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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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er gewiß Anmuthiges geleistet haben. So aber bleibt die Ausführung weit
hinter den Ansprüchen zurM. --


General Spork von Franz Löser. Göttingen, Wigand. --

"Die wirkliche Geschichte", sagt der Verfasser im Nachwort, hat mehr poetische
Kraft, als die künstlich erdachte. Ich habe deshalb nur versucht, geschichtliche
Thatsachen meist im Volkston darzustellen, jedoch habe ich ihnen ein loses poeti¬
sches Gewand umgethan. Das Büchlein gibt weder ein Heldengedicht, noch eine
Romanzenreihe, sondern blos die Geschichte eines originellen tüchtigen Mannes
und seiner Zeit." -- Aber wenn man weder ein Heldengedicht noch einen Ro-
mancyclns geben will, sondern eine Geschichte, so scheint es ums zweckmäßiger,
daß man sich der Prosa bedient. Offenbar hat dem Verfasser das Beispiel
Scherenbergs vorgeschwebt, dem es in einigen kleinen Schilderungen gelungen ist,
das Lagerleben dnrch lebendig stark humoristische Färbung in einer Weise darzu¬
stellen, die der poetischen ähnlich sieht. Auch Herrn Löser, der einen kräftigen
Sinn für die Geschichte, guten Humor und wackern Muth hat, ist es in einigen
kleinen Bildern gelungen, den schicklichen Ton zu finden. Aber als Ganzes be¬
trachtet, ist die Geschichte doch nur versificirte Prosa. Uebrigens siud die Be¬
gebenheiten des Generals Spork, eines der besseren Feldherrn im -17. Jahrhun¬
dert, an sich interessant genug, um in jeder Form anzusprechen, sei es in Prosa
oder in Reimen, im letzter" Fall aber mehr ciuoiciuc- als p^roe-zM. --


Merlins Feiertage von Robert Waldmüller. -- Hamburg, Rießer und
Schirges. --

Merlin ist nicht der berühmte Sohn des Teufels, sondern der Dichter selbst,
der sich in den verschiedenen Feiertagen in verschiedene Schichten des Volks be¬
gibt und mit regem muntern Sinn zusieht, was man dort treibt. Bedeutend sind
diese Anschauungen nichts aber äußerst anmuthig und gemüthlich, grade wie die
früheren Versuche des Verfassers "Unter dem Schindeldach" und "Irrfahrten."
Inhalt, Empfindung, Anschauung, alles stimmt aufs trefflichste zusammen und
bringt ein- heiteres und behagliches Gefühl hervor. Eine größere Beschränkung
in burschikose" Ausdrücken könnte nicht schaden. --


Die Pfingstweide, eine Idylle in drei Gesängen von Karl Heinrich.
Kiel, Schröter. --

Wir haben von demselben Verfasser bereits früher einen ähnlichen Versuch
""gezeigt, das Idyll "Anna." Das gegenwärtige Gedicht zeichnet sich vor¬
theilhaft durch einen ansprechenden Stoff und warme Behandlung aus. Das
Vorbild des Dichters ist eigentlich nicht Goethe, sondern Voß, der anch seinen
nationalen Voraussetzungen näher stand, doch ist die Erzählung belebter, als
"> der "Luise", die sich fast in einem zu trägen Stillleben verliert. Das
Gedicht behandelt eine Episode ans dem'Leben Holsteins, die Wiederkehr eines
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er gewiß Anmuthiges geleistet haben. So aber bleibt die Ausführung weit
hinter den Ansprüchen zurM. —


General Spork von Franz Löser. Göttingen, Wigand. —

„Die wirkliche Geschichte", sagt der Verfasser im Nachwort, hat mehr poetische
Kraft, als die künstlich erdachte. Ich habe deshalb nur versucht, geschichtliche
Thatsachen meist im Volkston darzustellen, jedoch habe ich ihnen ein loses poeti¬
sches Gewand umgethan. Das Büchlein gibt weder ein Heldengedicht, noch eine
Romanzenreihe, sondern blos die Geschichte eines originellen tüchtigen Mannes
und seiner Zeit." — Aber wenn man weder ein Heldengedicht noch einen Ro-
mancyclns geben will, sondern eine Geschichte, so scheint es ums zweckmäßiger,
daß man sich der Prosa bedient. Offenbar hat dem Verfasser das Beispiel
Scherenbergs vorgeschwebt, dem es in einigen kleinen Schilderungen gelungen ist,
das Lagerleben dnrch lebendig stark humoristische Färbung in einer Weise darzu¬
stellen, die der poetischen ähnlich sieht. Auch Herrn Löser, der einen kräftigen
Sinn für die Geschichte, guten Humor und wackern Muth hat, ist es in einigen
kleinen Bildern gelungen, den schicklichen Ton zu finden. Aber als Ganzes be¬
trachtet, ist die Geschichte doch nur versificirte Prosa. Uebrigens siud die Be¬
gebenheiten des Generals Spork, eines der besseren Feldherrn im -17. Jahrhun¬
dert, an sich interessant genug, um in jeder Form anzusprechen, sei es in Prosa
oder in Reimen, im letzter» Fall aber mehr ciuoiciuc- als p^roe-zM. —


