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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Schilfe, und überließen es den anderen Hunden, den schlauen Feind aufzustöbern
und flüchtig zu machen.

Dieser sah auch kaum, wie jeder Versuch, das tiefe Wasser zu erreichen, vergeb¬
lich war, als er das dichte Schilf verließ und, über den hier mehrere hundert
Schritt breiten Wasserspiegel hinwegschwimmend, erst entschlossen schien, den Fluß
mit aller uur möglichen Schnelle stromab zu gehen, dann aber wieder links einbog
und in einem rechten Winkel eine seichte Stelle erreichte, wo das Wasser etwa
drei Fuß tief, den Hunden nicht erlaubte, Grund zu fassen, und die Otter selbst,
unter- dem dichteu Wurzelwerk und Rohr verborgen, vor ihnen geschützt blieb und
auch dann und wann, ohne fürchten zu müssen, entdeckt zu werden, an die
Oberfläche kommen, und Luft schöpfen konnte.

"Hier hilft kein Zaudern mehr" schrie aber Halway jetzt, selbst bis unter
die Arme in das Wasser springend -- "von dort heraus bringen sie die Hunde
uicht, und wenn wir nicht mit unsren Speeren die Bestie heraustreiben, so können
wir die Jagd nur ausgeben."

Merville sprang dicht hinter ihm her, und auch Blower folgte, Dickson aber,
als er die drei der Stelle zu waten sah, während die Hunde einen Heidenlärm
vollführten und bellend und winselnd ihren Herren nachplätscherten, dachte bei
sich, daß zum Vortreiben vollkommen genug Menschen im Wasser säßen, suchte
sich daher eine seichte, kaum wenige Zoll tiefe Stelle aus, und schritt an das
andere User hinüber, no er aus einem vorragenden, steilen Felsblt)et die Jagd
übersehen und auch augenblicklich stromab das niedere Ufer wieder erreichen
konnte, wenn das verfolgte Thier, wie es fast nicht anders konnte, die Flucht
durch die weiter unterhalb liegende Stromschnelle und über einen kleinen Fall,
versuchen sollte.

Halway hatte übrigens Recht gehabt; die Hunde vermochten nichts gegen
ihren listigen Feind auszurichten, der nur dann und wann, in irgend einem un¬
gangbaren Gebüsch, die bärtige Schnarche über die Oberfläche des Wassers hob,
um die nöthige Luft zu schöpfen, "ut dann schnell und geräuschlos wieder un¬
tertauchte in sein sicheres Versteck.

Die drei Jäger fanden bald, daß auch sie hier ihre Hilfe leihen mußten,
langsam also, und in gleicher Linie das schmale und kaum hundert achtzig Schritt
lange Schilfdickicht durchwatend, stießen sie höchst aufmerksam in alle die Stellen
mit den umgekehrten Speeren hinein, uuter denen möglicher Weise der Fischdieb
verborgen liegen konnte. Schon näherten sie sich indessen dem Ende des seichten
Platzes und die Hunde singen an wieder zurückzusnchen, während Halway selbst
zu glauben begann sie hätten ihre Bente übergangen, als diese plötzlich, höchst
unverhofft zum Vorschein kam.

Merville hatte nämlich eben mit der Stange in ein besonders dichtes Gewirr
von Wurzelwerk und Wasserpflanzen hineingesühlt, als nett, der seinen Stand-
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Schilfe, und überließen es den anderen Hunden, den schlauen Feind aufzustöbern
und flüchtig zu machen.

Dieser sah auch kaum, wie jeder Versuch, das tiefe Wasser zu erreichen, vergeb¬
lich war, als er das dichte Schilf verließ und, über den hier mehrere hundert
Schritt breiten Wasserspiegel hinwegschwimmend, erst entschlossen schien, den Fluß
mit aller uur möglichen Schnelle stromab zu gehen, dann aber wieder links einbog
und in einem rechten Winkel eine seichte Stelle erreichte, wo das Wasser etwa
drei Fuß tief, den Hunden nicht erlaubte, Grund zu fassen, und die Otter selbst,
unter- dem dichteu Wurzelwerk und Rohr verborgen, vor ihnen geschützt blieb und
auch dann und wann, ohne fürchten zu müssen, entdeckt zu werden, an die
Oberfläche kommen, und Luft schöpfen konnte.

„Hier hilft kein Zaudern mehr" schrie aber Halway jetzt, selbst bis unter
die Arme in das Wasser springend — „von dort heraus bringen sie die Hunde
uicht, und wenn wir nicht mit unsren Speeren die Bestie heraustreiben, so können
wir die Jagd nur ausgeben."

Merville sprang dicht hinter ihm her, und auch Blower folgte, Dickson aber,
als er die drei der Stelle zu waten sah, während die Hunde einen Heidenlärm
vollführten und bellend und winselnd ihren Herren nachplätscherten, dachte bei
sich, daß zum Vortreiben vollkommen genug Menschen im Wasser säßen, suchte
sich daher eine seichte, kaum wenige Zoll tiefe Stelle aus, und schritt an das
andere User hinüber, no er aus einem vorragenden, steilen Felsblt)et die Jagd
übersehen und auch augenblicklich stromab das niedere Ufer wieder erreichen
konnte, wenn das verfolgte Thier, wie es fast nicht anders konnte, die Flucht
durch die weiter unterhalb liegende Stromschnelle und über einen kleinen Fall,
versuchen sollte.

