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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Darauf Minute" die Knaben alle die Orte, wo das Zuckerrohr gebaut wird,
"ud beschriebe" die Reise, welche die Schiffe macheu müsse", "in es "ach Eng¬
land zu bringen. Demnächst wurde stets fragend und antwortend untersucht, was
England wiederum für den importirten Zucker exportirte, "ud warum Kuglaud
nicht selbst Zucker baute, und Indien oder Brasilien keine Baumwollenwaaren,
T"es, Eisenwaaren oder Maschinen verfertigte. Nach und nach erfolgte dem"
das Resultat, daß die Industrie hauptsächlich auf den Guben der Natur, und der
Handel aus dem gegenseitigen Bedarf beruhte. Darauf fragte er: Wäre es
möglich, das Verhältniß umzukehren? -- Min! -- Warum thut mau es nicht?
Die Franzosen haben es doch wirtlich schon theilweise gethan? . . . Aber ihr
Zucker (von Wurzeln) würde in England 6 Pence das Pfund kosten und ist bei
weitem nicht so gut. Eben so würde es geben, wenn man sich in den
beide" Indien oder Brasilien mit Productionen abgebe" wollte, welche die Natur
England auf eine weit leichtere Art verliehen hat "ud die deshalb bedeutend
billiger sind. Die Unterredung kehrte wieder zum Znckerban und zu den
Colonien zurück, und war bald tief in englischer Colonial- und Handelspolitik
verwickelt, ohne daß die Eleven es bemerkte", und ich darf wohl behaupten,
ohne daß selbst die Sprache, in der sie geführt wurde, etwas davon wußte.
Und dies rührte Alles vou einem Theelöffel voll Zucker her. "Ja", sagte
später Mr. Shields scherzend, "wenn die Kinder Thee und Kaffee trinke",
müsse" sie doch wisse", was sie trinke"." Es ist wol "icht anzunehmen'
daß hier viele Kinder ans diese Weise wissen, was sie genießen, ja wol
kaum viele hiesige Studenten und selbst die hochznvcrchrcnde" Ncichötags-
Herre" müssen es mir "icht übel nehme", wenn ich in dieser Hinsicht, was sie
betrifft, leise Zweifel hege; es kann ihnen aber vielleicht zum Troste gereichen, daß
Richard Cobden 'einmal in dieser Schule äußerte: "Daß der Dreiviertel-Theil
des englischen Parlaments sich nicht so gut ans Staatsökonomic verstände, wie
diese Spcckhocker und Handwerker-Kinder.

Wen" man diese Unterrichts-Gespräche mit anhört, so erscheint fast Nichts
so verwickelt und schwierig, alö daß es "icht durch richtiges Fragen verdeutlicht
und darauf von aufgeweckten und aufmerksamen Kindern beantwortet werden
könnte. Es kommt aber Alles darauf an, wer frägt. Eine Menge Dinge, die
höchst schwierig scheinen, siud freilich mir eine znsammenhäiigendc Reihe einfacher
Wahrheiten, aber es erfordert Genie, "in den einfache" Zusammenhang zu erkennen
und zu heuchelt. So viel ist jedenfalls ausgemacht, daß man nicht gut zugegen
sein'kann, ohne den Wunsch zu hegen, selbst noch ein Kind zu sein, um
in eine solche Schule gehen zu können.




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Darauf Minute» die Knaben alle die Orte, wo das Zuckerrohr gebaut wird,
»ud beschriebe» die Reise, welche die Schiffe macheu müsse», »in es »ach Eng¬
land zu bringen. Demnächst wurde stets fragend und antwortend untersucht, was
England wiederum für den importirten Zucker exportirte, »ud warum Kuglaud
nicht selbst Zucker baute, und Indien oder Brasilien keine Baumwollenwaaren,
T»es, Eisenwaaren oder Maschinen verfertigte. Nach und nach erfolgte dem»
das Resultat, daß die Industrie hauptsächlich auf den Guben der Natur, und der
Handel aus dem gegenseitigen Bedarf beruhte. Darauf fragte er: Wäre es
möglich, das Verhältniß umzukehren? — Min! — Warum thut mau es nicht?
Die Franzosen haben es doch wirtlich schon theilweise gethan? . . . Aber ihr
Zucker (von Wurzeln) würde in England 6 Pence das Pfund kosten und ist bei
weitem nicht so gut. Eben so würde es geben, wenn man sich in den
beide» Indien oder Brasilien mit Productionen abgebe» wollte, welche die Natur
England auf eine weit leichtere Art verliehen hat »ud die deshalb bedeutend
billiger sind. Die Unterredung kehrte wieder zum Znckerban und zu den
Colonien zurück, und war bald tief in englischer Colonial- und Handelspolitik
verwickelt, ohne daß die Eleven es bemerkte», und ich darf wohl behaupten,
ohne daß selbst die Sprache, in der sie geführt wurde, etwas davon wußte.
Und dies rührte Alles vou einem Theelöffel voll Zucker her. „Ja", sagte
später Mr. Shields scherzend, „wenn die Kinder Thee und Kaffee trinke»,
müsse» sie doch wisse», was sie trinke»." Es ist wol »icht anzunehmen'
daß hier viele Kinder ans diese Weise wissen, was sie genießen, ja wol
kaum viele hiesige Studenten und selbst die hochznvcrchrcnde» Ncichötags-
Herre» müssen es mir »icht übel nehme», wenn ich in dieser Hinsicht, was sie
betrifft, leise Zweifel hege; es kann ihnen aber vielleicht zum Troste gereichen, daß
Richard Cobden 'einmal in dieser Schule äußerte: „Daß der Dreiviertel-Theil
des englischen Parlaments sich nicht so gut ans Staatsökonomic verstände, wie
diese Spcckhocker und Handwerker-Kinder.

