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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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nach Gleichförmigkeit den heterogensten Verhältnissen diesell'e Form aufzwingt
und mir zu Rückschritten in der staatlichen Ausbildung führen kann. Die trau¬
rigen Folgen dieser unnatürlichen Politik haben die Herzogtümer schon unter
Christian VII!. auch ohne Sanction eine gemeinsame Verfolgung fühlen müssen,
und solche werde" künstig uoch sichtlicher hervortreten, wenn die Stimmenzahl der
Vertreter der'Beitragsquote gleichgestellt wird. Im Reichstage ist diese Ungleichheit
schon als ausgemacht angenommen, und die Deutschen werden daher in der Regel
gegen eine Majorität von "/s zu kämpfe" haben. Man wird nicht unterlassen, die
patriarchalischen und soliden Zustände der Herzogthümer durch Einmischungen aus
der demokratischen dänische" Verfassung zu verderben und deutsche Einflüsse der
Intelligenz wie des GemeinstnnS abzuwehren suchen. Schon gegenwärtig geht
die letztere Tendenz soweit, daß nach sehr verständlichen Andentunge" von Kopen¬
hagen die letzte Generalversammlung des Gustav-Adolph-Vereins von schleswig¬
holsteinischen Geistlichen nicht besucht werden durfte. Nur in den allgemeinen
Beziehungen des Handels und Verkehrs ist die Abhängigkeit Dänemarks von
Deutschland entschieden und klar; es kann sich derselben nicht verschließen. Der
Handel der dänischen Provinzialstädte befindet sich fast ausschließlich in den Händen
der Hamburger, die durch weit erstreckte Credite die Abnehmer an sich fesseln.
Der Waarentrausit von Hamburg über Kiel nach Kopenhagen beschränkte sich, ge¬
hemmt durch den Krieg, im Jahre 18S0 auf 764,000 Pfund, im Jahre 18S2
war derselbe bereits auf 9 Millionen Pfund gestiegen. Die holsteinischen Eisen¬
bahnen setzen ihren Lauf fort durch Schleswig bis an die Spitze Jütlands, über
Fühnen und Seeland bis nach Kopenhagen. Die telegraphische Verbindung
zwischen Elbe und Sund ist bereits hergestellt. Ein abermaliger Conflict würde
ganz andere Beförderungsmittel vorfinden, als in den letztverflossenen Jahren vor¬
handen waren. -- Ob nun in dem Drama der Gesammtstaatsverfassung, dessen
Eröffmmg wir in kürzester Frist entgegensehen, im Laufe der Zeit der Däne 'ob¬
siegen werde, oder der Deutsche? wer mochte wagen, dies im voraus zu ent¬
scheiden! Die neue Form findet jedenfalls unversöhnte Zustände vor, eher Streit
als Harmonie ist zu erwarten, nud die erste allgemeine Bewegung trifft zwischen
Elbe und Königsan einen wurden Fleck, der bei der leisesten Berührung schmerz¬
haft aufzuckt und nicht im Norden die Heilmittel suchen wird.


Wie dies bestimmt zu deuten, weiß ich nicht,
Allein so viel ich insgesammt erachte,
Vertuudets unserem Staat besondere Währung.

Horatio.


nach Gleichförmigkeit den heterogensten Verhältnissen diesell'e Form aufzwingt
und mir zu Rückschritten in der staatlichen Ausbildung führen kann. Die trau¬
rigen Folgen dieser unnatürlichen Politik haben die Herzogtümer schon unter
Christian VII!. auch ohne Sanction eine gemeinsame Verfolgung fühlen müssen,
und solche werde» künstig uoch sichtlicher hervortreten, wenn die Stimmenzahl der
Vertreter der'Beitragsquote gleichgestellt wird. Im Reichstage ist diese Ungleichheit
schon als ausgemacht angenommen, und die Deutschen werden daher in der Regel
gegen eine Majorität von "/s zu kämpfe» haben. Man wird nicht unterlassen, die
patriarchalischen und soliden Zustände der Herzogthümer durch Einmischungen aus
der demokratischen dänische» Verfassung zu verderben und deutsche Einflüsse der
Intelligenz wie des GemeinstnnS abzuwehren suchen. Schon gegenwärtig geht
die letztere Tendenz soweit, daß nach sehr verständlichen Andentunge» von Kopen¬
hagen die letzte Generalversammlung des Gustav-Adolph-Vereins von schleswig¬
holsteinischen Geistlichen nicht besucht werden durfte. Nur in den allgemeinen
Beziehungen des Handels und Verkehrs ist die Abhängigkeit Dänemarks von
Deutschland entschieden und klar; es kann sich derselben nicht verschließen. Der
Handel der dänischen Provinzialstädte befindet sich fast ausschließlich in den Händen
der Hamburger, die durch weit erstreckte Credite die Abnehmer an sich fesseln.
Der Waarentrausit von Hamburg über Kiel nach Kopenhagen beschränkte sich, ge¬
hemmt durch den Krieg, im Jahre 18S0 auf 764,000 Pfund, im Jahre 18S2
war derselbe bereits auf 9 Millionen Pfund gestiegen. Die holsteinischen Eisen¬
bahnen setzen ihren Lauf fort durch Schleswig bis an die Spitze Jütlands, über
Fühnen und Seeland bis nach Kopenhagen. Die telegraphische Verbindung
zwischen Elbe und Sund ist bereits hergestellt. Ein abermaliger Conflict würde
ganz andere Beförderungsmittel vorfinden, als in den letztverflossenen Jahren vor¬
handen waren. — Ob nun in dem Drama der Gesammtstaatsverfassung, dessen
Eröffmmg wir in kürzester Frist entgegensehen, im Laufe der Zeit der Däne 'ob¬
siegen werde, oder der Deutsche? wer mochte wagen, dies im voraus zu ent¬
scheiden! Die neue Form findet jedenfalls unversöhnte Zustände vor, eher Streit
als Harmonie ist zu erwarten, nud die erste allgemeine Bewegung trifft zwischen
Elbe und Königsan einen wurden Fleck, der bei der leisesten Berührung schmerz¬
haft aufzuckt und nicht im Norden die Heilmittel suchen wird.


Wie dies bestimmt zu deuten, weiß ich nicht,
Allein so viel ich insgesammt erachte,
Vertuudets unserem Staat besondere Währung.

Horatio.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/72>, abgerufen am 10.06.2024.