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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Ungarn aus Budapest!) allerdings in der Hauptstadt und in einem großen Theile des
Landes das Standrecht publicirt, aber nur leere Form geblieben war. Ich halte
es als Ungar für meine Pflicht, diese Angaben, welche durch authentische, ja selbst
amtliche Berichte widerlegt werden dürften, dahin zu berichtigen, daß zwar in der
Hauptstadt vor dem ersten Abzüge der Ungarn wirklich keine, und später auch
nicht mehr als 5 Hinrichtungen stattfanden, daß aber in den Provinzen dies kei¬
neswegs der Fall war. Ich weiß zwar nicht die Namen derjenigen anzuführen,
die von den ungarischen Standgerichten zum Tode verurtheilt und geführt wurden,
doch ich brauche nur die Thatsache im Allgemeinen zu erwähnen, und Jeder, der
nämlich nicht nur die Revolution in Pesth, sondern in Ungarn überhaupt miter¬
lebt hat, und die damalige" Tageblätter und besonders das amtliche Közlöny ge¬
lesen hat, wird von dem Irrthum des Korrespondenten in Nummer 12 über¬
zeugt werden. --

Zunächst will ich der 5 Ranzen erwähnen, die in Groß-Kikinda schon im
Juli 1848 auf Anordnung des ungarische" Negierungscommissärs Csernowics ge¬
henkt wurden, was i" allen ZeitungSblättern und in dem amtlichen Közlöny mit¬
getheilt wurde; auch sollte es dem Verfasser uicht entgangen sein, daß in der Slo¬
wakei im Monat Oktober 1848 Mehrere von Hurbans Bande hingerichtet wurden.
Zweien dieser Executionen hat Schreiber dieser Zeilen bei der Festung Leopold-
stadt selbst beigewohnt, und weiß aus der zuverlässigsten Quelle, daß in dieser
Zeit auch in N-Ld-is und an andern Punkten der Slowakei einzelne Hurbanisten
hingerichtet wurden. Ob diese Executionen in den Pesther Blättern mitgetheilt
wurden, kann ich, da ich damals fern von der Hauptstadt lebte, uicht mit Gewi߬
heit angeben; das Faktum aber ist richtig. Endlich ist es aller Welt bekannt, daß
in Siebenbürgen, bevor Bem das Commando in dieser Provinz übernahm, meh¬
rere Walachen gehenkt wurden. Ich glaube der Wahrheit keinen Zwang anzu¬
thun, wenn ich die Zahl der Unglücklichen, welche unter der ungarischen Negierung
am Hochgericht starben, ans 40-- 50 angebe.

Sollte es wirklich nöthig erscheinen zwischen der Handlungsweise der ungari¬
schen Regierung und Haynan's eine Parallele aufzustellen, so finden wir wahrlich
ganz andere Gesichtspunkte als die Zahlen, um diese wie Recht von Unrecht, Him¬
mel von Hölle zu unterscheide".

Vor Allem waren die Meisten von Jenen, welche durch die ungarische Regie¬
rung oder deren Organe hingerichtet wurden, durchaus keine potiti scheu Ver¬
brecher, souderu meist solche, welche die Fahne der Loyalität ergriffen, um unter
derselben rauben, morden, schänden und im wörtlichen Sinne des Worts schinden
zu können. Ich will die "Opfer, welche unter dem Henkerbeile des ungarischen
Terrorismus verblutet sind," zwar nicht wie Haynau fordert, nach Zahl und Na¬
men, aber ihrem Charakter und Handwerk nach dem Publikum vorführen.

Was die in Pesel) Hingerichteten 5 Individuen betrifft, so ist ihr Conduiten-


Ungarn aus Budapest!) allerdings in der Hauptstadt und in einem großen Theile des
Landes das Standrecht publicirt, aber nur leere Form geblieben war. Ich halte
es als Ungar für meine Pflicht, diese Angaben, welche durch authentische, ja selbst
amtliche Berichte widerlegt werden dürften, dahin zu berichtigen, daß zwar in der
Hauptstadt vor dem ersten Abzüge der Ungarn wirklich keine, und später auch
nicht mehr als 5 Hinrichtungen stattfanden, daß aber in den Provinzen dies kei¬
neswegs der Fall war. Ich weiß zwar nicht die Namen derjenigen anzuführen,
die von den ungarischen Standgerichten zum Tode verurtheilt und geführt wurden,
doch ich brauche nur die Thatsache im Allgemeinen zu erwähnen, und Jeder, der
nämlich nicht nur die Revolution in Pesth, sondern in Ungarn überhaupt miter¬
lebt hat, und die damalige» Tageblätter und besonders das amtliche Közlöny ge¬
lesen hat, wird von dem Irrthum des Korrespondenten in Nummer 12 über¬
zeugt werden. —

Zunächst will ich der 5 Ranzen erwähnen, die in Groß-Kikinda schon im
Juli 1848 auf Anordnung des ungarische» Negierungscommissärs Csernowics ge¬
henkt wurden, was i» allen ZeitungSblättern und in dem amtlichen Közlöny mit¬
getheilt wurde; auch sollte es dem Verfasser uicht entgangen sein, daß in der Slo¬
wakei im Monat Oktober 1848 Mehrere von Hurbans Bande hingerichtet wurden.
Zweien dieser Executionen hat Schreiber dieser Zeilen bei der Festung Leopold-
stadt selbst beigewohnt, und weiß aus der zuverlässigsten Quelle, daß in dieser
Zeit auch in N-Ld-is und an andern Punkten der Slowakei einzelne Hurbanisten
hingerichtet wurden. Ob diese Executionen in den Pesther Blättern mitgetheilt
wurden, kann ich, da ich damals fern von der Hauptstadt lebte, uicht mit Gewi߬
heit angeben; das Faktum aber ist richtig. Endlich ist es aller Welt bekannt, daß
in Siebenbürgen, bevor Bem das Commando in dieser Provinz übernahm, meh¬
rere Walachen gehenkt wurden. Ich glaube der Wahrheit keinen Zwang anzu¬
thun, wenn ich die Zahl der Unglücklichen, welche unter der ungarischen Negierung
am Hochgericht starben, ans 40— 50 angebe.

