Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

loren sich damals nicht alle Hoffnungen auf > eine dereinstige Machtentfaltung
Deutschlands auf den Meeren; sie fanden einen Anhalt an dem, was Preußen
zur selben Zeit für die Begründung einer kleinen Seemacht that, die, wenn
sie anch gering war und von keiner directen politischen oder militärischen Be¬
deutung, dennoch als eine Versicherung der Negierung aufgefaßt wurde, daß
man seitens des Gouvernements nicht gegen die.bewaffnete Vertretung Deutsch'
lands auf dem Oceane selbst eingenommen, sondern lediglich mit der Form,
in welcher sie'bewerkstelligt werden sollte, nicht einverstanden gewesen sei.

Die Fortschritte der preußischen Marine waren seitdem kaum nennens¬
wert!); und die erwähnten Hoffnungen abgerechnet, welche durch ihr Bestehen
erhalten wurden, durfte dasselbe rücksichtlich seiner Nützlichkeit in mehr als
einer Beziehung in Frage gestellt werden. Es unterliegt nämlich keinem
Zweifel und die Negierung selbst, wird es nicht bestreiten wollen, daß im Fall
eines Krieges mit der kleinsten baltischen Seemacht, mit Dänemark, Preußen,
ähnlich wie in den Jahren 18/18 und 4ö seine Häfen von wenigen Fregatten
blokirt sehen würde, mit dem Unterschiede vielleicht, daß man sich in Kopen¬
hagen herbeilassen müßte, ihnen ein Linienschiff als Rückhalt zu geben. Das¬
selbe wäre selbstredend der Fall im Kriege mit Schweden, oder wenn Preußen
mit Portugal , Spanien, mit einer Seemacht deö Mittelmeeres oder mit den
Vereinigten Staaten in Conflict geriethe, Englands, Frankreichs und Rußlands
gar nicht zu gedenken. DaS heißt mit andern Worten: Preußen als See-
Macht ist heutzutage noch zu schwach, um es auch nur mit dem kleinsten oder
entlegensten Marinestaat aufnehmen zu können. Es ist kein Fall denkbar, in
welchem bei einem derartigen Zusammenstoß seine Kriegöfahrzeuge im Stande
wären, die Blokade auch nur eines seiner Häfen zu hindern. Wenn man
dieselben als eine noch erhaltene Hoffnung gelten lassen will, so ist dagegen
kein Widerspruch zu erheben: eine thatsächliche praktische Bedeutung kommt
ihnen aber durchaus nicht zu.

Die Frage, auf welchen Stand Preußen seine Seemacht bringen müßte,
Um damit mindestens einem Ansprüche, der Freihaltung seiner Küsten und
dem Schutze seines Handels im Kriegsfall mit dem schwächsten seiner mögli¬
chen'Gegner, genügen zu können, ist nicht schwer zu beantworten. Dänemark
h"t ein Material V"n sechs Linienschiffen, aber es wird ihm kaum möglich
werden, mehr als zwei davon ausreichend auf den Kriegsfuß zu bemannen.
Preußen würde um dieses Umstandes willen mindestens drei Schrauben-
Weidecker besitzen müssen, damit es im Stande wäre, einen ehernen Riegel
bor den Hafen von Kopenhagen zu legen. Um sich einer etwaigen skandina¬
vischen Allianz auf dem baltischen Me,ere erwehren zu können, die immerhin
!N den Eventualitäten der Zukunft gehört, zumal wenn Nußland aus dem
gegenwärtigen Kriege seinen im Norden dominirenden Einfluß wider alles


loren sich damals nicht alle Hoffnungen auf > eine dereinstige Machtentfaltung
Deutschlands auf den Meeren; sie fanden einen Anhalt an dem, was Preußen
zur selben Zeit für die Begründung einer kleinen Seemacht that, die, wenn
sie anch gering war und von keiner directen politischen oder militärischen Be¬
deutung, dennoch als eine Versicherung der Negierung aufgefaßt wurde, daß
man seitens des Gouvernements nicht gegen die.bewaffnete Vertretung Deutsch'
lands auf dem Oceane selbst eingenommen, sondern lediglich mit der Form,
in welcher sie'bewerkstelligt werden sollte, nicht einverstanden gewesen sei.

