Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.Rausch von Wem und Wuth keine menschliche Scheu gefühlt. Wir müssen es Doch dies war Alles noch nicht genug. -- Am 9. August Nachmittag ertönte So wurde die Zerstörung vou Losoncz gefeiert. Tags darauf wurden die Losonczer ins Hauptquartier berufen, wo ihnen per Wir wollen hier nicht versuchen, das Elend der Einwohnernach ihrer Rück¬ Grcuzbotc", Ul.
Rausch von Wem und Wuth keine menschliche Scheu gefühlt. Wir müssen es Doch dies war Alles noch nicht genug. -- Am 9. August Nachmittag ertönte So wurde die Zerstörung vou Losoncz gefeiert. Tags darauf wurden die Losonczer ins Hauptquartier berufen, wo ihnen per Wir wollen hier nicht versuchen, das Elend der Einwohnernach ihrer Rück¬ Grcuzbotc», Ul.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0457" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280544"/> <p xml:id="ID_1207" prev="#ID_1206"> Rausch von Wem und Wuth keine menschliche Scheu gefühlt. Wir müssen es<lb/> hier zum Lobe einiger Officiere, Nichtrnssen, erwähnen, daß sie bei dem Anblick<lb/> der schändlichsten Ausschweifungen ihrer Kameraden, die sie umsonst zurückzuhalten<lb/> sich bemühten, .Thränen vergossen. Das Plündern dauerte -ITage; die<lb/> Straßen blieben während dessen abgesperrt, und die sich flüchten wollten, wurden<lb/> mit der Knute zurückgejagt, der auch Mehrere unterlagen. — Und was sie an<lb/> den Frauen begangen haben! . . . Jene Ungarische Hand soll verdorren, die es<lb/> je niederschreiben könnte!</p><lb/> <p xml:id="ID_1208"> Doch dies war Alles noch nicht genug. -- Am 9. August Nachmittag ertönte<lb/> die Feldmusik, und unter furchtbarem Gebrülle zogen die Kannibalen fast in jedes<lb/> einzelne Haus, und legten daselbst mit den zertrümmerten Möbeln Feuer an.<lb/> Patrouillen durchzogen die Stadt, und wenn Jemand beim Löschen getroffen<lb/> wurde, so büßte er es mit der Kunde; Mehrere wurden ins Feuer gejagt.. In<lb/> wenigen Minuten stand die ganze Stadt in einem Feuermeer, und das Heulen<lb/> des Windes, der die Flammen schürte, wurde nur von dem Brüllen und Fluchen<lb/> der Russen, von dem Biste» des herumirrenden HausvieheS und dem Winseln<lb/> der Hunde übertönt. — Gegen Abend wurde die Hitze so groß, daß die Russen<lb/> selbst nicht mehr in der Stadt bleiben konnten; sie trieben die Losonczer vor sich<lb/> her nach Apatfalva, wo die Nackten und Obdachlosen diese schauderhafte Nacht<lb/> zubrachten, während die siegestrunkenen Russen ihre Musikbanden spielen<lb/> ließen und die ganze Nacht hindurch schlemmten und jauchzten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1209"> So wurde die Zerstörung vou Losoncz gefeiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1210"> Tags darauf wurden die Losonczer ins Hauptquartier berufen, wo ihnen per<lb/> Kopf ein Commisbrod und zwei Gulden als „Entschädigung" ausgetheilt<lb/> wurde. Hieraus erschien ein Officier und sprach: „Ich habe über die Brand¬<lb/> legung in Losoncz eine strenge Untersuchung vorgenommen, und bin zu der Ge¬<lb/> wißheit gelangt, daß Eure Stadt uicht vou den Russen, sondern von in Bauern¬<lb/> tracht verkleideten Guerilla's in Brand gesteckt wurde." Nach diesem Hohn,<lb/> der vielleicht auf Russisch ein Witz heißen soll, wurden die Losonczer entlassen,<lb/> und die Russen verließen bald darauf die Gegeud, um in ihrer Heimath von ihren<lb/> glänzenden Siegen über die Ungarn zu erzählen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1211" next="#ID_1212"> Wir wollen hier nicht versuchen, das Elend der Einwohnernach ihrer Rück¬<lb/> kehr zu beschreiben, und wollen nur im Allgemeinen die Verluste dieser vor einigen<lb/> Tagen uoch