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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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der endlichen Wiedervereinigung der Kassen mit einem Deficit von rund
230,000 Thein'rü eintrat, wogegen die Generalstcuerkasse einen ursprünglichen
Ueberfluß von drittehalb Millionen aufwies. Also hatte sich von des Königs
selbstsüchtiger Absicht ungefähr das Gegentheil, nämlich ein unbilliger Vortheil
der Landeskasse und eine allmächtige Einwirkung ständischer Bevollmächtigter
herausgestellt. Daraus ist natürlich nicht zu schließen, daß die Vereinigung der
Kassen nicht doch im Interesse des Landes und der Stände selbst gelegen hätte.
Aber soviel darf man behaupten, daß es der europäischen und deutschen Bewe¬
gungen nicht bedurft hätte, um im Jahr 1848 diese wichtigste aller Reformen für
Hannover durchzusetzen. Schon rief das eigene Interesse die Ungerechtigkeit von
ihrer verderblichen Bahn zurück.

Ehe wir dazu übergehen, die einzelnen Quellen der hannoverschen Staats¬
einnahme namhaft zu machen, muß einer eigenthümlichen Einrichtung des
Budgets in diesem Lande gedacht werden. Seine Einnahmen erscheinen nämlich
in den Anschlägen der Regierung und in den Verhandlungen, der Stände
immer erst dann, wenn die Kosten ihrer Erhebung und Herstellung abgezogen
sind, das heißt als Neineinnahmen -- Ueberschüsse, wie der amtliche Titel
lautet. So geschieht es, und allerdings ist das ein theoretischer Mangel, daß
man niemals die wirkliche Summe dessen, was Land und Volk für diesen
Staat aufbringen, auf einem Bret übersieht. Aber praktische Vortheile,
hergenommen aus dem äußerst zusammengesetzten Rechnungswesen der General¬
kasse, wiegen ihn, Lehzen zufolge, vollständig auf. Da außerdem auch die
Productionskosten der Einnahmen keineswegs im Dunkeln bleiben, sondern den
Ständen allemal in Specialbudgets vorgelegt werden, so ist es immerhin nur
eine kleine Mühe, zu Nutz und Frommen der Wissenschaft die Lücke des officiellen
Budgets auszufüllen. Das hat Lehzen für den Haushalt des Rechnungs¬
jahres -18^/si gethan, des ersten nach vollzogener Wiedervereinigung der Kassen;
und als interessant mag hier nach seinen Ermittelungen angeführt werdeu, daß
für jenes Jahr sich die Roheinnahmen auf 12,878,39-1 Thlr., die Reineinnahmen
nur auf 8,038,477 Thlr., die Ausgaben auf 7,693,046 Thlr. beliefen. Die
bedeutende Differenz zwischen dem Rohen und dem reinen Ganzen der Einnahmen
rührt natürlich namentlich von den Quellen der vormaligen königlichen Kasse,
hauptsächlich von der verhältnißmäßig kostspieligen Verwaltung des Krouguts her;
allein auch die Steuern erleiden nicht unbedeutende Abzüge zu Gunsten derer,
welche sie eintreiben, und von den andern verschlingen z. B. die indirecten
Steuern regelmäßig ein Sechstheil ihres Ertrages sogleich selbst wieder.

Ueber die erste Hauptmasse der Einnahmen, die, welche früher in die Kasse des
Königs flössen, wollen wir uns kurz fassen. Ihren bedeutendsten Theil bilden die jähr¬
lichen Einkünfte des Domaniums, der Landgüter und der Forsten nämlich, die
dem Staat angehören und theils verpachtet, theils unmittelbar von ihm verwaltet


der endlichen Wiedervereinigung der Kassen mit einem Deficit von rund
230,000 Thein'rü eintrat, wogegen die Generalstcuerkasse einen ursprünglichen
Ueberfluß von drittehalb Millionen aufwies. Also hatte sich von des Königs
selbstsüchtiger Absicht ungefähr das Gegentheil, nämlich ein unbilliger Vortheil
der Landeskasse und eine allmächtige Einwirkung ständischer Bevollmächtigter
herausgestellt. Daraus ist natürlich nicht zu schließen, daß die Vereinigung der
Kassen nicht doch im Interesse des Landes und der Stände selbst gelegen hätte.
Aber soviel darf man behaupten, daß es der europäischen und deutschen Bewe¬
gungen nicht bedurft hätte, um im Jahr 1848 diese wichtigste aller Reformen für
Hannover durchzusetzen. Schon rief das eigene Interesse die Ungerechtigkeit von
ihrer verderblichen Bahn zurück.

