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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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den Rücken nehmen, mithin jeden ferneren Widerstand derselben unmöglich
machen würde.

Will der Ingenieur eine einzelne bastivnirte Fronte verstärken, so kann
er zu diesem Zweck einen von zwei Wegen einschlagen; entweder wird er sich
darauf beschränken, die fortificatorischen Elemente (siehe oben) der Fronte selbst
zu einer größeren Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, indem er den Graben tiefer
ausschachten laßt, die Scarpcn höher aufführt, der Brustwehr eine größere
Stärke, dem Wallgang mehr Breite gibt, oder er legt vor die vorhandenen
Werke andere vor.. Im Sinne des Bastionärsystems kann dies nicht anders
als mittelst einer vorgeschobenen Fronte geschehen, (d. h. mittelst zweier halber
Bastionen nebst einer sie verbindenden Courtine) welche man durch nach rück¬
wärts laufende Anschlußlinien mit dem Corps de Place verbindet, wonach das
Ganze den Namen Hornwerk erhält. Es wird diese vordere Fronte in der
Regel kürzer ausgeführt, wie die rückgelegene (anstatt fünfhundert Schritt nur
dreihundert lang) damit diese im Stande ist, sie von beiden Seiten her zu
überflügeln, und die Anschlußlinien zu flankiren. Will man zwei nebeneinan¬
der gelegene Fronten verstärken, so kann man sich zu diesem Zweck des Kronen-
Werks d. h. zweier zusammenhängender vorgeschobener Fronten bedienen, deren
Mittelbastion dann auf der Capitale des entsprechenden Werkes der Hauptlinie
zu liegen kommt. Die doppelte Krone setzt sich aus drei vorgeschobenen Fron¬
ten zusammen, und vermag eine gleiche Anzahl rückliegender zu decken. End¬
lich führt, bei größeren Festungen, die Verstärkung einer ganzen Reihe von
Fronten des Corps de Place zur vorgeschobenen Umfassung oder zweiten
Enceinte.

Allerdings hat man sich für die vorgeschobenen Werke nicht immer der
Bastionsform bedient. Man hat, vielleicht ebenso oft, der Tenaille den Vor-
9/geben, oder der Flesche; indeß, wenn das Terrain nicht bedingend dabei
war, nur infolge einer Inconsequenz, welche das auf der Hauptlinie als
bestes erkannte System nicht ebenfalls als solches auf der vorderen Linie gel¬
ten lassen will.

Die bastionären Befestigungen besitzen, wie nicht zu leugnen ist, eine be¬
deutende frontale Stärke; ihre einzelnen Linien sind zum Theil im Stande,
sich in einem hohen Maße untereinander zu unterstützen und namentlich liegt
der Graben im Bereich eines äußerst wirksamen Feuers. Dazu kommt, daß
dieses System, wie eben entwickelt worden ist, etwaige vorhandene Schwächen
durch die Mittel, welche es bietet, in einer dem Ganzen entsprechenden Weise
auszugleichen und, je nach Belieben, eine, oder zwei, oder drei Fronten oder
eine ganze Reihe zu verstärken vermag, indem es aus dem Vorterrain ein Horn¬
werk, oder eine Krone, eine doppelte Krone oder eine zweite Enceinte errichtet.

Seine Mängel sind, daß es seine Mittel immerhin nur in linearer Form


den Rücken nehmen, mithin jeden ferneren Widerstand derselben unmöglich
machen würde.

Will der Ingenieur eine einzelne bastivnirte Fronte verstärken, so kann
er zu diesem Zweck einen von zwei Wegen einschlagen; entweder wird er sich
darauf beschränken, die fortificatorischen Elemente (siehe oben) der Fronte selbst
zu einer größeren Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, indem er den Graben tiefer
ausschachten laßt, die Scarpcn höher aufführt, der Brustwehr eine größere
Stärke, dem Wallgang mehr Breite gibt, oder er legt vor die vorhandenen
Werke andere vor.. Im Sinne des Bastionärsystems kann dies nicht anders
als mittelst einer vorgeschobenen Fronte geschehen, (d. h. mittelst zweier halber
Bastionen nebst einer sie verbindenden Courtine) welche man durch nach rück¬
wärts laufende Anschlußlinien mit dem Corps de Place verbindet, wonach das
Ganze den Namen Hornwerk erhält. Es wird diese vordere Fronte in der
Regel kürzer ausgeführt, wie die rückgelegene (anstatt fünfhundert Schritt nur
dreihundert lang) damit diese im Stande ist, sie von beiden Seiten her zu
überflügeln, und die Anschlußlinien zu flankiren. Will man zwei nebeneinan¬
der gelegene Fronten verstärken, so kann man sich zu diesem Zweck des Kronen-
Werks d. h. zweier zusammenhängender vorgeschobener Fronten bedienen, deren
Mittelbastion dann auf der Capitale des entsprechenden Werkes der Hauptlinie
zu liegen kommt. Die doppelte Krone setzt sich aus drei vorgeschobenen Fron¬
ten zusammen, und vermag eine gleiche Anzahl rückliegender zu decken. End¬
lich führt, bei größeren Festungen, die Verstärkung einer ganzen Reihe von
Fronten des Corps de Place zur vorgeschobenen Umfassung oder zweiten
Enceinte.

Allerdings hat man sich für die vorgeschobenen Werke nicht immer der
Bastionsform bedient. Man hat, vielleicht ebenso oft, der Tenaille den Vor-
9/geben, oder der Flesche; indeß, wenn das Terrain nicht bedingend dabei
war, nur infolge einer Inconsequenz, welche das auf der Hauptlinie als
bestes erkannte System nicht ebenfalls als solches auf der vorderen Linie gel¬
ten lassen will.

Die bastionären Befestigungen besitzen, wie nicht zu leugnen ist, eine be¬
deutende frontale Stärke; ihre einzelnen Linien sind zum Theil im Stande,
sich in einem hohen Maße untereinander zu unterstützen und namentlich liegt
der Graben im Bereich eines äußerst wirksamen Feuers. Dazu kommt, daß
dieses System, wie eben entwickelt worden ist, etwaige vorhandene Schwächen
durch die Mittel, welche es bietet, in einer dem Ganzen entsprechenden Weise
auszugleichen und, je nach Belieben, eine, oder zwei, oder drei Fronten oder
eine ganze Reihe zu verstärken vermag, indem es aus dem Vorterrain ein Horn¬
werk, oder eine Krone, eine doppelte Krone oder eine zweite Enceinte errichtet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/111>, abgerufen am 15.05.2024.