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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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mußte er eine Ausdauer und Arbeitswärme haben, wie sie außer Deutschland selten
gefunden wird. Es faud sich ein Mann, der diese Eigenschaften in hohem Grade
besaß, und es wird ziemen, ihn selbst vorzuführen, bevor seiue Entdeckungen ans
einem merkwürdigen Gebiete das Interesse des Lesers in Anspruch nehmen.

August Friedrich Pott wurde deu 14. November 1802 zu Nettelrede,
einem Dorfe des hannvver'schen Amtes Lanenau, wo sein Vater Prediger war,
geboren, verlor in früher Jugend seiue Aeltern, besuchte das Gymnasium zik
Hannover, von 1826 die Universität Göttingen, war von 182ü --1827
Kollaborator am Gymnasium zu Celle, ging von da nach Berlin, um unter Bopp
Sanskrit zu studiren, habilitirte sich dort, und wurde unmittelbar nach dem
Erscheinen seines bedeutenden Werkes: "Etymologische Forschungen" im Herbst
1833 außerordentlicher, 1839 ordentlicher Professor der allgemeinen Sprach¬
wissenschaft zu Halle, wo er noch jetzt lebt. Einfach und in regelmäßigem Ver¬
lauf gestaltete sich sein äußeres Leben, wie bei den meisten deutschen Gelehrten,
merkwürdig bewegt aber und vielseitig war seiue gelehrte Thätigkeit, und wol läßt
sich sagen, daß es wenig Menschenseelen giebt, deren Thätigkeit in so auffallenden,
seltenen und ungewöhnlichen Troffen mit solcher Wärme, Ausdauer und Gelehr-'
sanken sichtbar geworden ist. Er ist darin dem kühnsten Reisenden und dem
wagehalsigsten Abenteurer zu vergleichen, dessen Lebensgeschichte und Reisebe¬
richte jemals vou seinen Zeitgenossen mit Staunen und Verwunderung ver¬
nommen wurden.

Möge der bedeutende Gelehrte nicht zürnen, wenn dieses Blatt gerade seine
Thätigkeit beinahe, um den Lesern an einem Beispiel zu zeigen, was eine deutsche
Gelehrtenseele vou ihrer Studirstube aus für merkwürdige und höchst fruchtbare
Reisen in fremde Länder und längst vergangene Zeiten zu machen versteht. Und
wohl gemerkt, was er gearbeitet hat, sind nicht flüchtige Einfälle, leichtsinnige
Combinationen und glänzende, aber unsichere Perspectiven; sondern überall ist
festes, solides Detail; genaueste Verarbeitung von Einzelheiten, liebevolles Vertiefen
anch in das scheinbar Kleine und Feruliegeude, überall eine stupende Gelehrsam¬
keit und ein eiserner Fleiß.

Um von solcher Thätigkeit wenigstens eine Vorstellung zu geben, seien hier
seine gelehrten Arbeiten, die Früchte einer etwa 20jährigen literarischen Thätig¬
keit, aufgezählt:

Außer zahlreichen Recensionen in den Berliner und Halle'schen Jahrb.,
in der Allg. Lik. Zeit., die von ihm mehrere Jahre mit redigirt wurde, in
der Kieler Monatsschr., in Brockhaus Bl. f. lit. Unter!)., und außer zahl¬
reichen Abhandlungen in den vou Lassen, Höfer, Aufrecht-Kühn redigirten
Zeitschriften, so wie in der Ztschr. der deutsch-morgenl. G esellsch., in Ersch'
und Gruber's Encyclopädie u. f. w., und außer eiuer Promotions-
Dissertariou von 1827, in der er den Versuch machte, die räumlichen Bezie-


mußte er eine Ausdauer und Arbeitswärme haben, wie sie außer Deutschland selten
gefunden wird. Es faud sich ein Mann, der diese Eigenschaften in hohem Grade
besaß, und es wird ziemen, ihn selbst vorzuführen, bevor seiue Entdeckungen ans
einem merkwürdigen Gebiete das Interesse des Lesers in Anspruch nehmen.

August Friedrich Pott wurde deu 14. November 1802 zu Nettelrede,
einem Dorfe des hannvver'schen Amtes Lanenau, wo sein Vater Prediger war,
geboren, verlor in früher Jugend seiue Aeltern, besuchte das Gymnasium zik
Hannover, von 1826 die Universität Göttingen, war von 182ü —1827
Kollaborator am Gymnasium zu Celle, ging von da nach Berlin, um unter Bopp
Sanskrit zu studiren, habilitirte sich dort, und wurde unmittelbar nach dem
Erscheinen seines bedeutenden Werkes: „Etymologische Forschungen" im Herbst
1833 außerordentlicher, 1839 ordentlicher Professor der allgemeinen Sprach¬
wissenschaft zu Halle, wo er noch jetzt lebt. Einfach und in regelmäßigem Ver¬
lauf gestaltete sich sein äußeres Leben, wie bei den meisten deutschen Gelehrten,
merkwürdig bewegt aber und vielseitig war seiue gelehrte Thätigkeit, und wol läßt
sich sagen, daß es wenig Menschenseelen giebt, deren Thätigkeit in so auffallenden,
seltenen und ungewöhnlichen Troffen mit solcher Wärme, Ausdauer und Gelehr-'
sanken sichtbar geworden ist. Er ist darin dem kühnsten Reisenden und dem
wagehalsigsten Abenteurer zu vergleichen, dessen Lebensgeschichte und Reisebe¬
richte jemals vou seinen Zeitgenossen mit Staunen und Verwunderung ver¬
nommen wurden.

Möge der bedeutende Gelehrte nicht zürnen, wenn dieses Blatt gerade seine
Thätigkeit beinahe, um den Lesern an einem Beispiel zu zeigen, was eine deutsche
Gelehrtenseele vou ihrer Studirstube aus für merkwürdige und höchst fruchtbare
Reisen in fremde Länder und längst vergangene Zeiten zu machen versteht. Und
wohl gemerkt, was er gearbeitet hat, sind nicht flüchtige Einfälle, leichtsinnige
Combinationen und glänzende, aber unsichere Perspectiven; sondern überall ist
festes, solides Detail; genaueste Verarbeitung von Einzelheiten, liebevolles Vertiefen
anch in das scheinbar Kleine und Feruliegeude, überall eine stupende Gelehrsam¬
keit und ein eiserner Fleiß.

Um von solcher Thätigkeit wenigstens eine Vorstellung zu geben, seien hier
seine gelehrten Arbeiten, die Früchte einer etwa 20jährigen literarischen Thätig¬
keit, aufgezählt:

Außer zahlreichen Recensionen in den Berliner und Halle'schen Jahrb.,
in der Allg. Lik. Zeit., die von ihm mehrere Jahre mit redigirt wurde, in
der Kieler Monatsschr., in Brockhaus Bl. f. lit. Unter!)., und außer zahl¬
reichen Abhandlungen in den vou Lassen, Höfer, Aufrecht-Kühn redigirten
Zeitschriften, so wie in der Ztschr. der deutsch-morgenl. G esellsch., in Ersch'
und Gruber's Encyclopädie u. f. w., und außer eiuer Promotions-
Dissertariou von 1827, in der er den Versuch machte, die räumlichen Bezie-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/420>, abgerufen am 11.05.2024.