so blühenden Stadt angeben. Von S00 Häusern, welche die Schwe¬<lb/> sterstädte Lvsvucz-Tugar zählten, waren nicht mehr als 40 in Gärten und äußer¬<lb/> sten Stadtwinkeln geblieben; die übrigen waren, da sie größten Theils von innen<lb/> «"gezündet wurden, bis aus den Grund zerstört; von 6000 Einwohnern fanden<lb/> steh nur 1400 zusammen, die übrigen waren zerstreut und zogen bettelnd im Lande<lb/> umher; im Orte war kein Stück Brod, kein Korn Frucht, kein Leinenlappen ge¬<lb/> blieben. An öffentlichen Gebäuden wurden die Kirchen dreier Konfessionen M-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcuzbotc», Ul.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0457]
Rausch von Wem und Wuth keine menschliche Scheu gefühlt. Wir müssen es
hier zum Lobe einiger Officiere, Nichtrnssen, erwähnen, daß sie bei dem Anblick
der schändlichsten Ausschweifungen ihrer Kameraden, die sie umsonst zurückzuhalten
sich bemühten, .Thränen vergossen. Das Plündern dauerte -ITage; die
Straßen blieben während dessen abgesperrt, und die sich flüchten wollten, wurden
mit der Knute zurückgejagt, der auch Mehrere unterlagen. — Und was sie an
den Frauen begangen haben! . . . Jene Ungarische Hand soll verdorren, die es
je niederschreiben könnte!
Doch dies war Alles noch nicht genug. -- Am 9. August Nachmittag ertönte
die Feldmusik, und unter furchtbarem Gebrülle zogen die Kannibalen fast in jedes
einzelne Haus, und legten daselbst mit den zertrümmerten Möbeln Feuer an.
Patrouillen durchzogen die Stadt, und wenn Jemand beim Löschen getroffen
wurde, so büßte er es mit der Kunde; Mehrere wurden ins Feuer gejagt.. In
wenigen Minuten stand die ganze Stadt in einem Feuermeer, und das Heulen
des Windes, der die Flammen schürte, wurde nur von dem Brüllen und Fluchen
der Russen, von dem Biste» des herumirrenden HausvieheS und dem Winseln
der Hunde übertönt. — Gegen Abend wurde die Hitze so groß, daß die Russen
selbst nicht mehr in der Stadt bleiben konnten; sie trieben die Losonczer vor sich
her nach Apatfalva, wo die Nackten und Obdachlosen diese schauderhafte Nacht
zubrachten, während die siegestrunkenen Russen ihre Musikbanden spielen
ließen und die ganze Nacht hindurch schlemmten und jauchzten.
So wurde die Zerstörung vou Losoncz gefeiert.
Tags darauf wurden die Losonczer ins Hauptquartier berufen, wo ihnen per
Kopf ein Commisbrod und zwei Gulden als „Entschädigung" ausgetheilt
wurde. Hieraus erschien ein Officier und sprach: „Ich habe über die Brand¬
legung in Losoncz eine strenge Untersuchung vorgenommen, und bin zu der Ge¬
wißheit gelangt, daß Eure Stadt uicht vou den Russen, sondern von in Bauern¬
tracht verkleideten Guerilla's in Brand gesteckt wurde." Nach diesem Hohn,
der vielleicht auf Russisch ein Witz heißen soll, wurden die Losonczer entlassen,
und die Russen verließen bald darauf die Gegeud, um in ihrer Heimath von ihren
glänzenden Siegen über die Ungarn zu erzählen.
Wir wollen hier nicht versuchen, das Elend der Einwohnernach ihrer Rück¬
kehr zu beschreiben, und wollen nur im Allgemeinen die Verluste dieser vor einigen
Tagen uoch so blühenden Stadt angeben. Von S00 Häusern, welche die Schwe¬
sterstädte Lvsvucz-Tugar zählten, waren nicht mehr als 40 in Gärten und äußer¬
sten Stadtwinkeln geblieben; die übrigen waren, da sie größten Theils von innen
«"gezündet wurden, bis aus den Grund zerstört; von 6000 Einwohnern fanden
steh nur 1400 zusammen, die übrigen waren zerstreut und zogen bettelnd im Lande
umher; im Orte war kein Stück Brod, kein Korn Frucht, kein Leinenlappen ge¬
blieben. An öffentlichen Gebäuden wurden die Kirchen dreier Konfessionen M-
Grcuzbotc», Ul.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |