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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Politische Rücksichten nöthigten Sir Arthur, nach dieser glänzenden Waffenthat
den Spaniern zu Hilfe zu eilen, und mit einer durch Gefechte und Krankheiten
decimirten, schlechtbekleidcten und schlechtbezahlten Armee gegen Madrid vor¬
zurücken. Vereinigt mit Cuesta schlug er hier die Augriffe der fast doppelt so
starke" Frauzosen bei Talavera in einer blutigen Schlacht zurück, und stellte damit
das relative Uebergewicht englischer Truppen über französische außer Zweifel.
Aber austatt Ruhm im Vaterlande, erntete er nur bittere Angrisse von der Op¬
position, und die City von London übergab eine Petition gegen "die Unbesonnen¬
heit, Ostentation und nutzlose Tapferkeit" des Feldherrn, dem Thiers mir die
phlegmatische Zähigkeit des Engländers zugesteht. Die Krone verlieh ihm 'die
Pairswürde unter dem Titel "Baron Dourv von Welleslcy, und Viscount Wel¬
lington von Talavera, und von Wellington in der Grafschaft Somerset;" aber das
Ministerium bedeutete ihn zugleich , daß er auf weitere Unterstützung vom Hause
nicht rechnen könne, und daß er die Verantwortlichkeit für den Krieg ganz
ans sich nehmen müsse.

Die Schlacht von Talavera veranlaßte Napoleon zu einer eben solchen Kraft-
anstrengung wie die von Vimiero. Neun französische Corps, zusammen 280,000
Mann stark, befehligt von den Marschällen Ney, Soult, Massena, Victor und
Mortier wälzten sich über die Pyrenäen, um die Unterjochung der spanischen Halb¬
insel zu vollenden. Wellington hatte ihnen im Felde nur SS,000 Manu entgegen¬
zustellen, wovon 30,000 Portugiesen waren, die BercSsvrd zu ausgezeichneten
Soldaten herangebildet hatte. Von Spanien war ans keine Unterstützung mehr
zu rechnen. Taub gegen Wellington's weise Rathschläge hatten sich die spanischen
Generäle in eitler Zuversicht den französischen Armeen gegenübergestellt, und
waren so total geschlagen ^worden, daß nur uoch Gibraltar und Cadix von den
Franzosen unbesetzt blieben. Die provisorische Regierung besaß weder Ent¬
schlossenheit, noch Aufrichtigkeit, das britische Heer litt Noth an Allem, und Wel¬
lington konnte um keinen Preis die spanischen Führer zu der geringsten Unter¬
stützung des Heeres vermögen, welches die letzte Schutzwehr der Freiheit Spaniens
war. Ultter solchen Verhältnissen, mit einer vom besten Geist beseelten, aber
numerisch schwachen Armee, ohne moralische Unterstützung und Aufmunterung aus
dem Vaterlande, ohne Geld oder Zufuhren ans dem Kriegsschauplatz begann
'Wellington deu Feldzug von 1810 gegen Napoleon's besten Marschall mit
80,000 Mann Truppen in erster Linie und 40,000 in Reserve.

In einer solchen Lage war die Defensive geboten. . Wellington zog sich
wieder noch Portugal zurück, und verschanzte sich hier in den unüberwindlichen
Linien von Torres Vedras. Dem ungeduldig nachrückenden Massena lehrte er
bei Busaco größere Vorsicht, und wich langsam weiter zurück, bis der Mar¬
schall, der schon die Engländer Portugal räume" sah, plötzlich vor deu uuau-
reisbaren Schanzen von Torres Vedras stand. Es waren drei Fortificaitons-


Politische Rücksichten nöthigten Sir Arthur, nach dieser glänzenden Waffenthat
den Spaniern zu Hilfe zu eilen, und mit einer durch Gefechte und Krankheiten
decimirten, schlechtbekleidcten und schlechtbezahlten Armee gegen Madrid vor¬
zurücken. Vereinigt mit Cuesta schlug er hier die Augriffe der fast doppelt so
starke» Frauzosen bei Talavera in einer blutigen Schlacht zurück, und stellte damit
das relative Uebergewicht englischer Truppen über französische außer Zweifel.
Aber austatt Ruhm im Vaterlande, erntete er nur bittere Angrisse von der Op¬
position, und die City von London übergab eine Petition gegen „die Unbesonnen¬
heit, Ostentation und nutzlose Tapferkeit" des Feldherrn, dem Thiers mir die
phlegmatische Zähigkeit des Engländers zugesteht. Die Krone verlieh ihm 'die
Pairswürde unter dem Titel „Baron Dourv von Welleslcy, und Viscount Wel¬
lington von Talavera, und von Wellington in der Grafschaft Somerset;" aber das
Ministerium bedeutete ihn zugleich , daß er auf weitere Unterstützung vom Hause
nicht rechnen könne, und daß er die Verantwortlichkeit für den Krieg ganz
ans sich nehmen müsse.

Die Schlacht von Talavera veranlaßte Napoleon zu einer eben solchen Kraft-
anstrengung wie die von Vimiero. Neun französische Corps, zusammen 280,000
Mann stark, befehligt von den Marschällen Ney, Soult, Massena, Victor und
Mortier wälzten sich über die Pyrenäen, um die Unterjochung der spanischen Halb¬
insel zu vollenden. Wellington hatte ihnen im Felde nur SS,000 Manu entgegen¬
zustellen, wovon 30,000 Portugiesen waren, die BercSsvrd zu ausgezeichneten
Soldaten herangebildet hatte. Von Spanien war ans keine Unterstützung mehr
zu rechnen. Taub gegen Wellington's weise Rathschläge hatten sich die spanischen
Generäle in eitler Zuversicht den französischen Armeen gegenübergestellt, und
waren so total geschlagen ^worden, daß nur uoch Gibraltar und Cadix von den
Franzosen unbesetzt blieben. Die provisorische Regierung besaß weder Ent¬
schlossenheit, noch Aufrichtigkeit, das britische Heer litt Noth an Allem, und Wel¬
lington konnte um keinen Preis die spanischen Führer zu der geringsten Unter¬
stützung des Heeres vermögen, welches die letzte Schutzwehr der Freiheit Spaniens
war. Ultter solchen Verhältnissen, mit einer vom besten Geist beseelten, aber
numerisch schwachen Armee, ohne moralische Unterstützung und Aufmunterung aus
dem Vaterlande, ohne Geld oder Zufuhren ans dem Kriegsschauplatz begann
'Wellington deu Feldzug von 1810 gegen Napoleon's besten Marschall mit
80,000 Mann Truppen in erster Linie und 40,000 in Reserve.

In einer solchen Lage war die Defensive geboten. . Wellington zog sich
wieder noch Portugal zurück, und verschanzte sich hier in den unüberwindlichen
Linien von Torres Vedras. Dem ungeduldig nachrückenden Massena lehrte er
bei Busaco größere Vorsicht, und wich langsam weiter zurück, bis der Mar¬
schall, der schon die Engländer Portugal räume» sah, plötzlich vor deu uuau-
reisbaren Schanzen von Torres Vedras stand. Es waren drei Fortificaitons-


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[0175] Politische Rücksichten nöthigten Sir Arthur, nach dieser glänzenden Waffenthat den Spaniern zu Hilfe zu eilen, und mit einer durch Gefechte und Krankheiten decimirten, schlechtbekleidcten und schlechtbezahlten Armee gegen Madrid vor¬ zurücken. Vereinigt mit Cuesta schlug er hier die Augriffe der fast doppelt so starke» Frauzosen bei Talavera in einer blutigen Schlacht zurück, und stellte damit das relative Uebergewicht englischer Truppen über französische außer Zweifel. Aber austatt Ruhm im Vaterlande, erntete er nur bittere Angrisse von der Op¬ position, und die City von London übergab eine Petition gegen „die Unbesonnen¬ heit, Ostentation und nutzlose Tapferkeit" des Feldherrn, dem Thiers mir die phlegmatische Zähigkeit des Engländers zugesteht. Die Krone verlieh ihm 'die Pairswürde unter dem Titel „Baron Dourv von Welleslcy, und Viscount Wel¬ lington von Talavera, und von Wellington in der Grafschaft Somerset;" aber das Ministerium bedeutete ihn zugleich , daß er auf weitere Unterstützung vom Hause nicht rechnen könne, und daß er die Verantwortlichkeit für den Krieg ganz ans sich nehmen müsse. Die Schlacht von Talavera veranlaßte Napoleon zu einer eben solchen Kraft- anstrengung wie die von Vimiero. Neun französische Corps, zusammen 280,000 Mann stark, befehligt von den Marschällen Ney, Soult, Massena, Victor und Mortier wälzten sich über die Pyrenäen, um die Unterjochung der spanischen Halb¬ insel zu vollenden. Wellington hatte ihnen im Felde nur SS,000 Manu entgegen¬ zustellen, wovon 30,000 Portugiesen waren, die BercSsvrd zu ausgezeichneten Soldaten herangebildet hatte. Von Spanien war ans keine Unterstützung mehr zu rechnen. Taub gegen Wellington's weise Rathschläge hatten sich die spanischen Generäle in eitler Zuversicht den französischen Armeen gegenübergestellt, und waren so total geschlagen ^worden, daß nur uoch Gibraltar und Cadix von den Franzosen unbesetzt blieben. Die provisorische Regierung besaß weder Ent¬ schlossenheit, noch Aufrichtigkeit, das britische Heer litt Noth an Allem, und Wel¬ lington konnte um keinen Preis die spanischen Führer zu der geringsten Unter¬ stützung des Heeres vermögen, welches die letzte Schutzwehr der Freiheit Spaniens war. Ultter solchen Verhältnissen, mit einer vom besten Geist beseelten, aber numerisch schwachen Armee, ohne moralische Unterstützung und Aufmunterung aus dem Vaterlande, ohne Geld oder Zufuhren ans dem Kriegsschauplatz begann 'Wellington deu Feldzug von 1810 gegen Napoleon's besten Marschall mit 80,000 Mann Truppen in erster Linie und 40,000 in Reserve. In einer solchen Lage war die Defensive geboten. . Wellington zog sich wieder noch Portugal zurück, und verschanzte sich hier in den unüberwindlichen Linien von Torres Vedras. Dem ungeduldig nachrückenden Massena lehrte er bei Busaco größere Vorsicht, und wich langsam weiter zurück, bis der Mar¬ schall, der schon die Engländer Portugal räume» sah, plötzlich vor deu uuau- reisbaren Schanzen von Torres Vedras stand. Es waren drei Fortificaitons-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/175>, abgerufen am 15.06.2024.