Halway hatte übrigens Recht gehabt; die Hunde vermochten nichts gegen
ihren listigen Feind auszurichten, der nur dann und wann, in irgend einem un¬
gangbaren Gebüsch, die bärtige Schnarche über die Oberfläche des Wassers hob,
um die nöthige Luft zu schöpfen, »ut dann schnell und geräuschlos wieder un¬
tertauchte in sein sicheres Versteck.

Die drei Jäger fanden bald, daß auch sie hier ihre Hilfe leihen mußten,
langsam also, und in gleicher Linie das schmale und kaum hundert achtzig Schritt
lange Schilfdickicht durchwatend, stießen sie höchst aufmerksam in alle die Stellen
mit den umgekehrten Speeren hinein, uuter denen möglicher Weise der Fischdieb
verborgen liegen konnte. Schon näherten sie sich indessen dem Ende des seichten
Platzes und die Hunde singen an wieder zurückzusnchen, während Halway selbst
zu glauben begann sie hätten ihre Bente übergangen, als diese plötzlich, höchst
unverhofft zum Vorschein kam.

Merville hatte nämlich eben mit der Stange in ein besonders dichtes Gewirr
von Wurzelwerk und Wasserpflanzen hineingesühlt, als nett, der seinen Stand-
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[0235] Schilfe, und überließen es den anderen Hunden, den schlauen Feind aufzustöbern und flüchtig zu machen. Dieser sah auch kaum, wie jeder Versuch, das tiefe Wasser zu erreichen, vergeb¬ lich war, als er das dichte Schilf verließ und, über den hier mehrere hundert Schritt breiten Wasserspiegel hinwegschwimmend, erst entschlossen schien, den Fluß mit aller uur möglichen Schnelle stromab zu gehen, dann aber wieder links einbog und in einem rechten Winkel eine seichte Stelle erreichte, wo das Wasser etwa drei Fuß tief, den Hunden nicht erlaubte, Grund zu fassen, und die Otter selbst, unter- dem dichteu Wurzelwerk und Rohr verborgen, vor ihnen geschützt blieb und auch dann und wann, ohne fürchten zu müssen, entdeckt zu werden, an die Oberfläche kommen, und Luft schöpfen konnte. „Hier hilft kein Zaudern mehr" schrie aber Halway jetzt, selbst bis unter die Arme in das Wasser springend — „von dort heraus bringen sie die Hunde uicht, und wenn wir nicht mit unsren Speeren die Bestie heraustreiben, so können wir die Jagd nur ausgeben." Merville sprang dicht hinter ihm her, und auch Blower folgte, Dickson aber, als er die drei der Stelle zu waten sah, während die Hunde einen Heidenlärm vollführten und bellend und winselnd ihren Herren nachplätscherten, dachte bei sich, daß zum Vortreiben vollkommen genug Menschen im Wasser säßen, suchte sich daher eine seichte, kaum wenige Zoll tiefe Stelle aus, und schritt an das andere User hinüber, no er aus einem vorragenden, steilen Felsblt)et die Jagd übersehen und auch augenblicklich stromab das niedere Ufer wieder erreichen konnte, wenn das verfolgte Thier, wie es fast nicht anders konnte, die Flucht durch die weiter unterhalb liegende Stromschnelle und über einen kleinen Fall, versuchen sollte. Halway hatte übrigens Recht gehabt; die Hunde vermochten nichts gegen ihren listigen Feind auszurichten, der nur dann und wann, in irgend einem un¬ gangbaren Gebüsch, die bärtige Schnarche über die Oberfläche des Wassers hob, um die nöthige Luft zu schöpfen, »ut dann schnell und geräuschlos wieder un¬ tertauchte in sein sicheres Versteck. Die drei Jäger fanden bald, daß auch sie hier ihre Hilfe leihen mußten, langsam also, und in gleicher Linie das schmale und kaum hundert achtzig Schritt lange Schilfdickicht durchwatend, stießen sie höchst aufmerksam in alle die Stellen mit den umgekehrten Speeren hinein, uuter denen möglicher Weise der Fischdieb verborgen liegen konnte. Schon näherten sie sich indessen dem Ende des seichten Platzes und die Hunde singen an wieder zurückzusnchen, während Halway selbst zu glauben begann sie hätten ihre Bente übergangen, als diese plötzlich, höchst unverhofft zum Vorschein kam. Merville hatte nämlich eben mit der Stange in ein besonders dichtes Gewirr von Wurzelwerk und Wasserpflanzen hineingesühlt, als nett, der seinen Stand- ' Grenzboten. IV. 18!>2. 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/235>, abgerufen am 31.10.2024.