Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.unsre Ansicht bis auf die Worte wiedergegeben. Das könnten wir uns gefallen lassen, Schon aus diesem einzelnen Aufsatz kann man schließen, daß ein Mensch, der ein In den übrigen Aufsätzen finden sich neben dem haarsträubendsten Unsinn hin und Der Grundgedanke seines Buchs ist eine Polemik gegen die sogenannte gelehrte unsre Ansicht bis auf die Worte wiedergegeben. Das könnten wir uns gefallen lassen, Schon aus diesem einzelnen Aufsatz kann man schließen, daß ein Mensch, der ein In den übrigen Aufsätzen finden sich neben dem haarsträubendsten Unsinn hin und Der Grundgedanke seines Buchs ist eine Polemik gegen die sogenannte gelehrte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93854"/> <p xml:id="ID_1339" prev="#ID_1338"> unsre Ansicht bis auf die Worte wiedergegeben. Das könnten wir uns gefallen lassen,<lb/> wenn sich nicht dazwischen auch einzelne Redensarten fänden, die nicht die unsrigen sind,<lb/> oder vielmehr, in denen unsre Auffassung verdreht ist, z.B.: „In der Jnstrumentation<lb/> hat er viel Schönes, ja Herrliches, zum Theil selbst Neues gebracht, nur ist er auch<lb/> in den Fehler verfallen, daß er für unsre kleinen deutscheu Bühnen zu stark instrumen-<lb/> tirt, namentlich tritt seine Vorliebe für das Blech überall hervor, und die unausbleib¬<lb/> liche sicherste Folge ist und bleibt vollständige Ermattung des Hörers :c." Etwas<lb/> Aehnliches hatten wir allerdings gesagt, aber nicht in dieser unsinnigen Zusammenstel¬<lb/> lung und in dieser saloppen Form.</p><lb/> <p xml:id="ID_1340"> Schon aus diesem einzelnen Aufsatz kann man schließen, daß ein Mensch, der ein<lb/> fremdes Urtheil ohne alle Prüfung, ohne alle Kenntniß für das seinige ausgiebt, mit<lb/> der gleichen Gewissenlosigkeit auch in allen übrigen Fällen verfahren wird, und so finden<lb/> wir allerdings auch in den Aufsätzen über Marschner, Gabe und Schumann viele unsrer<lb/> eigenen Behauptungen ipsissimis verbis wieder,' nur daß nebenbei der würdige Aesthe¬<lb/> tiker auch auf uns stichelt, und daß er dazwischen auch einmal das Entgegengesetzte vor¬<lb/> bringt. In unsrem Aussatz über Schumann z. B. hatten wir vor allen Dingen die<lb/> große Bedeutung dieses Künstlers hervorzuheben gesucht, wenn wir auch gegen das,<lb/> was wir für seine Fehler hielten, nicht blind waren. Diese letzteren Aeußerungen adop-<lb/> tirt der Wohlbekannte, und kommt zu dem Resultat, daß Schumann ein ganz unbedeu¬<lb/> tender Musiker und nur durch eine malitiöse Journalistenclique berühmt geworden sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1341"> In den übrigen Aufsätzen finden sich neben dem haarsträubendsten Unsinn hin und<lb/> wieder einzelne Bemerkungen, die von Sachkenntniß zeugen und zuweilen ganz treffend<lb/> sind. Nach dem Vorhergehenden glauben wir wol nicht Unrecht zu thun, wenn wir<lb/> den Schluß machen, daß er auch diese irgendwo abgeschrieben baben wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1342" next="#ID_1343"> Der Grundgedanke seines Buchs ist eine Polemik gegen die sogenannte gelehrte<lb/> Musik. Er findet selbst von Mendelssohn, den er sonst gelten läßt, daß er durch das<lb/> entnervende Studium Bach'scher Fugen in einzelnen Kompositionen demoralisirt sei.<lb/> Bach sei nur für die Zopfzeit genießbar gewesen. Selbst Mozart habe dadurch schäd¬<lb/> lich gewirkt, daß er die spätere Verschwendung der Jnstrumentationsmittel veranlaßt<lb/> habe.. Haydn kommt am besten weg; er wird für das größte musikalische Genie erklärt.<lb/> Von Mozart werden einzelne Briefe angeführt, in denen nachgewiesen werden soll, daß<lb/> er immer auf den Effect gearbeitet habe, d. h. daß er in seinen Schöpfungen durch<lb/> die Meinungen des Publicums bestimmt worden sei. Das sei allein der richtige Weg<lb/> der Kunst, und gerade weil Meyerbeer diesen Weg eingeschlagen, sei er der größte Com-<lb/> ponist der neuern Zeit geworden, und weil Weber in seinem Freischütz nach den Be¬<lb/> dürfnissen des Publicums, in den anderen Opern dagegen nach seinen eigenen Ansichten<lb/> gearbeitet habe, seien die letzteren schlechter ausgefallen. Wie er auf Beethoven zu spre¬<lb/> chen kommt, vergißt er wieder, daß einige Seiten vorher Haydn das größte Genie<lb/> gewesen ist, jetzt steht vielmehr Beethoven „in der Musik so einzig, so vollendet, so<lb/> riesengroß da, wie in der Dichtkunst Shakespeare". Das sind die richtigen Phrasen<lb/> unsrer literarischen Jndustrieritter, die sich in den Tagesblättern über Musik vernehmen<lb/> lassen. — Wenn er aber die frühere Thätigkeit Beethoven's gelten läßt, so enthält nach ihm<lb/> die letzte Periode desselben eine Reihe beklagenswerther Verirrungen, die sich zwar durch seine<lb/> Taubheit und seine Hypochondrie entschuldigen lassen, die aber höchst ungerechter Weise<lb/> als Schönheiten dargestellt werden. Wer das thut, „der ist ein Heuchler oder Nicht-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
unsre Ansicht bis auf die Worte wiedergegeben. Das könnten wir uns gefallen lassen,
wenn sich nicht dazwischen auch einzelne Redensarten fänden, die nicht die unsrigen sind,
oder vielmehr, in denen unsre Auffassung verdreht ist, z.B.: „In der Jnstrumentation
hat er viel Schönes, ja Herrliches, zum Theil selbst Neues gebracht, nur ist er auch
in den Fehler verfallen, daß er für unsre kleinen deutscheu Bühnen zu stark instrumen-
tirt, namentlich tritt seine Vorliebe für das Blech überall hervor, und die unausbleib¬
liche sicherste Folge ist und bleibt vollständige Ermattung des Hörers :c." Etwas
Aehnliches hatten wir allerdings gesagt, aber nicht in dieser unsinnigen Zusammenstel¬
lung und in dieser saloppen Form.