Ehe wir dazu übergehen, die einzelnen Quellen der hannoverschen Staats¬
einnahme namhaft zu machen, muß einer eigenthümlichen Einrichtung des
Budgets in diesem Lande gedacht werden. Seine Einnahmen erscheinen nämlich
in den Anschlägen der Regierung und in den Verhandlungen, der Stände
immer erst dann, wenn die Kosten ihrer Erhebung und Herstellung abgezogen
sind, das heißt als Neineinnahmen — Ueberschüsse, wie der amtliche Titel
lautet. So geschieht es, und allerdings ist das ein theoretischer Mangel, daß
man niemals die wirkliche Summe dessen, was Land und Volk für diesen
Staat aufbringen, auf einem Bret übersieht. Aber praktische Vortheile,
hergenommen aus dem äußerst zusammengesetzten Rechnungswesen der General¬
kasse, wiegen ihn, Lehzen zufolge, vollständig auf. Da außerdem auch die
Productionskosten der Einnahmen keineswegs im Dunkeln bleiben, sondern den
Ständen allemal in Specialbudgets vorgelegt werden, so ist es immerhin nur
eine kleine Mühe, zu Nutz und Frommen der Wissenschaft die Lücke des officiellen
Budgets auszufüllen. Das hat Lehzen für den Haushalt des Rechnungs¬
jahres -18^/si gethan, des ersten nach vollzogener Wiedervereinigung der Kassen;
und als interessant mag hier nach seinen Ermittelungen angeführt werdeu, daß
für jenes Jahr sich die Roheinnahmen auf 12,878,39-1 Thlr., die Reineinnahmen
nur auf 8,038,477 Thlr., die Ausgaben auf 7,693,046 Thlr. beliefen. Die
bedeutende Differenz zwischen dem Rohen und dem reinen Ganzen der Einnahmen
rührt natürlich namentlich von den Quellen der vormaligen königlichen Kasse,
hauptsächlich von der verhältnißmäßig kostspieligen Verwaltung des Krouguts her;
allein auch die Steuern erleiden nicht unbedeutende Abzüge zu Gunsten derer,
welche sie eintreiben, und von den andern verschlingen z. B. die indirecten
Steuern regelmäßig ein Sechstheil ihres Ertrages sogleich selbst wieder.

Ueber die erste Hauptmasse der Einnahmen, die, welche früher in die Kasse des
Königs flössen, wollen wir uns kurz fassen. Ihren bedeutendsten Theil bilden die jähr¬
lichen Einkünfte des Domaniums, der Landgüter und der Forsten nämlich, die
dem Staat angehören und theils verpachtet, theils unmittelbar von ihm verwaltet


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[0029] der endlichen Wiedervereinigung der Kassen mit einem Deficit von rund 230,000 Thein'rü eintrat, wogegen die Generalstcuerkasse einen ursprünglichen Ueberfluß von drittehalb Millionen aufwies. Also hatte sich von des Königs selbstsüchtiger Absicht ungefähr das Gegentheil, nämlich ein unbilliger Vortheil der Landeskasse und eine allmächtige Einwirkung ständischer Bevollmächtigter herausgestellt. Daraus ist natürlich nicht zu schließen, daß die Vereinigung der Kassen nicht doch im Interesse des Landes und der Stände selbst gelegen hätte. Aber soviel darf man behaupten, daß es der europäischen und deutschen Bewe¬ gungen nicht bedurft hätte, um im Jahr 1848 diese wichtigste aller Reformen für Hannover durchzusetzen. Schon rief das eigene Interesse die Ungerechtigkeit von ihrer verderblichen Bahn zurück. Ehe wir dazu übergehen, die einzelnen Quellen der hannoverschen Staats¬ einnahme namhaft zu machen, muß einer eigenthümlichen Einrichtung des Budgets in diesem Lande gedacht werden. Seine Einnahmen erscheinen nämlich in den Anschlägen der Regierung und in den Verhandlungen, der Stände immer erst dann, wenn die Kosten ihrer Erhebung und Herstellung abgezogen sind, das heißt als Neineinnahmen — Ueberschüsse, wie der amtliche Titel lautet. So geschieht es, und allerdings ist das ein theoretischer Mangel, daß man niemals die wirkliche Summe dessen, was Land und Volk für diesen Staat aufbringen, auf einem Bret übersieht. Aber praktische Vortheile, hergenommen aus dem äußerst zusammengesetzten Rechnungswesen der General¬ kasse, wiegen ihn, Lehzen zufolge, vollständig auf. Da außerdem auch die Productionskosten der Einnahmen keineswegs im Dunkeln bleiben, sondern den Ständen allemal in Specialbudgets vorgelegt werden, so ist es immerhin nur eine kleine Mühe, zu Nutz und Frommen der Wissenschaft die Lücke des officiellen Budgets auszufüllen. Das hat Lehzen für den Haushalt des Rechnungs¬ jahres -18^/si gethan, des ersten nach vollzogener Wiedervereinigung der Kassen; und als interessant mag hier nach seinen Ermittelungen angeführt werdeu, daß für jenes Jahr sich die Roheinnahmen auf 12,878,39-1 Thlr., die Reineinnahmen nur auf 8,038,477 Thlr., die Ausgaben auf 7,693,046 Thlr. beliefen. Die bedeutende Differenz zwischen dem Rohen und dem reinen Ganzen der Einnahmen rührt natürlich namentlich von den Quellen der vormaligen königlichen Kasse, hauptsächlich von der verhältnißmäßig kostspieligen Verwaltung des Krouguts her; allein auch die Steuern erleiden nicht unbedeutende Abzüge zu Gunsten derer, welche sie eintreiben, und von den andern verschlingen z. B. die indirecten Steuern regelmäßig ein Sechstheil ihres Ertrages sogleich selbst wieder. Ueber die erste Hauptmasse der Einnahmen, die, welche früher in die Kasse des Königs flössen, wollen wir uns kurz fassen. Ihren bedeutendsten Theil bilden die jähr¬ lichen Einkünfte des Domaniums, der Landgüter und der Forsten nämlich, die dem Staat angehören und theils verpachtet, theils unmittelbar von ihm verwaltet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/29>, abgerufen am 27.05.2024.