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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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streuten Höfen bestehende Dorf, nach dem er genannt wird, noch etwas westlicher
an der großen Straße der idstedter Krug. Wenige Schritte südlich von
letzterem beginnt das Westergehege, ein Buchenwäldchen, welches sich, an dem
Dorfe und seinem See vorüber, bis zum Westrande des Langsees streckt.
Nördlich von diesem ist das Gryderholz, am Ostende desselben endlich ist das
Dorf Wedelspang, während am westlichen Ende der Position nach der Treene
hin die Dörfer Silberstedt und Schubye liegen.

Als die Schleswig-holsteinische Armee diese Stellung einnahm, war sie
auf ihrem rechten Flügel durch den Langsee, auf dem linken durch Moräste
gedeckt, und nur pas Centrum wär mit einiger Aussicht aus Erfolg anzugrei¬
fen, einmal nämlich links auf der Chaussee beim idstedter Krug, und sodann
auf dem schmalen Striche zwischen den beiden Seen. Diese beiden Punkte
mußten mit Verschanzungen versehen werden, und man hatte volle acht Tage
Zeit dazu. ES geschah aber nichts Nennenswerthes der Art, und dies war der
erste und vielleicht der größte Fehler, den Willisen beging.

Ein zweiter wesentlicher Mangel der Aufstellung, die der General beliebte,
bestand in der Verkeilung der einzelnen Truppenkörper über ein zu weites
Terrain, wodurch es unmöglich wurde, den Gang der Schlacht zu übersehen.
Ein dritter Mißgriff endlich war eS, daß daS Centrum nicht stark genug ge¬
bildet war, und im Grunde nur aus einer einzigen, hinter dem idstedter See
concentrirten Brigade bestand.

Die Disposition des Generals von Willisen war folgende. Die erste
Brigade war im äußersten Westen aufgestellt, um Die Treenesurten zu decken.
Nordöstlich von ihr, beim idstedter Krug stand die Avantgarde. Weiter nach
Osten, hinter dem idstedter See hatte die vierte Brigade, das eigentliche
Centrum, Posto gefaßt. Die dritte Brigade stand in der Mitte des Langsces,
hinter einer seichten Stelle, über die man eine schmale, mit Geschütz nicht zu
passirende Laufbrücke geschlagen hatte. Die zweite Brigade endlich hatte eine
Stellung am Ostrande des zuletzt erwähnten Sees.

Nun war Willisen ein grundsätzlicher Gegner von Defensivschlachten.
Die Offensive aber, die er sich ausgedacht, war folgendermaßen geordnet. Der
linke Flügel -- erste Brigade und Avantgarde -- sollte einfach Jdstedt und
die Treeneübergänge behaupten und dabei vom Centrum am idstedter See
unterstützt werden. Den eigentlichen Angriff auf die Dänen, von welchen man
ihrerseits erwarten mußte, paß sie das Centrum der Schleswig-Holsteiner zu
durchbrechen bemüht sein würden, sollte die dritte Brigade, geführt von v. d. Horst,
und die zweite unternehmen, welche unter dem Befehle Abercrons bei Wedel¬
spang postirt war. Beide sollten um drei Uhr Morgens aufbrechen, sich bei
Stoll, eine reichliche halbe Meile nördlich vom Langsee, vereinigen und hier
dem Feinde, der das Centrum angriff, in die Flanke fallen. So war die


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streuten Höfen bestehende Dorf, nach dem er genannt wird, noch etwas westlicher
an der großen Straße der idstedter Krug. Wenige Schritte südlich von
letzterem beginnt das Westergehege, ein Buchenwäldchen, welches sich, an dem
Dorfe und seinem See vorüber, bis zum Westrande des Langsees streckt.
Nördlich von diesem ist das Gryderholz, am Ostende desselben endlich ist das
Dorf Wedelspang, während am westlichen Ende der Position nach der Treene
hin die Dörfer Silberstedt und Schubye liegen.

Als die Schleswig-holsteinische Armee diese Stellung einnahm, war sie
auf ihrem rechten Flügel durch den Langsee, auf dem linken durch Moräste
gedeckt, und nur pas Centrum wär mit einiger Aussicht aus Erfolg anzugrei¬
fen, einmal nämlich links auf der Chaussee beim idstedter Krug, und sodann
auf dem schmalen Striche zwischen den beiden Seen. Diese beiden Punkte
mußten mit Verschanzungen versehen werden, und man hatte volle acht Tage
Zeit dazu. ES geschah aber nichts Nennenswerthes der Art, und dies war der
erste und vielleicht der größte Fehler, den Willisen beging.

Ein zweiter wesentlicher Mangel der Aufstellung, die der General beliebte,
bestand in der Verkeilung der einzelnen Truppenkörper über ein zu weites
Terrain, wodurch es unmöglich wurde, den Gang der Schlacht zu übersehen.
Ein dritter Mißgriff endlich war eS, daß daS Centrum nicht stark genug ge¬
bildet war, und im Grunde nur aus einer einzigen, hinter dem idstedter See
concentrirten Brigade bestand.

Die Disposition des Generals von Willisen war folgende. Die erste
Brigade war im äußersten Westen aufgestellt, um Die Treenesurten zu decken.
Nordöstlich von ihr, beim idstedter Krug stand die Avantgarde. Weiter nach
Osten, hinter dem idstedter See hatte die vierte Brigade, das eigentliche
Centrum, Posto gefaßt. Die dritte Brigade stand in der Mitte des Langsces,
hinter einer seichten Stelle, über die man eine schmale, mit Geschütz nicht zu
passirende Laufbrücke geschlagen hatte. Die zweite Brigade endlich hatte eine
Stellung am Ostrande des zuletzt erwähnten Sees.

Nun war Willisen ein grundsätzlicher Gegner von Defensivschlachten.
Die Offensive aber, die er sich ausgedacht, war folgendermaßen geordnet. Der
linke Flügel — erste Brigade und Avantgarde — sollte einfach Jdstedt und
die Treeneübergänge behaupten und dabei vom Centrum am idstedter See
unterstützt werden. Den eigentlichen Angriff auf die Dänen, von welchen man
ihrerseits erwarten mußte, paß sie das Centrum der Schleswig-Holsteiner zu
durchbrechen bemüht sein würden, sollte die dritte Brigade, geführt von v. d. Horst,
und die zweite unternehmen, welche unter dem Befehle Abercrons bei Wedel¬
spang postirt war. Beide sollten um drei Uhr Morgens aufbrechen, sich bei
Stoll, eine reichliche halbe Meile nördlich vom Langsee, vereinigen und hier
dem Feinde, der das Centrum angriff, in die Flanke fallen. So war die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/499>, abgerufen am 09.05.2024.