Sollte es wirklich nöthig erscheinen zwischen der Handlungsweise der ungari¬
schen Regierung und Haynan's eine Parallele aufzustellen, so finden wir wahrlich
ganz andere Gesichtspunkte als die Zahlen, um diese wie Recht von Unrecht, Him¬
mel von Hölle zu unterscheide«.

Vor Allem waren die Meisten von Jenen, welche durch die ungarische Regie¬
rung oder deren Organe hingerichtet wurden, durchaus keine potiti scheu Ver¬
brecher, souderu meist solche, welche die Fahne der Loyalität ergriffen, um unter
derselben rauben, morden, schänden und im wörtlichen Sinne des Worts schinden
zu können. Ich will die „Opfer, welche unter dem Henkerbeile des ungarischen
Terrorismus verblutet sind," zwar nicht wie Haynau fordert, nach Zahl und Na¬
men, aber ihrem Charakter und Handwerk nach dem Publikum vorführen.

Was die in Pesel) Hingerichteten 5 Individuen betrifft, so ist ihr Conduiten-


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[0516] Ungarn aus Budapest!) allerdings in der Hauptstadt und in einem großen Theile des Landes das Standrecht publicirt, aber nur leere Form geblieben war. Ich halte es als Ungar für meine Pflicht, diese Angaben, welche durch authentische, ja selbst amtliche Berichte widerlegt werden dürften, dahin zu berichtigen, daß zwar in der Hauptstadt vor dem ersten Abzüge der Ungarn wirklich keine, und später auch nicht mehr als 5 Hinrichtungen stattfanden, daß aber in den Provinzen dies kei¬ neswegs der Fall war. Ich weiß zwar nicht die Namen derjenigen anzuführen, die von den ungarischen Standgerichten zum Tode verurtheilt und geführt wurden, doch ich brauche nur die Thatsache im Allgemeinen zu erwähnen, und Jeder, der nämlich nicht nur die Revolution in Pesth, sondern in Ungarn überhaupt miter¬ lebt hat, und die damalige» Tageblätter und besonders das amtliche Közlöny ge¬ lesen hat, wird von dem Irrthum des Korrespondenten in Nummer 12 über¬ zeugt werden. — Zunächst will ich der 5 Ranzen erwähnen, die in Groß-Kikinda schon im Juli 1848 auf Anordnung des ungarische» Negierungscommissärs Csernowics ge¬ henkt wurden, was i» allen ZeitungSblättern und in dem amtlichen Közlöny mit¬ getheilt wurde; auch sollte es dem Verfasser uicht entgangen sein, daß in der Slo¬ wakei im Monat Oktober 1848 Mehrere von Hurbans Bande hingerichtet wurden. Zweien dieser Executionen hat Schreiber dieser Zeilen bei der Festung Leopold- stadt selbst beigewohnt, und weiß aus der zuverlässigsten Quelle, daß in dieser Zeit auch in N-Ld-is und an andern Punkten der Slowakei einzelne Hurbanisten hingerichtet wurden. Ob diese Executionen in den Pesther Blättern mitgetheilt wurden, kann ich, da ich damals fern von der Hauptstadt lebte, uicht mit Gewi߬ heit angeben; das Faktum aber ist richtig. Endlich ist es aller Welt bekannt, daß in Siebenbürgen, bevor Bem das Commando in dieser Provinz übernahm, meh¬ rere Walachen gehenkt wurden. Ich glaube der Wahrheit keinen Zwang anzu¬ thun, wenn ich die Zahl der Unglücklichen, welche unter der ungarischen Negierung am Hochgericht starben, ans 40— 50 angebe. Sollte es wirklich nöthig erscheinen zwischen der Handlungsweise der ungari¬ schen Regierung und Haynan's eine Parallele aufzustellen, so finden wir wahrlich ganz andere Gesichtspunkte als die Zahlen, um diese wie Recht von Unrecht, Him¬ mel von Hölle zu unterscheide«. Vor Allem waren die Meisten von Jenen, welche durch die ungarische Regie¬ rung oder deren Organe hingerichtet wurden, durchaus keine potiti scheu Ver¬ brecher, souderu meist solche, welche die Fahne der Loyalität ergriffen, um unter derselben rauben, morden, schänden und im wörtlichen Sinne des Worts schinden zu können. Ich will die „Opfer, welche unter dem Henkerbeile des ungarischen Terrorismus verblutet sind," zwar nicht wie Haynau fordert, nach Zahl und Na¬ men, aber ihrem Charakter und Handwerk nach dem Publikum vorführen. Was die in Pesel) Hingerichteten 5 Individuen betrifft, so ist ihr Conduiten-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/516>, abgerufen am 15.06.2024.