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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Jronacherin, und ich ging schnell nach der Hebamme, welche die von Schaum¬
berg hergesandt halte. Diese lag in der Stube meiner jungen Frau*), und
ich sprach: Margaret, steht schnell auf, meiner gnädigen Frau Stunde ist ge¬
kommen. Die Frau antwortete wie aus schwerem Schlaf und sprach: "Heili¬
ges Kreuz, wollen wir heute Nacht ein Kind bekommen, so werden wir morgen
schwerlich nach Preßburg fahre"," und wollte nicht aufstehen. Und der Streit
däuchte mich zu lange, ich eilte wieder zu meiner gnädigen Frau, daß ihr
kein Unglück geschehe, denn die zwei, die bei ihr waren, verstanden solche
Dinge nicht. Da sprach meine gnädige Frau: wo ist die Margaret? Ich
sagte Ihrer Gnaden die thörichte Antwort der Frau, und Ihre Gnaden sprach:
"geht schnell wieder hin und heißt sie kommen, es ist kein Spaß dabei." Ich
ging schnell wieder hin und brachte die Frau mit Zorn auf, und als sie zu
meiner gnädigen Frau kam, da währte es nicht eine halbe Stunde, daß uns
der allmächtige Gott einen jungen König schenkte. In derselben Stunde, wo
die heilige K>one von der Plintenburg nach Komorn kam, in derselben Stunde
ward der König Laßla geboren. Die Hebamme war gewitzigt und sprach:
"Gnädige Frau, wollt Ihr mir gewähren, warum ich Euch bitte, so will ich
Euch sagen, was ich in meiner Hand habe." Da sprach die edle Königin:
"Ja, liebe Mutter." Da sprach die Amme: "Gnädige Frau, ich habe einen
jungen König in meinen Händen." Da ward die edle Königin froh, und
hob ihre Hände auf zu Gott und dankte Gott für seine Gnade. Als nun die
Kindbettin gelegt in ein Bett wurde, und niemand bei ihr war, als ich allein,
da kniete ich nieder und sprach zu der Königin: Gnädige Frau, Eure Gnaden
hat Gott zu danken, so lange Ihr lebt für die große Gnade und Wunder, die
Gott der Allmächtige bewirkt hat, daß der König und die heilige Krone in
einer Stunde zueinander gekommen sind. Da sprach die edle Königin: Wol
ist es ein großes Wunder von Gott dem Allmächtigen, denn vor diesem hat
es nie gelingen wollen. --

Als nun der edle und getreue Graf Ulrich von Eil" inne ward, daß ihm
ein König und Freund geboren war, sein Herr und Verwandter, da ward er
gar freudenreich und auch die vou Kroatien und andern Grafen und Herren
und alles Hofgesinde. Und der,edle Graf von City ließ ein Freudenfeuer
machen und sie fuhren mit den Windlichtern auf dein Wasser und hatten ihre
Freude bis über Mitternacht. Des Morgens früh sandte man nach dem Bi¬
schof von Gran, daß er kommen und helfen sollte den jungen König zu einem
Christen zu machen. Der kam, und der Pfarrer von Ofen, Meister Franz
war auch da. Und meine gnädige Frau begehrte von mir, auch ich sollte
Ihrer Gnaden Gevatterin werben. Da sprach ich: Gnädige Frau ich bin Eure



'*) Der vierjährigen Prinzeß Elisabet.

Jronacherin, und ich ging schnell nach der Hebamme, welche die von Schaum¬
berg hergesandt halte. Diese lag in der Stube meiner jungen Frau*), und
ich sprach: Margaret, steht schnell auf, meiner gnädigen Frau Stunde ist ge¬
kommen. Die Frau antwortete wie aus schwerem Schlaf und sprach: „Heili¬
ges Kreuz, wollen wir heute Nacht ein Kind bekommen, so werden wir morgen
schwerlich nach Preßburg fahre»," und wollte nicht aufstehen. Und der Streit
däuchte mich zu lange, ich eilte wieder zu meiner gnädigen Frau, daß ihr
kein Unglück geschehe, denn die zwei, die bei ihr waren, verstanden solche
Dinge nicht. Da sprach meine gnädige Frau: wo ist die Margaret? Ich
sagte Ihrer Gnaden die thörichte Antwort der Frau, und Ihre Gnaden sprach:
„geht schnell wieder hin und heißt sie kommen, es ist kein Spaß dabei." Ich
ging schnell wieder hin und brachte die Frau mit Zorn auf, und als sie zu
meiner gnädigen Frau kam, da währte es nicht eine halbe Stunde, daß uns
der allmächtige Gott einen jungen König schenkte. In derselben Stunde, wo
die heilige K>one von der Plintenburg nach Komorn kam, in derselben Stunde
ward der König Laßla geboren. Die Hebamme war gewitzigt und sprach:
„Gnädige Frau, wollt Ihr mir gewähren, warum ich Euch bitte, so will ich
Euch sagen, was ich in meiner Hand habe." Da sprach die edle Königin:
„Ja, liebe Mutter." Da sprach die Amme: „Gnädige Frau, ich habe einen
jungen König in meinen Händen." Da ward die edle Königin froh, und
hob ihre Hände auf zu Gott und dankte Gott für seine Gnade. Als nun die
Kindbettin gelegt in ein Bett wurde, und niemand bei ihr war, als ich allein,
da kniete ich nieder und sprach zu der Königin: Gnädige Frau, Eure Gnaden
hat Gott zu danken, so lange Ihr lebt für die große Gnade und Wunder, die
Gott der Allmächtige bewirkt hat, daß der König und die heilige Krone in
einer Stunde zueinander gekommen sind. Da sprach die edle Königin: Wol
ist es ein großes Wunder von Gott dem Allmächtigen, denn vor diesem hat
es nie gelingen wollen. —