Wen» man diese Unterrichts-Gespräche mit anhört, so erscheint fast Nichts
so verwickelt und schwierig, alö daß es «icht durch richtiges Fragen verdeutlicht
und darauf von aufgeweckten und aufmerksamen Kindern beantwortet werden
könnte. Es kommt aber Alles darauf an, wer frägt. Eine Menge Dinge, die
höchst schwierig scheinen, siud freilich mir eine znsammenhäiigendc Reihe einfacher
Wahrheiten, aber es erfordert Genie, »in den einfache» Zusammenhang zu erkennen
und zu heuchelt. So viel ist jedenfalls ausgemacht, daß man nicht gut zugegen
sein'kann, ohne den Wunsch zu hegen, selbst noch ein Kind zu sein, um
in eine solche Schule gehen zu können.




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[0115] Darauf Minute» die Knaben alle die Orte, wo das Zuckerrohr gebaut wird, »ud beschriebe» die Reise, welche die Schiffe macheu müsse», »in es »ach Eng¬ land zu bringen. Demnächst wurde stets fragend und antwortend untersucht, was England wiederum für den importirten Zucker exportirte, »ud warum Kuglaud nicht selbst Zucker baute, und Indien oder Brasilien keine Baumwollenwaaren, T»es, Eisenwaaren oder Maschinen verfertigte. Nach und nach erfolgte dem» das Resultat, daß die Industrie hauptsächlich auf den Guben der Natur, und der Handel aus dem gegenseitigen Bedarf beruhte. Darauf fragte er: Wäre es möglich, das Verhältniß umzukehren? — Min! — Warum thut mau es nicht? Die Franzosen haben es doch wirtlich schon theilweise gethan? . . . Aber ihr Zucker (von Wurzeln) würde in England 6 Pence das Pfund kosten und ist bei weitem nicht so gut. Eben so würde es geben, wenn man sich in den beide» Indien oder Brasilien mit Productionen abgebe» wollte, welche die Natur England auf eine weit leichtere Art verliehen hat »ud die deshalb bedeutend billiger sind. Die Unterredung kehrte wieder zum Znckerban und zu den Colonien zurück, und war bald tief in englischer Colonial- und Handelspolitik verwickelt, ohne daß die Eleven es bemerkte», und ich darf wohl behaupten, ohne daß selbst die Sprache, in der sie geführt wurde, etwas davon wußte. Und dies rührte Alles vou einem Theelöffel voll Zucker her. „Ja", sagte später Mr. Shields scherzend, „wenn die Kinder Thee und Kaffee trinke», müsse» sie doch wisse», was sie trinke»." Es ist wol »icht anzunehmen' daß hier viele Kinder ans diese Weise wissen, was sie genießen, ja wol kaum viele hiesige Studenten und selbst die hochznvcrchrcnde» Ncichötags- Herre» müssen es mir »icht übel nehme», wenn ich in dieser Hinsicht, was sie betrifft, leise Zweifel hege; es kann ihnen aber vielleicht zum Troste gereichen, daß Richard Cobden 'einmal in dieser Schule äußerte: „Daß der Dreiviertel-Theil des englischen Parlaments sich nicht so gut ans Staatsökonomic verstände, wie diese Spcckhocker und Handwerker-Kinder. Wen» man diese Unterrichts-Gespräche mit anhört, so erscheint fast Nichts so verwickelt und schwierig, alö daß es «icht durch richtiges Fragen verdeutlicht und darauf von aufgeweckten und aufmerksamen Kindern beantwortet werden könnte. Es kommt aber Alles darauf an, wer frägt. Eine Menge Dinge, die höchst schwierig scheinen, siud freilich mir eine znsammenhäiigendc Reihe einfacher Wahrheiten, aber es erfordert Genie, »in den einfache» Zusammenhang zu erkennen und zu heuchelt. So viel ist jedenfalls ausgemacht, daß man nicht gut zugegen sein'kann, ohne den Wunsch zu hegen, selbst noch ein Kind zu sein, um in eine solche Schule gehen zu können. 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/115>, abgerufen am 16.06.2024.