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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Gärtner Hvnld, ein Engländer, ihn ans der Reift begleiten mußte, um ange¬
nehme Gegenden, welche zu Ruhepunkten ausersehen waren, sogleich gartenmäßig
zu verschönern, -- In Polen verdankt die Gartenkunst der kunstsinnigen Fürstin
Czartvryiska, geb. Gräfin Flemming, sast allein ihren Aufschwung. Diese
geistreiche Dame verschönerte ihren Landsitz Pulawy an der Weichsel nach eige¬
nen Ideen, ertheilte oftmals Rath bei der Anlage vou LandschaftSgärten, und
gab später ein schätzbares Werk über LandschaftSgarteukuust in polnischer Sprache
heraus. Villa "cnve, der Garten des Grafen von Potocki, wurde eben¬
falls nach Angabe der Fürstin CzartoryiSka angelegt, und ihr Ruf war in
dieser Hinsicht so ausgebreitet, daß Ablx- De Lille ihren Garten in seinem
bekannten Gedichte besang. -- Nach der pyrenäischen Halbinsel verirrte sich der
neue Styl gar nicht, und er hat bis jetzt nnr an einigen Seeplätzen Eingang
gefunden, wo er durch fremde Kaufleute eingeführt worden ist.

Im Allgemeinen war der Stand der Gartenkunst am Schlüsse des Jahr¬
hunderts leider nicht, wie man es hätte erwarten tonnen, nachdem man ü0 Jahre
^ng Fehler begangen hatte. Man war nicht einmal so weit gekommen, daß es
feste Grundsätze gab, obschon viel -- zu viel über diese Kunst geschrieben wor¬
den. Hirschfeld und die besseren ausländischen Schriftsteller wurden oft mißver¬
standen und von anderen ähnlichen Schriften so überfluthet, daß man das Gute
davon uicht gewahr wurde. Und doch sind in dieser Übergangsperiode die meisten
vorhandenen Landschaftsgärtcu angelegt, und es ist daher uicht zu verwundern,
daß kein einziger als ein wirkliches, selbstständiges Kunstwerk dasteht. In Deutsch¬
land wollte man hauptsächlich Waldpartien, und in Waldgegenden war es daher
^icht, einen sogenannten Park anzulegen. Die seltsamsten Muster wurden am
"'eisten nachgeahmt, und aus diesem Grunde wurde der sonst manches Gute ent¬
haltende damals berühmte Park von Wörlitz bei Dessau wahrhaft schädlich für
den Geschmack, weil alle romantischen Ueberladnngen und Tändeleien desselben
"n Kleinen noch viel abgeschmackter erschiene". Ein großer Mißbrauch wurde
ferner mit den in der letzten Hälfte deö Jahrhunderts in großer Menge einge¬
führten fremden Holzarten getrieben. Anstatt nur die schönsten Formen auf eine
Malerische Weise zusammenzustellen, pflanzte man alles fremde Gehölz, das man
uur habhaft werden konnte. Besonders wurden die leicht anzuziehenden Strau-
ch°r in ungeheuren plumpen Massen gepflanzt, so daß sie durchaus unfähig
waren, eine malerische Wirkung hervorbringen, und den einzigen Vortheil hatten,
deu Fasanen, die damals selten i" einem Garten fehlten, dichte Schlupfwinkel
5" gewähren. Diese Unsitte führte zugleich die Vernachlässigung der einheimischen
schonen Bäume herbei. Diejenigen, welche über die Gartenkunst schrieben und
sie ausübte", waren Professoren, Maler, Architekten, Dichter u. f. w., welche
kaum einen Begriff von der Natur der dabei zu verwendenden Gewächse hatten,
während die ausführenden Gärtner von der Kunst nichts wußten. (Schluß f^ge,>




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Gärtner Hvnld, ein Engländer, ihn ans der Reift begleiten mußte, um ange¬
nehme Gegenden, welche zu Ruhepunkten ausersehen waren, sogleich gartenmäßig
zu verschönern, — In Polen verdankt die Gartenkunst der kunstsinnigen Fürstin
Czartvryiska, geb. Gräfin Flemming, sast allein ihren Aufschwung. Diese
geistreiche Dame verschönerte ihren Landsitz Pulawy an der Weichsel nach eige¬
nen Ideen, ertheilte oftmals Rath bei der Anlage vou LandschaftSgärten, und
gab später ein schätzbares Werk über LandschaftSgarteukuust in polnischer Sprache
heraus. Villa »cnve, der Garten des Grafen von Potocki, wurde eben¬
falls nach Angabe der Fürstin CzartoryiSka angelegt, und ihr Ruf war in
dieser Hinsicht so ausgebreitet, daß Ablx- De Lille ihren Garten in seinem
bekannten Gedichte besang. — Nach der pyrenäischen Halbinsel verirrte sich der
neue Styl gar nicht, und er hat bis jetzt nnr an einigen Seeplätzen Eingang
gefunden, wo er durch fremde Kaufleute eingeführt worden ist.