Schon aus diesem einzelnen Aufsatz kann man schließen, daß ein Mensch, der ein
fremdes Urtheil ohne alle Prüfung, ohne alle Kenntniß für das seinige ausgiebt, mit
der gleichen Gewissenlosigkeit auch in allen übrigen Fällen verfahren wird, und so finden
wir allerdings auch in den Aufsätzen über Marschner, Gabe und Schumann viele unsrer
eigenen Behauptungen ipsissimis verbis wieder,' nur daß nebenbei der würdige Aesthe¬
tiker auch auf uns stichelt, und daß er dazwischen auch einmal das Entgegengesetzte vor¬
bringt. In unsrem Aussatz über Schumann z. B. hatten wir vor allen Dingen die
große Bedeutung dieses Künstlers hervorzuheben gesucht, wenn wir auch gegen das,
was wir für seine Fehler hielten, nicht blind waren. Diese letzteren Aeußerungen adop-
tirt der Wohlbekannte, und kommt zu dem Resultat, daß Schumann ein ganz unbedeu¬
tender Musiker und nur durch eine malitiöse Journalistenclique berühmt geworden sei.
In den übrigen Aufsätzen finden sich neben dem haarsträubendsten Unsinn hin und
wieder einzelne Bemerkungen, die von Sachkenntniß zeugen und zuweilen ganz treffend
sind. Nach dem Vorhergehenden glauben wir wol nicht Unrecht zu thun, wenn wir
den Schluß machen, daß er auch diese irgendwo abgeschrieben baben wird.
Der Grundgedanke seines Buchs ist eine Polemik gegen die sogenannte gelehrte
Musik. Er findet selbst von Mendelssohn, den er sonst gelten läßt, daß er durch das
entnervende Studium Bach'scher Fugen in einzelnen Kompositionen demoralisirt sei.
Bach sei nur für die Zopfzeit genießbar gewesen. Selbst Mozart habe dadurch schäd¬
lich gewirkt, daß er die spätere Verschwendung der Jnstrumentationsmittel veranlaßt
habe.. Haydn kommt am besten weg; er wird für das größte musikalische Genie erklärt.
Von Mozart werden einzelne Briefe angeführt, in denen nachgewiesen werden soll, daß
er immer auf den Effect gearbeitet habe, d. h. daß er in seinen Schöpfungen durch
die Meinungen des Publicums bestimmt worden sei. Das sei allein der richtige Weg
der Kunst, und gerade weil Meyerbeer diesen Weg eingeschlagen, sei er der größte Com-
ponist der neuern Zeit geworden, und weil Weber in seinem Freischütz nach den Be¬
dürfnissen des Publicums, in den anderen Opern dagegen nach seinen eigenen Ansichten
gearbeitet habe, seien die letzteren schlechter ausgefallen. Wie er auf Beethoven zu spre¬
chen kommt, vergißt er wieder, daß einige Seiten vorher Haydn das größte Genie
gewesen ist, jetzt steht vielmehr Beethoven „in der Musik so einzig, so vollendet, so
riesengroß da, wie in der Dichtkunst Shakespeare". Das sind die richtigen Phrasen
unsrer literarischen Jndustrieritter, die sich in den Tagesblättern über Musik vernehmen
lassen. — Wenn er aber die frühere Thätigkeit Beethoven's gelten läßt, so enthält nach ihm
die letzte Periode desselben eine Reihe beklagenswerther Verirrungen, die sich zwar durch seine
Taubheit und seine Hypochondrie entschuldigen lassen, die aber höchst ungerechter Weise
als Schönheiten dargestellt werden. Wer das thut, „der ist ein Heuchler oder Nicht-
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