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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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logisch fest. Nichts kann mehr die Nothwendigkeit beweisen, den Glauben und
die Naturwissenschaft auseinanderzuhalten, als wenn man einen bedeutenden
Mann durch die Vermengung beider zu solchen Schlußfolgerungen verleitet
steht; eine theologische Physik ist ein ebenso großer Unsinn, als eine physika¬
lische Theologie.--

Indem wir an diese Bemerkungen die Anzeige der Chemischen Bilder an¬
knüpfen, deren Uebersetzung in der Lorckschen Ausgabe jetzt vollendet ist, bleibt
uns nichts Anderes übrig, als auf den großen Erfolg hinzuweisen, den dieses
für die populärsten Kreise bestimmte Werk in England davongetragen, und der
gleichzeitig vier oder fünf deutsche Buchhandlungen veranlaßt hat, mit einer
Bearbeitung hervorzutreten. Die Lorcksche Buchhandlung ist den andern zu¬
vorgekommen, die Uebersetzung ist sachgemäß, und so können wir diese Schrift
allen denen empfehlen, welche sich mit den Gesetzen der Natur, die in den ge¬
wöhnlichsten Erscheinungen des menschlichen Lebens zur Anwendung kommen,
bekannt machen wollen.




Das europäische Gleichgewicht.
. ' l.^ ' '.-^i

Mit einem feinen Takte haben die britischen Staatsmänner die ein¬
zigen, welche in dem Fall waren, über die bei Eröffnung des Kampfes gegen
Nußland anzustrebenden Ziele Rede und Antwort zu stehen -- es seither ver-.
mieden, auf diesen Fragepunkt näher einzugehen. Sie räumten ein, daß der
Krieg zunächst zum Schutze der Türkei gegen russische Eroberungsgelüste ge¬
führt werde, deuteten aber zugleich darauf hin, wie man je nach Umständen
ein weiteres Ziel sich stecken und nach Abweisung des feindlichen Angriffs
vor allen Dingen bemüht sein werde, Garantien gegen dessen Erneue¬
rung zu gewinnen.

Der Grund dieser Zurückhaltung ist in dem Umstände zu suchen, daß die
antirussische Allianz eine noch unvollendete ist; daß darin noch nicht sämmt¬
liche Mächte vertreten sind, welche bei der Entscheidung der orientalischen
Kricgsfrage als interesstrt angesehen werden können; daß endlich, jenachdem
der Bund sich erweitert und den Charakter einer Universalallianz gegen
die Uebergriffe eines Einzelstaates annimmt, die Mittel desselben zur Lösung
einer großen, politischen Aufgabe sich gleichzeitig steigern.

Keine andere ist denkbar, als die Herstellung der europäischen,
staatlichen Verhältnisse im Sinne eines politischen Gi.eichge-


logisch fest. Nichts kann mehr die Nothwendigkeit beweisen, den Glauben und
die Naturwissenschaft auseinanderzuhalten, als wenn man einen bedeutenden
Mann durch die Vermengung beider zu solchen Schlußfolgerungen verleitet
steht; eine theologische Physik ist ein ebenso großer Unsinn, als eine physika¬
lische Theologie.—

Indem wir an diese Bemerkungen die Anzeige der Chemischen Bilder an¬
knüpfen, deren Uebersetzung in der Lorckschen Ausgabe jetzt vollendet ist, bleibt
uns nichts Anderes übrig, als auf den großen Erfolg hinzuweisen, den dieses
für die populärsten Kreise bestimmte Werk in England davongetragen, und der
gleichzeitig vier oder fünf deutsche Buchhandlungen veranlaßt hat, mit einer
Bearbeitung hervorzutreten. Die Lorcksche Buchhandlung ist den andern zu¬
vorgekommen, die Uebersetzung ist sachgemäß, und so können wir diese Schrift
allen denen empfehlen, welche sich mit den Gesetzen der Natur, die in den ge¬
wöhnlichsten Erscheinungen des menschlichen Lebens zur Anwendung kommen,
bekannt machen wollen.




Das europäische Gleichgewicht.
. ' l.^ ' '.-^i

Mit einem feinen Takte haben die britischen Staatsmänner die ein¬
zigen, welche in dem Fall waren, über die bei Eröffnung des Kampfes gegen
Nußland anzustrebenden Ziele Rede und Antwort zu stehen — es seither ver-.
mieden, auf diesen Fragepunkt näher einzugehen. Sie räumten ein, daß der
Krieg zunächst zum Schutze der Türkei gegen russische Eroberungsgelüste ge¬
führt werde, deuteten aber zugleich darauf hin, wie man je nach Umständen
ein weiteres Ziel sich stecken und nach Abweisung des feindlichen Angriffs
vor allen Dingen bemüht sein werde, Garantien gegen dessen Erneue¬
rung zu gewinnen.

Der Grund dieser Zurückhaltung ist in dem Umstände zu suchen, daß die
antirussische Allianz eine noch unvollendete ist; daß darin noch nicht sämmt¬
liche Mächte vertreten sind, welche bei der Entscheidung der orientalischen
Kricgsfrage als interesstrt angesehen werden können; daß endlich, jenachdem
der Bund sich erweitert und den Charakter einer Universalallianz gegen
die Uebergriffe eines Einzelstaates annimmt, die Mittel desselben zur Lösung
einer großen, politischen Aufgabe sich gleichzeitig steigern.

Keine andere ist denkbar, als die Herstellung der europäischen,
staatlichen Verhältnisse im Sinne eines politischen Gi.eichge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/36>, abgerufen am 26.05.2024.