Im Allgemeinen war der Stand der Gartenkunst am Schlüsse des Jahr¬
hunderts leider nicht, wie man es hätte erwarten tonnen, nachdem man ü0 Jahre
^ng Fehler begangen hatte. Man war nicht einmal so weit gekommen, daß es
feste Grundsätze gab, obschon viel — zu viel über diese Kunst geschrieben wor¬
den. Hirschfeld und die besseren ausländischen Schriftsteller wurden oft mißver¬
standen und von anderen ähnlichen Schriften so überfluthet, daß man das Gute
davon uicht gewahr wurde. Und doch sind in dieser Übergangsperiode die meisten
vorhandenen Landschaftsgärtcu angelegt, und es ist daher uicht zu verwundern,
daß kein einziger als ein wirkliches, selbstständiges Kunstwerk dasteht. In Deutsch¬
land wollte man hauptsächlich Waldpartien, und in Waldgegenden war es daher
^icht, einen sogenannten Park anzulegen. Die seltsamsten Muster wurden am
"'eisten nachgeahmt, und aus diesem Grunde wurde der sonst manches Gute ent¬
haltende damals berühmte Park von Wörlitz bei Dessau wahrhaft schädlich für
den Geschmack, weil alle romantischen Ueberladnngen und Tändeleien desselben
"n Kleinen noch viel abgeschmackter erschiene». Ein großer Mißbrauch wurde
ferner mit den in der letzten Hälfte deö Jahrhunderts in großer Menge einge¬
führten fremden Holzarten getrieben. Anstatt nur die schönsten Formen auf eine
Malerische Weise zusammenzustellen, pflanzte man alles fremde Gehölz, das man
uur habhaft werden konnte. Besonders wurden die leicht anzuziehenden Strau-
ch°r in ungeheuren plumpen Massen gepflanzt, so daß sie durchaus unfähig
waren, eine malerische Wirkung hervorbringen, und den einzigen Vortheil hatten,
deu Fasanen, die damals selten i» einem Garten fehlten, dichte Schlupfwinkel
5« gewähren. Diese Unsitte führte zugleich die Vernachlässigung der einheimischen
schonen Bäume herbei. Diejenigen, welche über die Gartenkunst schrieben und
sie ausübte», waren Professoren, Maler, Architekten, Dichter u. f. w., welche
kaum einen Begriff von der Natur der dabei zu verwendenden Gewächse hatten,
während die ausführenden Gärtner von der Kunst nichts wußten. (Schluß f^ge,>




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[0343] Gärtner Hvnld, ein Engländer, ihn ans der Reift begleiten mußte, um ange¬ nehme Gegenden, welche zu Ruhepunkten ausersehen waren, sogleich gartenmäßig zu verschönern, — In Polen verdankt die Gartenkunst der kunstsinnigen Fürstin Czartvryiska, geb. Gräfin Flemming, sast allein ihren Aufschwung. Diese geistreiche Dame verschönerte ihren Landsitz Pulawy an der Weichsel nach eige¬ nen Ideen, ertheilte oftmals Rath bei der Anlage vou LandschaftSgärten, und gab später ein schätzbares Werk über LandschaftSgarteukuust in polnischer Sprache heraus. Villa »cnve, der Garten des Grafen von Potocki, wurde eben¬ falls nach Angabe der Fürstin CzartoryiSka angelegt, und ihr Ruf war in dieser Hinsicht so ausgebreitet, daß Ablx- De Lille ihren Garten in seinem bekannten Gedichte besang. — Nach der pyrenäischen Halbinsel verirrte sich der neue Styl gar nicht, und er hat bis jetzt nnr an einigen Seeplätzen Eingang gefunden, wo er durch fremde Kaufleute eingeführt worden ist. Im Allgemeinen war der Stand der Gartenkunst am Schlüsse des Jahr¬ hunderts leider nicht, wie man es hätte erwarten tonnen, nachdem man ü0 Jahre ^ng Fehler begangen hatte. Man war nicht einmal so weit gekommen, daß es feste Grundsätze gab, obschon viel — zu viel über diese Kunst geschrieben wor¬ den. Hirschfeld und die besseren ausländischen Schriftsteller wurden oft mißver¬ standen und von anderen ähnlichen Schriften so überfluthet, daß man das Gute davon uicht gewahr wurde. Und doch sind in dieser Übergangsperiode die meisten vorhandenen Landschaftsgärtcu angelegt, und es ist daher uicht zu verwundern, daß kein einziger als ein wirkliches, selbstständiges Kunstwerk dasteht. In Deutsch¬ land wollte man hauptsächlich Waldpartien, und in Waldgegenden war es daher ^icht, einen sogenannten Park anzulegen. Die seltsamsten Muster wurden am "'eisten nachgeahmt, und aus diesem Grunde wurde der sonst manches Gute ent¬ haltende damals berühmte Park von Wörlitz bei Dessau wahrhaft schädlich für den Geschmack, weil alle romantischen Ueberladnngen und Tändeleien desselben "n Kleinen noch viel abgeschmackter erschiene». Ein großer Mißbrauch wurde ferner mit den in der letzten Hälfte deö Jahrhunderts in großer Menge einge¬ führten fremden Holzarten getrieben. Anstatt nur die schönsten Formen auf eine Malerische Weise zusammenzustellen, pflanzte man alles fremde Gehölz, das man uur habhaft werden konnte. Besonders wurden die leicht anzuziehenden Strau- ch°r in ungeheuren plumpen Massen gepflanzt, so daß sie durchaus unfähig waren, eine malerische Wirkung hervorbringen, und den einzigen Vortheil hatten, deu Fasanen, die damals selten i» einem Garten fehlten, dichte Schlupfwinkel 5« gewähren. Diese Unsitte führte zugleich die Vernachlässigung der einheimischen schonen Bäume herbei. Diejenigen, welche über die Gartenkunst schrieben und sie ausübte», waren Professoren, Maler, Architekten, Dichter u. f. w., welche kaum einen Begriff von der Natur der dabei zu verwendenden Gewächse hatten, während die ausführenden Gärtner von der Kunst nichts wußten. (Schluß f^ge,> i3*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/343>, abgerufen am 08.05.2024.