Die Fortschritte der preußischen Marine waren seitdem kaum nennens¬
wert!); und die erwähnten Hoffnungen abgerechnet, welche durch ihr Bestehen
erhalten wurden, durfte dasselbe rücksichtlich seiner Nützlichkeit in mehr als
einer Beziehung in Frage gestellt werden. Es unterliegt nämlich keinem
Zweifel und die Negierung selbst, wird es nicht bestreiten wollen, daß im Fall
eines Krieges mit der kleinsten baltischen Seemacht, mit Dänemark, Preußen,
ähnlich wie in den Jahren 18/18 und 4ö seine Häfen von wenigen Fregatten
blokirt sehen würde, mit dem Unterschiede vielleicht, daß man sich in Kopen¬
hagen herbeilassen müßte, ihnen ein Linienschiff als Rückhalt zu geben. Das¬
selbe wäre selbstredend der Fall im Kriege mit Schweden, oder wenn Preußen
mit Portugal , Spanien, mit einer Seemacht deö Mittelmeeres oder mit den
Vereinigten Staaten in Conflict geriethe, Englands, Frankreichs und Rußlands
gar nicht zu gedenken. DaS heißt mit andern Worten: Preußen als See-
Macht ist heutzutage noch zu schwach, um es auch nur mit dem kleinsten oder
entlegensten Marinestaat aufnehmen zu können. Es ist kein Fall denkbar, in
welchem bei einem derartigen Zusammenstoß seine Kriegöfahrzeuge im Stande
wären, die Blokade auch nur eines seiner Häfen zu hindern. Wenn man
dieselben als eine noch erhaltene Hoffnung gelten lassen will, so ist dagegen
kein Widerspruch zu erheben: eine thatsächliche praktische Bedeutung kommt
ihnen aber durchaus nicht zu.

Die Frage, auf welchen Stand Preußen seine Seemacht bringen müßte,
Um damit mindestens einem Ansprüche, der Freihaltung seiner Küsten und
dem Schutze seines Handels im Kriegsfall mit dem schwächsten seiner mögli¬
chen'Gegner, genügen zu können, ist nicht schwer zu beantworten. Dänemark
h"t ein Material V»n sechs Linienschiffen, aber es wird ihm kaum möglich
werden, mehr als zwei davon ausreichend auf den Kriegsfuß zu bemannen.
Preußen würde um dieses Umstandes willen mindestens drei Schrauben-
Weidecker besitzen müssen, damit es im Stande wäre, einen ehernen Riegel
bor den Hafen von Kopenhagen zu legen. Um sich einer etwaigen skandina¬
vischen Allianz auf dem baltischen Me,ere erwehren zu können, die immerhin
!N den Eventualitäten der Zukunft gehört, zumal wenn Nußland aus dem
gegenwärtigen Kriege seinen im Norden dominirenden Einfluß wider alles