Merlins Feiertage von Robert Waldmüller. — Hamburg, Rießer und
Schirges. —

Merlin ist nicht der berühmte Sohn des Teufels, sondern der Dichter selbst,
der sich in den verschiedenen Feiertagen in verschiedene Schichten des Volks be¬
gibt und mit regem muntern Sinn zusieht, was man dort treibt. Bedeutend sind
diese Anschauungen nichts aber äußerst anmuthig und gemüthlich, grade wie die
früheren Versuche des Verfassers „Unter dem Schindeldach" und „Irrfahrten."
Inhalt, Empfindung, Anschauung, alles stimmt aufs trefflichste zusammen und
bringt ein- heiteres und behagliches Gefühl hervor. Eine größere Beschränkung
in burschikose» Ausdrücken könnte nicht schaden. —


Die Pfingstweide, eine Idylle in drei Gesängen von Karl Heinrich.
Kiel, Schröter. —

Wir haben von demselben Verfasser bereits früher einen ähnlichen Versuch
""gezeigt, das Idyll „Anna." Das gegenwärtige Gedicht zeichnet sich vor¬
theilhaft durch einen ansprechenden Stoff und warme Behandlung aus. Das
Vorbild des Dichters ist eigentlich nicht Goethe, sondern Voß, der anch seinen
nationalen Voraussetzungen näher stand, doch ist die Erzählung belebter, als
"> der „Luise", die sich fast in einem zu trägen Stillleben verliert. Das
Gedicht behandelt eine Episode ans dem'Leben Holsteins, die Wiederkehr eines
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[0227] er gewiß Anmuthiges geleistet haben. So aber bleibt die Ausführung weit hinter den Ansprüchen zurM. — General Spork von Franz Löser. Göttingen, Wigand. — „Die wirkliche Geschichte", sagt der Verfasser im Nachwort, hat mehr poetische Kraft, als die künstlich erdachte. Ich habe deshalb nur versucht, geschichtliche Thatsachen meist im Volkston darzustellen, jedoch habe ich ihnen ein loses poeti¬ sches Gewand umgethan. Das Büchlein gibt weder ein Heldengedicht, noch eine Romanzenreihe, sondern blos die Geschichte eines originellen tüchtigen Mannes und seiner Zeit." — Aber wenn man weder ein Heldengedicht noch einen Ro- mancyclns geben will, sondern eine Geschichte, so scheint es ums zweckmäßiger, daß man sich der Prosa bedient. Offenbar hat dem Verfasser das Beispiel Scherenbergs vorgeschwebt, dem es in einigen kleinen Schilderungen gelungen ist, das Lagerleben dnrch lebendig stark humoristische Färbung in einer Weise darzu¬ stellen, die der poetischen ähnlich sieht. Auch Herrn Löser, der einen kräftigen Sinn für die Geschichte, guten Humor und wackern Muth hat, ist es in einigen kleinen Bildern gelungen, den schicklichen Ton zu finden. Aber als Ganzes be¬ trachtet, ist die Geschichte doch nur versificirte Prosa. Uebrigens siud die Be¬ gebenheiten des Generals Spork, eines der besseren Feldherrn im -17. Jahrhun¬ dert, an sich interessant genug, um in jeder Form anzusprechen, sei es in Prosa oder in Reimen, im letzter» Fall aber mehr ciuoiciuc- als p^roe-zM. — Merlins Feiertage von Robert Waldmüller. — Hamburg, Rießer und Schirges. — Merlin ist nicht der berühmte Sohn des Teufels, sondern der Dichter selbst, der sich in den verschiedenen Feiertagen in verschiedene Schichten des Volks be¬ gibt und mit regem muntern Sinn zusieht, was man dort treibt. Bedeutend sind diese Anschauungen nichts aber äußerst anmuthig und gemüthlich, grade wie die früheren Versuche des Verfassers „Unter dem Schindeldach" und „Irrfahrten." Inhalt, Empfindung, Anschauung, alles stimmt aufs trefflichste zusammen und bringt ein- heiteres und behagliches Gefühl hervor. Eine größere Beschränkung in burschikose» Ausdrücken könnte nicht schaden. — Die Pfingstweide, eine Idylle in drei Gesängen von Karl Heinrich. Kiel, Schröter. — Wir haben von demselben Verfasser bereits früher einen ähnlichen Versuch ""gezeigt, das Idyll „Anna." Das gegenwärtige Gedicht zeichnet sich vor¬ theilhaft durch einen ansprechenden Stoff und warme Behandlung aus. Das Vorbild des Dichters ist eigentlich nicht Goethe, sondern Voß, der anch seinen nationalen Voraussetzungen näher stand, doch ist die Erzählung belebter, als "> der „Luise", die sich fast in einem zu trägen Stillleben verliert. Das Gedicht behandelt eine Episode ans dem'Leben Holsteins, die Wiederkehr eines "'' 28*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/226>, abgerufen am 19.05.2024.