewegungen genommen hat, er würde ruhiger sein. -- Auch von
Gricpenkerl's Robespierre sind die ersten lobhudelnden Anzeigen nach Paris gekommen.
Taillandier tadelt ihn, ohne ihn zu kennen, weil Unparteilichkeit in solchen Dingen ein
Verbrechen sei; solche Bösewichter dürfe man nur auf die Bühne bringen, um sie anzu-
speien. -- Am besten sind die Recensionen über Lanbe'S Paulskirche, Raumer's Briefe
aus Paris, Meißner's revolutionäre Studien und Michelet's Lösung der gesellschaft¬
lichen Fragen.

In einem Aufsatz über das Verhältniß der exeentiven Gewalt zu den Rcprascn-
tativ-Versammlungen, mit specieller Rücksicht ans die bonapartistische Politik, dentet die
Revue (April 15>), wenn auch noch versteckt, ein Factum an, auf das wir unsere ge¬
spannte Aufmerksamkeit richten müssen: daß nämlich die Abneigung der conservativen
Partei sich nicht bloß gegen den Socialismus, nicht bloß gegen die Republik, sondern
gegen das Repräsentativsystem überhaupt sich richtet: daß sie entschlossen ist, sobald sie nur
erst jene Macht gefunden haben wird, der die Krone mit einer gewissen Garantie längerer
Dauer übertragen werden kann, zu ihren Gunsten den Einfluß der Volksvertretung so viel als
irgend möglich zu beschränken. Das preußische Wort: Ein freies Volk, ein freier
König! <d. h. gesetzlich organisirte Anarchie) möchte auch dann zur Anwendung kom¬
me". Der Aufsatz gewinnt um so mehr Bedeutung, da er von Herrn I. G. Baude
selbst unterzeichnet ist.




Verlag von F. L. Herbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von C. E. Elbert.

macht, Haym zu einem Deputirten des alten Landtags, dass er in Vanernfeld's „Kro߬
jährig" eine Reaction des gefunden Menschenverstandes gegen die AnSschiveifungen der
östreichischen Revolution sieht, obgleich „Großjährig" lange vor der Revolution geschrie¬
ben war u. s. w.), verfällt Taillandier in einen Grundirrthum, den wir Deutsche nicht ge¬
nug rügen können. Er hat sich über die deutsche Literatur immer nur von Jungdeut-
schen und Iuughegelianeru berichten "lassen; er haßt beide nach Herzenslust, aber er
sieht in ihnen die vollständigen Repräsentanten der deutschen Literatur. Dazu kommt
noch das französische Wesen, sich eine geistige Richtung nicht anders vorstellen zu kön¬
nen, als in der Form einer Partei, einer Clique, einer Coteric. So kommt es denn,
daß er sich unter den Hegelianern eine Art geheimer, organisirter Gesellschaft vorstellt,
zum Umsturz des Staats, der Religion, der Gesellschaft, der Sittlichkeit, daß er von
ihren Chefs spricht, und sich wundert, warum diese in den letzten Jahren nicht offener
hervorgetreten sind. „Warum schweigt Feuerbach, der Chef der Atheisten! Bereut er
vielleicht seine frühern Sünden?" — Nicht doch! er ist zum Redner nicht gemacht, weil
er stottert und in Gesellschaft blöde ist, und er weiß sehr wohl, daß ihm zur Erörte¬
rung derjenigen Frage», aus die es jetzt vorzugsweise ankommt, die nöthigen Vorkennt-
nisse abgehn. — Die seltsamste Vorstellung hat er von Stirner. Er sieht in ihm den
Vollender der deutschen Philosophie, obgleich in ganz Deutschland es keinen Einzigen
gibt, der in dem wunderlichen Buch: „der Einzige und sein Eigenthum," etwas anderes
gesehn hätte, als einen amüsanten Cinfall, mit viel liebenswürdiger Frivolität hinge¬
worfen, und mit etwas grauer Pedanterie zersetzt. Stirner ist verschollen, weil er nach
jenem Einfall sich nur noch wiederholen konnte. — Auch Strauß wird seinem Kritiker
für das Lob, das er ihm spendet, keineswegs dankbar sein. Taillandier findet in
seinen neuesten Schriften das bußfertige Bekenntniß einer besseren Natur, die nur
durch den Rausch der hegelianischen Sophistik in die Irre geführt war, und hofft,
der Tübinger Doctor werde auch noch die „letzte Lüge" bekennen, und den persönlichen
Gott und die Unsterblichkeit der Seele, an denen seine freche Hand zu rütteln gewagt,
wieder herstellen, weil ohne diese doch keine Sittlichkeit denkbar sei. — Wir wagen
daran zu zweifeln. — Der ganze Aussatz sieht ans wie eine Krcuzpredigt gegen die
verruchten Hegelianer, gegen die alle Parteien sich vereinigen müssen, wenn die Gesell¬
schaft gerettet werden'sott. Wüßte Taillandier, wie gering der Antheil ist, den die
Schule an den letzten Bewegungen genommen hat, er würde ruhiger sein. — Auch von
Gricpenkerl's Robespierre sind die ersten lobhudelnden Anzeigen nach Paris gekommen.
Taillandier tadelt ihn, ohne ihn zu kennen, weil Unparteilichkeit in solchen Dingen ein
Verbrechen sei; solche Bösewichter dürfe man nur auf die Bühne bringen, um sie anzu-
speien. — Am besten sind die Recensionen über Lanbe'S Paulskirche, Raumer's Briefe
aus Paris, Meißner's revolutionäre Studien und Michelet's Lösung der gesellschaft¬
lichen Fragen.

In einem Aufsatz über das Verhältniß der exeentiven Gewalt zu den Rcprascn-
tativ-Versammlungen, mit specieller Rücksicht ans die bonapartistische Politik, dentet die
Revue (April 15>), wenn auch noch versteckt, ein Factum an, auf das wir unsere ge¬
spannte Aufmerksamkeit richten müssen: daß nämlich die Abneigung der conservativen
Partei sich nicht bloß gegen den Socialismus, nicht bloß gegen die Republik, sondern
gegen das Repräsentativsystem überhaupt sich richtet: daß sie entschlossen ist, sobald sie nur
erst jene Macht gefunden haben wird, der die Krone mit einer gewissen Garantie längerer
Dauer übertragen werden kann, zu ihren Gunsten den Einfluß der Volksvertretung so viel als
irgend möglich zu beschränken. Das preußische Wort: Ein freies Volk, ein freier
König! <d. h. gesetzlich organisirte Anarchie) möchte auch dann zur Anwendung kom¬
me». Der Aufsatz gewinnt um so mehr Bedeutung, da er von Herrn I. G. Baude
selbst unterzeichnet ist.




Verlag von F. L. Herbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von C. E. Elbert.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/328>, abgerufen am 19.05.2024.