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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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gefühl ist diesseit und jenseit des Oceans lebhaft erwacht und die Verbindung
ununterbrochen. Eine materielle Beziehung ist weder möglich noch wünschens¬
wert!), denn ein Besitz ausgedehnter Colonien hat einen Staat auf die Dauer
noch nie gefördert, dagegen wird die geistige Beziehung immer lebendiger wer¬
den, und gekräftigt durch dieselbe wird auch das deutsche Volksthum in Ame¬
rika immer mehr Selbstgefühl gegen den herrschenden Stamm entwickeln. Ob
daraus im Laus der Zeit wirkliche deutsche Staaten hervorgehen, läßt sich für
jetzt nicht ausmachen, aber die Erhaltung des Volksthums ist davon auch
keineswegs abhangig, und diese zu fördern ist vorzugsweise Sache der deutschen
Presse. Der Verfasser verdient umsomehr Dank, da seine Anweisungen
durchaus praktischer Natur sind. Wenn sonst bei der Wahl der Gegenden die
Auswanderer vorzugsweise das materielle Interesse vorwiegen lassen, so hebt
er vorzugsweise das nationale hervor. Das eine darf das andere nicht aus¬
schließen, da beide erst in lebendiger Wechselwirkung den richtigen Maßstab
geben. --


Geschichte der Kriegsverfassung und des Kriegswesens der Deut¬
schen. Von Yl'. F. W. Barthold. Zwei Bände. Leipzig, T. O.
Weigel. --

Wie wir bereits angeführt haben, gehört diese Schrift zu der Sammlung:
"Das deutsche Volk dargestellt in Vergangenheit und Gegenwart zur Begrün¬
dung der Zukunft." Es war ursprünglich aus einen größern Umfang berechnet;
der Verfasser hat das letzte Capitel, die Periode von dem westphälischen Frieden
bis zu den Freiheitskriegen, sehr summarisch behandelt. Wenn der Nächstlie¬
gende Zweck des Buchs ein historischer war, nämlich in einer gedrängten Skizze
die Wandlungen des deutschen Heerwesens nachzuweisen, so fehlt doch die prak¬
tische Tendenz keineswegs. Es wird gezeigt" daß die allgemeine Volksbewaff¬
nung, zu der wir seit den Freiheitskriegen zurückgekehrt sind, auch die ursprüng¬
liche und nationale war, und daß sie auch in dem Wesen unsers Volks am
meisten begründet ist. Bei einer Geschichte der Kriegsverfassung kann man die
allgemeine politische Geschichte nicht umgehen, denn die Kriegsverfassung hängt
von den Kriegen ab. Vielleicht hätte aber der Verfasser hier aus der allge¬
meinen Geschichte mehr als bekannt voraussetzen und dasür aus die technische
Seite seines Gegenstandes mehr Aufmerksamkeit verwenden sollen. Da indeß
das Buch vorzugsweise sür den Laien im Kriegswesen bestimmt ist und mehr
ein anschauliches Bild, als eine wissenschaftlich abgeschlossene Untersuchung
bezweckt, so treten diese Mängel nicht sehr hervor. Die Anordnung ist über¬
sichtlich und sachgemäß, und so schließt sich das Buch den übrigen Werken
derselben Sammlung auf eine zweckmäßige Weise an. --


gefühl ist diesseit und jenseit des Oceans lebhaft erwacht und die Verbindung
ununterbrochen. Eine materielle Beziehung ist weder möglich noch wünschens¬
wert!), denn ein Besitz ausgedehnter Colonien hat einen Staat auf die Dauer
noch nie gefördert, dagegen wird die geistige Beziehung immer lebendiger wer¬
den, und gekräftigt durch dieselbe wird auch das deutsche Volksthum in Ame¬
rika immer mehr Selbstgefühl gegen den herrschenden Stamm entwickeln. Ob
daraus im Laus der Zeit wirkliche deutsche Staaten hervorgehen, läßt sich für
jetzt nicht ausmachen, aber die Erhaltung des Volksthums ist davon auch
keineswegs abhangig, und diese zu fördern ist vorzugsweise Sache der deutschen
Presse. Der Verfasser verdient umsomehr Dank, da seine Anweisungen
durchaus praktischer Natur sind. Wenn sonst bei der Wahl der Gegenden die
Auswanderer vorzugsweise das materielle Interesse vorwiegen lassen, so hebt
er vorzugsweise das nationale hervor. Das eine darf das andere nicht aus¬
schließen, da beide erst in lebendiger Wechselwirkung den richtigen Maßstab
geben. —


Geschichte der Kriegsverfassung und des Kriegswesens der Deut¬
schen. Von Yl'. F. W. Barthold. Zwei Bände. Leipzig, T. O.
Weigel. —

Wie wir bereits angeführt haben, gehört diese Schrift zu der Sammlung:
„Das deutsche Volk dargestellt in Vergangenheit und Gegenwart zur Begrün¬
dung der Zukunft." Es war ursprünglich aus einen größern Umfang berechnet;
der Verfasser hat das letzte Capitel, die Periode von dem westphälischen Frieden
bis zu den Freiheitskriegen, sehr summarisch behandelt. Wenn der Nächstlie¬
gende Zweck des Buchs ein historischer war, nämlich in einer gedrängten Skizze
die Wandlungen des deutschen Heerwesens nachzuweisen, so fehlt doch die prak¬
tische Tendenz keineswegs. Es wird gezeigt» daß die allgemeine Volksbewaff¬
nung, zu der wir seit den Freiheitskriegen zurückgekehrt sind, auch die ursprüng¬
liche und nationale war, und daß sie auch in dem Wesen unsers Volks am
meisten begründet ist. Bei einer Geschichte der Kriegsverfassung kann man die
allgemeine politische Geschichte nicht umgehen, denn die Kriegsverfassung hängt
von den Kriegen ab. Vielleicht hätte aber der Verfasser hier aus der allge¬
meinen Geschichte mehr als bekannt voraussetzen und dasür aus die technische
Seite seines Gegenstandes mehr Aufmerksamkeit verwenden sollen. Da indeß
das Buch vorzugsweise sür den Laien im Kriegswesen bestimmt ist und mehr
ein anschauliches Bild, als eine wissenschaftlich abgeschlossene Untersuchung
bezweckt, so treten diese Mängel nicht sehr hervor. Die Anordnung ist über¬
sichtlich und sachgemäß, und so schließt sich das Buch den übrigen Werken
derselben Sammlung auf eine zweckmäßige Weise an. —


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/466>, abgerufen am 15.05.2024.