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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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andern Geschlechte angehört, scheint mir weniger geeignet, als wenn man dem
ersten Zollern, Burggraf Friedrich von Nürnberg, als zweiten Vorfahren die Ge¬
stalt Joachims des Zweiten, der die Kirchenreformation in Brandenburg einführte,
zur Seite gestellt hätte. Die beiden Könige konnten natürlich nur Friedrich der
Erste und Friedrich Wilhelm der Erste sein. Indessen da Albrecht der Bär als
Gründer Berlins betrachtet wird, so wollen wir ihm die Ehre nicht mißgönnen.
Er sieht in seinem malerischen Costum mit Sturmhaube und Schuppenpanzer, die
Rechte an der Lanze, die Linke über dem am Fuße ruhenden Schilde, überdies
stattlich genug aus. Sein Nachbar Friedrich trägt den Kurfürstenhut und das
'Schwert, mit welchem er den widerspenstigen Märkischen Adel zu Paaren trieb.
Der erste König, eine feine, mit Sorgfalt und Luxus gekleidete Gestalt, hält das
neu errungene Scepter und bildet einen entschiedenen Contrast zu der breiten Figur
Friedrich Wilhelms des Ersten, der sich ans seinen bekannten langen Spazierstock
stützt, dasselbe Instrument, welches er nicht selten als väterlich strafender Execntvr
höchst eigenhändig auf dem Rücken seiner Unterthanen probirte.

Diese vier Gestalten sollen in Marmor ausgeführt und die Flächen der aus
Stein zu errichtenden Pfeiler mit eingelegten Marmor-Reliefs geschmückt werden,
deren Gegenstände zu deu Statuen in geschichtlicher Beziehung stehen. Für dies¬
mal war die Malerei für die Sculptur eingetreten und hatte auf dem Leinwand-
Ueberzuge der Pfeiler die Reliefs grau in gran durch die Farbe hergestellt. Die
Form der Pfeiler, welche der treffliche Architekt Hvfbaurath Strack entworfen,
zeugt von künstlerischem Geschmack, nnr sind sie, wie gesagt, viel zu hoch, indem
sie die Reiterstatue um zehn Fuß überragen. Weder in der Idee ist es gerecht¬
fertigt, daß die vier Vorfahren ihren großen Enkel so -tief unter sich lassen, noch
kann es ästhetisch gebilligt werden, daß das Beiwerk dem Ange sich in so wenig
bescheidener Weise aufdrängt. Auch nisten die in ihrem historischen Costum
charaktervoll dargestellten Brandenburgisch-Preußischen Fürsten gleich Orientalischen
Säulenheiligen ans ihren fünfzig Fuß hohen Pfeilern. Wie ich höre, hat die
Probe diesen Fehler so allseitig erkennen lassen, daß eine Verkleinerung der Pfeiler,
so wie ein weiteres Zurückstellen derselben, bereits beschlossen ist. Unter solcher
Abänderung wird ein wirklich zweckmäßiger und schöner Abschluß des großen
plastischen Gemäldes erreicht werden.

,Um den Mittelpunkt dieses Gemäldes, das Rauch'sche Denkmal, bewegt sich
unausgesetzt eine Schaar von Betrachtenden aus der Heimath wie aus der Fremde,
und in der That, das Wunderwerk ist einer Wallfahrt werth. Es bedürfte der
Lust, des freien Himmels, der archirektonisch großen Umgebung, um in seiner
ganzen Schönheit gewürdigt werden zu können. Die Riesengröße seiner Formen
faßt sich hier zu eiuer zwar großartigen, aber durch die Harmonie aller Theile
maßvollen Einheit zusammen. Der dunkelfarbige Granit des Sockels bildet zu
dem leuchtenden Erz einen kräftigen Gegensatz, der dnrch das nachdunkeln des


andern Geschlechte angehört, scheint mir weniger geeignet, als wenn man dem
ersten Zollern, Burggraf Friedrich von Nürnberg, als zweiten Vorfahren die Ge¬
stalt Joachims des Zweiten, der die Kirchenreformation in Brandenburg einführte,
zur Seite gestellt hätte. Die beiden Könige konnten natürlich nur Friedrich der
Erste und Friedrich Wilhelm der Erste sein. Indessen da Albrecht der Bär als
Gründer Berlins betrachtet wird, so wollen wir ihm die Ehre nicht mißgönnen.
Er sieht in seinem malerischen Costum mit Sturmhaube und Schuppenpanzer, die
Rechte an der Lanze, die Linke über dem am Fuße ruhenden Schilde, überdies
stattlich genug aus. Sein Nachbar Friedrich trägt den Kurfürstenhut und das
'Schwert, mit welchem er den widerspenstigen Märkischen Adel zu Paaren trieb.
Der erste König, eine feine, mit Sorgfalt und Luxus gekleidete Gestalt, hält das
neu errungene Scepter und bildet einen entschiedenen Contrast zu der breiten Figur
Friedrich Wilhelms des Ersten, der sich ans seinen bekannten langen Spazierstock
stützt, dasselbe Instrument, welches er nicht selten als väterlich strafender Execntvr
höchst eigenhändig auf dem Rücken seiner Unterthanen probirte.

Diese vier Gestalten sollen in Marmor ausgeführt und die Flächen der aus
Stein zu errichtenden Pfeiler mit eingelegten Marmor-Reliefs geschmückt werden,
deren Gegenstände zu deu Statuen in geschichtlicher Beziehung stehen. Für dies¬
mal war die Malerei für die Sculptur eingetreten und hatte auf dem Leinwand-
Ueberzuge der Pfeiler die Reliefs grau in gran durch die Farbe hergestellt. Die
Form der Pfeiler, welche der treffliche Architekt Hvfbaurath Strack entworfen,
zeugt von künstlerischem Geschmack, nnr sind sie, wie gesagt, viel zu hoch, indem
sie die Reiterstatue um zehn Fuß überragen. Weder in der Idee ist es gerecht¬
fertigt, daß die vier Vorfahren ihren großen Enkel so -tief unter sich lassen, noch
kann es ästhetisch gebilligt werden, daß das Beiwerk dem Ange sich in so wenig
bescheidener Weise aufdrängt. Auch nisten die in ihrem historischen Costum
charaktervoll dargestellten Brandenburgisch-Preußischen Fürsten gleich Orientalischen
Säulenheiligen ans ihren fünfzig Fuß hohen Pfeilern. Wie ich höre, hat die
Probe diesen Fehler so allseitig erkennen lassen, daß eine Verkleinerung der Pfeiler,
so wie ein weiteres Zurückstellen derselben, bereits beschlossen ist. Unter solcher
Abänderung wird ein wirklich zweckmäßiger und schöner Abschluß des großen
plastischen Gemäldes erreicht werden.

,Um den Mittelpunkt dieses Gemäldes, das Rauch'sche Denkmal, bewegt sich
unausgesetzt eine Schaar von Betrachtenden aus der Heimath wie aus der Fremde,
und in der That, das Wunderwerk ist einer Wallfahrt werth. Es bedürfte der
Lust, des freien Himmels, der archirektonisch großen Umgebung, um in seiner
ganzen Schönheit gewürdigt werden zu können. Die Riesengröße seiner Formen
faßt sich hier zu eiuer zwar großartigen, aber durch die Harmonie aller Theile
maßvollen Einheit zusammen. Der dunkelfarbige Granit des Sockels bildet zu
dem leuchtenden Erz einen kräftigen Gegensatz, der dnrch das nachdunkeln des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/434>, abgerufen am 14.05.2024.