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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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gelesen, weinen sagte ich. Und warum nicht, wer wird jetzt noch naiv und
K"u iznt'mU, genug sein, sich an einen Titel zu halten. Die französische
Republik hat ihre demokratische Aufgabe sehr gut gelöst, sie hat uns die Vor¬
urtheile der Titel radical anScurirt. Die weinerlichen Stücke in den genannten
drei Theatern sind von Michel Masson und von anderen Menschenkindern. Wem
Trauer nicht genügt, der möge ius Gymuase gehen an Tagen, wo das alte Ne-
Pertoir der Rose Chi-ri an der Tagesordnung ist, da kaun er Lungensnchten und
Nervositäten aller Gattungen auswählen. Jetzt hat die liebenswürdige Schau¬
spielerin eine gesunde Rolle bekommen, die ihr Alfred de Musset zum Geschenke
wachte, und siehe! die .Kritik findet die Rose Chori krank. Ist das nicht die
Tyroler Kropsgeschichte? In den VariÄvs hat man die Sentimentalität des
Ghmnase beneidet, und seit die schönen Waden und kurzen Röcke der californi-
schen Vaudeville's keine Minen, und Equivoqnen oder vielmehr ganz gegentheilige
Apropos keine Goldwerke mehr sein wollen, hat man alle Säule (Pluralis von Saul)
ausgeschickt, um einen sentimentalen Esel zu suchen. Der (5sel war auch dies
Mal ein König, oder vielmehr der Esel fand einen Diamanten---Mignon.
-^ir schaudert vor dem Gedanken, dieses reizende Gewebe aus dem Jugendträume
eines Genies von den rohen, gemeinen, succeSsucheudeu Händen der Pariser
Boulevards angetastet zu sehen. Gretchen mußte dieser Barbarei bereits zum
Dpfer fallen, nun kommt die Reihe an Mignon. Mignon im Vaudeville! wahr¬
scheinlich als tugendhafte brustkrauke Grisette -- das ist curios genug, und ich
>vürde mich schon zufrieden geben, wenn es nur komisch bliebe.

Der neue Saal von BartlMemy wird zu volküthumlicheu Concerten und zu
Urseelen- oder lorettenthümlichen Bällen verwendet. Der Eigenthümer und Er-
fuider konnte keine andere Unterstützung finden. -- Die Regierung und die reichen
Künstler kehrten ihm vornehm den Rücken, und nnn ist er g.ezwuugeu, bei
der Ka" Kowo vmuv ävs I."r<zUo" und bei den voucluotiörv" auf den Borke-
"^rds um das Almosen ihrer kleinen Füße zu betteln. Wenigstens wird der Saal
s° bekannt und die Volksconcerte, die CtM und Berlioz dirigiren, sind eine gute
Neuerung. Weil wir von Neuerungen sprechen, soll anch der genialen Kaffee-
siederidee Erwähnung geschehen, den Gästen für jeden Frank Consumtion einen
B"ud Literatur als Prämie ausfolgen zu lassen. Ich finde das sehr ungeschickt;
Schriftsteller sollten vielmehr jedem Leser eine Tasse Kaffee anbieten, das wäre
^eckmäßiger. Die drolligen Franzosen! statt ihre Garyons zu bezahlen, bezahlen
sie die Gäste, Und wie die armen Garens nun zu unwillkürlichen Bnchersammleru
werden müssen! Was kann ich zum Beispiel mit^Cassaignac's Brochüren macheu, als
s'e dein Gar^on zum Geschenke geben? Diese neue Erfindung wird keinen Beifall hier
^ben, eben so wenig als eine sehr alte des lieben Herrgotts, nämlich die Chinesen
""d Chinesinnen als Lockvögel in Paris, trotz ihrer ckleinen Füße und großen


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gelesen, weinen sagte ich. Und warum nicht, wer wird jetzt noch naiv und
K»u iznt'mU, genug sein, sich an einen Titel zu halten. Die französische
Republik hat ihre demokratische Aufgabe sehr gut gelöst, sie hat uns die Vor¬
urtheile der Titel radical anScurirt. Die weinerlichen Stücke in den genannten
drei Theatern sind von Michel Masson und von anderen Menschenkindern. Wem
Trauer nicht genügt, der möge ius Gymuase gehen an Tagen, wo das alte Ne-
Pertoir der Rose Chi-ri an der Tagesordnung ist, da kaun er Lungensnchten und
Nervositäten aller Gattungen auswählen. Jetzt hat die liebenswürdige Schau¬
spielerin eine gesunde Rolle bekommen, die ihr Alfred de Musset zum Geschenke
wachte, und siehe! die .Kritik findet die Rose Chori krank. Ist das nicht die
Tyroler Kropsgeschichte? In den VariÄvs hat man die Sentimentalität des
Ghmnase beneidet, und seit die schönen Waden und kurzen Röcke der californi-
schen Vaudeville's keine Minen, und Equivoqnen oder vielmehr ganz gegentheilige
Apropos keine Goldwerke mehr sein wollen, hat man alle Säule (Pluralis von Saul)
ausgeschickt, um einen sentimentalen Esel zu suchen. Der (5sel war auch dies
Mal ein König, oder vielmehr der Esel fand einen Diamanten---Mignon.
-^ir schaudert vor dem Gedanken, dieses reizende Gewebe aus dem Jugendträume
eines Genies von den rohen, gemeinen, succeSsucheudeu Händen der Pariser
Boulevards angetastet zu sehen. Gretchen mußte dieser Barbarei bereits zum
Dpfer fallen, nun kommt die Reihe an Mignon. Mignon im Vaudeville! wahr¬
scheinlich als tugendhafte brustkrauke Grisette — das ist curios genug, und ich
>vürde mich schon zufrieden geben, wenn es nur komisch bliebe.

Der neue Saal von BartlMemy wird zu volküthumlicheu Concerten und zu
Urseelen- oder lorettenthümlichen Bällen verwendet. Der Eigenthümer und Er-
fuider konnte keine andere Unterstützung finden. — Die Regierung und die reichen
Künstler kehrten ihm vornehm den Rücken, und nnn ist er g.ezwuugeu, bei
der Ka« Kowo vmuv ävs I.»r<zUo» und bei den voucluotiörv» auf den Borke-
"^rds um das Almosen ihrer kleinen Füße zu betteln. Wenigstens wird der Saal
s° bekannt und die Volksconcerte, die CtM und Berlioz dirigiren, sind eine gute
Neuerung. Weil wir von Neuerungen sprechen, soll anch der genialen Kaffee-
siederidee Erwähnung geschehen, den Gästen für jeden Frank Consumtion einen
B"ud Literatur als Prämie ausfolgen zu lassen. Ich finde das sehr ungeschickt;
Schriftsteller sollten vielmehr jedem Leser eine Tasse Kaffee anbieten, das wäre
^eckmäßiger. Die drolligen Franzosen! statt ihre Garyons zu bezahlen, bezahlen
sie die Gäste, Und wie die armen Garens nun zu unwillkürlichen Bnchersammleru
werden müssen! Was kann ich zum Beispiel mit^Cassaignac's Brochüren macheu, als
s'e dein Gar^on zum Geschenke geben? Diese neue Erfindung wird keinen Beifall hier
^ben, eben so wenig als eine sehr alte des lieben Herrgotts, nämlich die Chinesen
""d Chinesinnen als Lockvögel in Paris, trotz ihrer ckleinen Füße und großen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/321>, abgerufen am 30.04.2024.