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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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über ihre ungemein große Giftigkeit sehr übertrieben sind. Aehnlich mag es sich
mit den Tarantelspinnen verhalten, die ich ebenfalls häufig angetroffen habe;
nie jedoch ist mir Etwas von einer Vergiftung zu Ohren gekommen.

Wölfe habe ich in Texas nur gehört, niemals aber einen zu Gesicht be¬
kommen; eben so habe ich nie einen Bär gesehen, ja nicht einmal Bärentatzen
gegessen; soviel weiß ich nur, daß sie in einigen Gegenden gar nicht selten sind,
und daß sie namentlich in der Zeit, wo das Maiskorn reif wird, denjenigen
Farmern, deren Felder in der Nachbarschaft von Wäldern liegen, als Korndiebe
nicht unbeträchtlichen Schaden zufügen. Eben so wenig habe ich Abenteuer mit
anderen größeren Raubthieren erlebt. Einer meiner Bekannten versicherte mir,
daß er einmal einem Panther von der Größe eines halbjährigen Kalbes begegnet
sei; beide hatten einander sehr gefürchtet, und beide wären glücklich gewesen, so
wohlfeilen Kaufes davou zu kommen. Von dieser Erzählung halte ich nur soviel
für richtig, daß es in Texas verschiedene Kak^marter giebt; in Bezug auf die
Angabe der Größe mag aber wol die Phantasie ein Stückchen gespielt haben.

In hohem Ansehen steht in Texas ein Raubvogel, der '1'arliv.y Lu/.?in'Ä
oder Aasgeier; er ist von schwarzer Farbe und vou der Größe eines Trnthcchns,
nur daß die Füße etwas kürzer siud. Diese Vögel leben meist in großen Gesell¬
schaften vereinigt, und reinigen das Laud von allem gestorbenen Vieh; da sie nie ver¬
folgt werden, so sind sie nicht scheu, und halten sich sogar in der dichten Nachbarschaft
von Städten auf, wo sie mit den Schweinen gemeinschaftlich ihre Bente theilen.

Die wilden Truthühner ('1url<op), welche sich in Texas in großer Menge
finden, haben eine graubraune Farbe, und sind neben deu Hirschen der Haupt-
gegenstand der Jagd. Doch nicht jeder Farmer ist Jäger; denn Jagen erfordert
viel Zeit, und Zeit ist für Den, welcher seinen Lebensunterhalt erarbeiten muß,
theuer; zudem findet man das Pulver uicht auf der Prairie, und mancher Farmer
hat seine Büchse oder seine Vogelflinte verkauft, um einige Thaler baares Geld
zu erhalten, da in den ersten Jahren viele Ausgaben den Geldbeutel in Anspruch
nehmen, und die Einnahmen höchst spärlich sind oder vielleicht ganz wegfallen.
Bisweilen säugt mau die Truthühner, da sie sich überhaupt nicht durch einen
hohen Grad von Klugheit auszeichnen, in Fallen. Einige Male traf ich alte
Truthennen mit Jungen an, konnte aber nicht einmal die Jungen in meine Ge¬
walt bekommen, da sie sich auf die nächsten Bäume flüchteten, und da ich nicht
mit einer Flinte versehen war. Außer Truthühner" trifft man noch häufig als
Gegenstände der Jagd Prairiehühner, die unsrem Rebhühnern an Farbe und Ge¬
stalt und unsren Haushühnern an Größe nahe stehen, Hasen, Kaninchen und
Hirsche, uicht so groß als unsre deutschen Hirsche, und doch größer als unsre
Rehe, an. Eichhörnchen vou grauer und brauner Farbe giebt es in ungemeiner
Menge; sie halten sich aus Bäumen ans, und thun deu Kornfeldern vielfachen
Schaden; sie werde" häufig gegessen.


über ihre ungemein große Giftigkeit sehr übertrieben sind. Aehnlich mag es sich
mit den Tarantelspinnen verhalten, die ich ebenfalls häufig angetroffen habe;
nie jedoch ist mir Etwas von einer Vergiftung zu Ohren gekommen.

Wölfe habe ich in Texas nur gehört, niemals aber einen zu Gesicht be¬
kommen; eben so habe ich nie einen Bär gesehen, ja nicht einmal Bärentatzen
gegessen; soviel weiß ich nur, daß sie in einigen Gegenden gar nicht selten sind,
und daß sie namentlich in der Zeit, wo das Maiskorn reif wird, denjenigen
Farmern, deren Felder in der Nachbarschaft von Wäldern liegen, als Korndiebe
nicht unbeträchtlichen Schaden zufügen. Eben so wenig habe ich Abenteuer mit
anderen größeren Raubthieren erlebt. Einer meiner Bekannten versicherte mir,
daß er einmal einem Panther von der Größe eines halbjährigen Kalbes begegnet
sei; beide hatten einander sehr gefürchtet, und beide wären glücklich gewesen, so
wohlfeilen Kaufes davou zu kommen. Von dieser Erzählung halte ich nur soviel
für richtig, daß es in Texas verschiedene Kak^marter giebt; in Bezug auf die
Angabe der Größe mag aber wol die Phantasie ein Stückchen gespielt haben.

In hohem Ansehen steht in Texas ein Raubvogel, der '1'arliv.y Lu/.?in'Ä
oder Aasgeier; er ist von schwarzer Farbe und vou der Größe eines Trnthcchns,
nur daß die Füße etwas kürzer siud. Diese Vögel leben meist in großen Gesell¬
schaften vereinigt, und reinigen das Laud von allem gestorbenen Vieh; da sie nie ver¬
folgt werden, so sind sie nicht scheu, und halten sich sogar in der dichten Nachbarschaft
von Städten auf, wo sie mit den Schweinen gemeinschaftlich ihre Bente theilen.

Die wilden Truthühner ('1url<op), welche sich in Texas in großer Menge
finden, haben eine graubraune Farbe, und sind neben deu Hirschen der Haupt-
gegenstand der Jagd. Doch nicht jeder Farmer ist Jäger; denn Jagen erfordert
viel Zeit, und Zeit ist für Den, welcher seinen Lebensunterhalt erarbeiten muß,
theuer; zudem findet man das Pulver uicht auf der Prairie, und mancher Farmer
hat seine Büchse oder seine Vogelflinte verkauft, um einige Thaler baares Geld
zu erhalten, da in den ersten Jahren viele Ausgaben den Geldbeutel in Anspruch
nehmen, und die Einnahmen höchst spärlich sind oder vielleicht ganz wegfallen.
Bisweilen säugt mau die Truthühner, da sie sich überhaupt nicht durch einen
hohen Grad von Klugheit auszeichnen, in Fallen. Einige Male traf ich alte
Truthennen mit Jungen an, konnte aber nicht einmal die Jungen in meine Ge¬
walt bekommen, da sie sich auf die nächsten Bäume flüchteten, und da ich nicht
mit einer Flinte versehen war. Außer Truthühner» trifft man noch häufig als
Gegenstände der Jagd Prairiehühner, die unsrem Rebhühnern an Farbe und Ge¬
stalt und unsren Haushühnern an Größe nahe stehen, Hasen, Kaninchen und
Hirsche, uicht so groß als unsre deutschen Hirsche, und doch größer als unsre
Rehe, an. Eichhörnchen vou grauer und brauner Farbe giebt es in ungemeiner
Menge; sie halten sich aus Bäumen ans, und thun deu Kornfeldern vielfachen
Schaden; sie werde« häufig gegessen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/74>, abgerufen am 13.05.2024.