Als nun der edle und getreue Graf Ulrich von Eil» inne ward, daß ihm
ein König und Freund geboren war, sein Herr und Verwandter, da ward er
gar freudenreich und auch die vou Kroatien und andern Grafen und Herren
und alles Hofgesinde. Und der,edle Graf von City ließ ein Freudenfeuer
machen und sie fuhren mit den Windlichtern auf dein Wasser und hatten ihre
Freude bis über Mitternacht. Des Morgens früh sandte man nach dem Bi¬
schof von Gran, daß er kommen und helfen sollte den jungen König zu einem
Christen zu machen. Der kam, und der Pfarrer von Ofen, Meister Franz
war auch da. Und meine gnädige Frau begehrte von mir, auch ich sollte
Ihrer Gnaden Gevatterin werben. Da sprach ich: Gnädige Frau ich bin Eure



'*) Der vierjährigen Prinzeß Elisabet.
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[0026] Jronacherin, und ich ging schnell nach der Hebamme, welche die von Schaum¬ berg hergesandt halte. Diese lag in der Stube meiner jungen Frau*), und ich sprach: Margaret, steht schnell auf, meiner gnädigen Frau Stunde ist ge¬ kommen. Die Frau antwortete wie aus schwerem Schlaf und sprach: „Heili¬ ges Kreuz, wollen wir heute Nacht ein Kind bekommen, so werden wir morgen schwerlich nach Preßburg fahre»," und wollte nicht aufstehen. Und der Streit däuchte mich zu lange, ich eilte wieder zu meiner gnädigen Frau, daß ihr kein Unglück geschehe, denn die zwei, die bei ihr waren, verstanden solche Dinge nicht. Da sprach meine gnädige Frau: wo ist die Margaret? Ich sagte Ihrer Gnaden die thörichte Antwort der Frau, und Ihre Gnaden sprach: „geht schnell wieder hin und heißt sie kommen, es ist kein Spaß dabei." Ich ging schnell wieder hin und brachte die Frau mit Zorn auf, und als sie zu meiner gnädigen Frau kam, da währte es nicht eine halbe Stunde, daß uns der allmächtige Gott einen jungen König schenkte. In derselben Stunde, wo die heilige K>one von der Plintenburg nach Komorn kam, in derselben Stunde ward der König Laßla geboren. Die Hebamme war gewitzigt und sprach: „Gnädige Frau, wollt Ihr mir gewähren, warum ich Euch bitte, so will ich Euch sagen, was ich in meiner Hand habe." Da sprach die edle Königin: „Ja, liebe Mutter." Da sprach die Amme: „Gnädige Frau, ich habe einen jungen König in meinen Händen." Da ward die edle Königin froh, und hob ihre Hände auf zu Gott und dankte Gott für seine Gnade. Als nun die Kindbettin gelegt in ein Bett wurde, und niemand bei ihr war, als ich allein, da kniete ich nieder und sprach zu der Königin: Gnädige Frau, Eure Gnaden hat Gott zu danken, so lange Ihr lebt für die große Gnade und Wunder, die Gott der Allmächtige bewirkt hat, daß der König und die heilige Krone in einer Stunde zueinander gekommen sind. Da sprach die edle Königin: Wol ist es ein großes Wunder von Gott dem Allmächtigen, denn vor diesem hat es nie gelingen wollen. — Als nun der edle und getreue Graf Ulrich von Eil» inne ward, daß ihm ein König und Freund geboren war, sein Herr und Verwandter, da ward er gar freudenreich und auch die vou Kroatien und andern Grafen und Herren und alles Hofgesinde. Und der,edle Graf von City ließ ein Freudenfeuer machen und sie fuhren mit den Windlichtern auf dein Wasser und hatten ihre Freude bis über Mitternacht. Des Morgens früh sandte man nach dem Bi¬ schof von Gran, daß er kommen und helfen sollte den jungen König zu einem Christen zu machen. Der kam, und der Pfarrer von Ofen, Meister Franz war auch da. Und meine gnädige Frau begehrte von mir, auch ich sollte Ihrer Gnaden Gevatterin werben. Da sprach ich: Gnädige Frau ich bin Eure '*) Der vierjährigen Prinzeß Elisabet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/26>, abgerufen am 23.05.2024.