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281486"/>
          <p xml:id="ID_1014" prev="#ID_1013"> loren sich damals nicht alle Hoffnungen auf &gt; eine dereinstige Machtentfaltung<lb/>
Deutschlands auf den Meeren; sie fanden einen Anhalt an dem, was Preußen<lb/>
zur selben Zeit für die Begründung einer kleinen Seemacht that, die, wenn<lb/>
sie anch gering war und von keiner directen politischen oder militärischen Be¬<lb/>
deutung, dennoch als eine Versicherung der Negierung aufgefaßt wurde, daß<lb/>
man seitens des Gouvernements nicht gegen die.bewaffnete Vertretung Deutsch'<lb/>
lands auf dem Oceane selbst eingenommen, sondern lediglich mit der Form,<lb/>
in welcher sie'bewerkstelligt werden sollte, nicht einverstanden gewesen sei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1015"> Die Fortschritte der preußischen Marine waren seitdem kaum nennens¬<lb/>
wert!); und die erwähnten Hoffnungen abgerechnet, welche durch ihr Bestehen<lb/>
erhalten wurden, durfte dasselbe rücksichtlich seiner Nützlichkeit in mehr als<lb/>
einer Beziehung in Frage gestellt werden. Es unterliegt nämlich keinem<lb/>
Zweifel und die Negierung selbst, wird es nicht bestreiten wollen, daß im Fall<lb/>
eines Krieges mit der kleinsten baltischen Seemacht, mit Dänemark, Preußen,<lb/>
ähnlich wie in den Jahren 18/18 und 4ö seine Häfen von wenigen Fregatten<lb/>
blokirt sehen würde, mit dem Unterschiede vielleicht, daß man sich in Kopen¬<lb/>
hagen herbeilassen müßte, ihnen ein Linienschiff als Rückhalt zu geben. Das¬<lb/>
selbe wäre selbstredend der Fall im Kriege mit Schweden, oder wenn Preußen<lb/>
mit Portugal , Spanien, mit einer Seemacht deö Mittelmeeres oder mit den<lb/>
Vereinigten Staaten in Conflict geriethe, Englands, Frankreichs und Rußlands<lb/>
gar nicht zu gedenken. DaS heißt mit andern Worten: Preußen als See-<lb/>
Macht ist heutzutage noch zu schwach, um es auch nur mit dem kleinsten oder<lb/>
entlegensten Marinestaat aufnehmen zu können. Es ist kein Fall denkbar, in<lb/>
welchem bei einem derartigen Zusammenstoß seine Kriegöfahrzeuge im Stande<lb/>
wären, die Blokade auch nur eines seiner Häfen zu hindern. Wenn man<lb/>
dieselben als eine noch erhaltene Hoffnung gelten lassen will, so ist dagegen<lb/>
kein Widerspruch zu erheben: eine thatsächliche praktische Bedeutung kommt<lb/>
ihnen aber durchaus nicht zu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1016" next="#ID_1017"> Die Frage, auf welchen Stand Preußen seine Seemacht bringen müßte,<lb/>
Um damit mindestens einem Ansprüche, der Freihaltung seiner Küsten und<lb/>
dem Schutze seines Handels im Kriegsfall mit dem schwächsten seiner mögli¬<lb/>
chen'Gegner, genügen zu können, ist nicht schwer zu beantworten. Dänemark<lb/>
h"t ein Material V»n sechs Linienschiffen, aber es wird ihm kaum möglich<lb/>
werden, mehr als zwei davon ausreichend auf den Kriegsfuß zu bemannen.<lb/>
Preußen würde um dieses Umstandes willen mindestens drei Schrauben-<lb/>
Weidecker besitzen müssen, damit es im Stande wäre, einen ehernen Riegel<lb/>
bor den Hafen von Kopenhagen zu legen. Um sich einer etwaigen skandina¬<lb/>
vischen Allianz auf dem baltischen Me,ere erwehren zu können, die immerhin<lb/>
!N den Eventualitäten der Zukunft gehört, zumal wenn Nußland aus dem<lb/>
gegenwärtigen Kriege seinen im Norden dominirenden Einfluß wider alles</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0335] loren sich damals nicht alle Hoffnungen auf > eine dereinstige Machtentfaltung Deutschlands auf den Meeren; sie fanden einen Anhalt an dem, was Preußen zur selben Zeit für die Begründung einer kleinen Seemacht that, die, wenn sie anch gering war und von keiner directen politischen oder militärischen Be¬ deutung, dennoch als eine Versicherung der Negierung aufgefaßt wurde, daß man seitens des Gouvernements nicht gegen die.bewaffnete Vertretung Deutsch' lands auf dem Oceane selbst eingenommen, sondern lediglich mit der Form, in welcher sie'bewerkstelligt werden sollte, nicht einverstanden gewesen sei. Die Fortschritte der preußischen Marine waren seitdem kaum nennens¬ wert!); und die erwähnten Hoffnungen abgerechnet, welche durch ihr Bestehen erhalten wurden, durfte dasselbe rücksichtlich seiner Nützlichkeit in mehr als einer Beziehung in Frage gestellt werden. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel und die Negierung selbst, wird es nicht bestreiten wollen, daß im Fall eines Krieges mit der kleinsten baltischen Seemacht, mit Dänemark, Preußen, ähnlich wie in den Jahren 18/18 und 4ö seine Häfen von wenigen Fregatten blokirt sehen würde, mit dem Unterschiede vielleicht, daß man sich in Kopen¬ hagen herbeilassen müßte, ihnen ein Linienschiff als Rückhalt zu geben. Das¬ selbe wäre selbstredend der Fall im Kriege mit Schweden, oder wenn Preußen mit Portugal , Spanien, mit einer Seemacht deö Mittelmeeres oder mit den Vereinigten Staaten in Conflict geriethe, Englands, Frankreichs und Rußlands gar nicht zu gedenken. DaS heißt mit andern Worten: Preußen als See- Macht ist heutzutage noch zu schwach, um es auch nur mit dem kleinsten oder entlegensten Marinestaat aufnehmen zu können. Es ist kein Fall denkbar, in welchem bei einem derartigen Zusammenstoß seine Kriegöfahrzeuge im Stande wären, die Blokade auch nur eines seiner Häfen zu hindern. Wenn man dieselben als eine noch erhaltene Hoffnung gelten lassen will, so ist dagegen kein Widerspruch zu erheben: eine thatsächliche praktische Bedeutung kommt ihnen aber durchaus nicht zu. Die Frage, auf welchen Stand Preußen seine Seemacht bringen müßte, Um damit mindestens einem Ansprüche, der Freihaltung seiner Küsten und dem Schutze seines Handels im Kriegsfall mit dem schwächsten seiner mögli¬ chen'Gegner, genügen zu können, ist nicht schwer zu beantworten. Dänemark h"t ein Material V»n sechs Linienschiffen, aber es wird ihm kaum möglich werden, mehr als zwei davon ausreichend auf den Kriegsfuß zu bemannen. Preußen würde um dieses Umstandes willen mindestens drei Schrauben- Weidecker besitzen müssen, damit es im Stande wäre, einen ehernen Riegel bor den Hafen von Kopenhagen zu legen. Um sich einer etwaigen skandina¬ vischen Allianz auf dem baltischen Me,ere erwehren zu können, die immerhin !N den Eventualitäten der Zukunft gehört, zumal wenn Nußland aus dem gegenwärtigen Kriege seinen im Norden dominirenden Einfluß wider alles

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/335
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/335>, abgerufen am 28.05.2024.