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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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rem Kaliber sein dürfe und, wenn eine dritte oder oberste vorhanden, diese noch
leichter zu armiren sei. Nach diesen Annahmen besetzte man, um Mitte des
vorigen Jahrhunderts, die untere Batterie der Zweidecker mit Achtzehnpsün-
dern, die der Dreidecker mit Vierundzwanzipfündern. Im zweiten Deck stan¬
den, bei den ersteren Linienschiffen, Sechzehnpsünder und bei den letzteren
Achtzehnvfünder; im oberen, bei diesen, Sechzehnpsünder und auf Deck Zwöls-
oder Neunpsünder; bei jenen, auf Deck, Zwölfpfünder. Auch dieses Arran¬
gement konnte, dem damaligen Standpunkte der Kriegsschiffbaukunst gemäß,
nur gerechtfertigt erscheinen. Die auf dem Kiel ruhenden Ripp- oder Krumm¬
hölzer werden, nach oben hin, schwächer und vermögen mithin nicht so starke
Decksbalken, wie weiter unten, zu tragen; man kann mithin auch auf diesen
nicht so schwere Kanonen, wie dies in den unteren Batterien möglich ist, pla-
ciren. In diesem schwächeren Kaliber der kleineren Schiffe und der höheren
Stockwerke bestand ein Uebelstand, für den man nicht unempfindlich war und
den man bereits im vorigen Jahrhunderte auszugleichen sich bemühte. Man kam
zunächst auf den nicht fern liegenden Gedanken, durch eine Verkürzung der
Geschützröhre und eine Aenderung ihrer Construction, vermöge deren sie mit
Kammern versehen wurden, ein Kanon herzustellen, welches, bei demselben
Kaliber, ein bedeutend geringeres Gewicht wie die bisherigen haben sollte,
mithin die Decksbalken weniger belasten und, nichts desto weniger ein großes
Geschoß schießen würde. Die Erfindung trat schnell in die Praris und ist
unter dem Namen der Karronade bekannt geworden. Seitdem wurde es
möglich, ein Schiff von mehrern Batterien mit demselben Kaliber auszurüsten
und auch bei kleineren Fahrzeugen ein schwereres anzuwenden, wiewol dies
auf Kosten der Fernwirkung geschah; denn, aus einleuchtenden Gründen,
reichen die kurzen Geschütze nicht so weit, wie die längeren.

Die Amerikaner aber schlugen in dem Bestreben die Armirung der Schiffe
zu verstärken einen durchaus neuen Weg ein, indem sie dieselbe durch eine
Veränderung der Schiffsconstruction zu ermöglichen suchten. Die Nipphölzer
der großen Fregatten wurden von ihnen (zu Ausgang des 18. Jahrhunderts)
von derselben Stärke wie die der damaligen Linienschiffe genommen und da¬
durch zunächst daS erreicht, daß sie im unteren Deck Zweiunddreißigpfünder
(bei der ersten großen amerikanischen Fregatte ging man allerdings nicht über
Vierundzwanzigpfünder hinaus) aufstellen konnten, während die meisten schwe¬
ren Fregatten jener Zeit in anderen Mariner nur Achlzehnpfünder führten.
Die amerikanische Reform rücksichtlich der Bewaffnung der Linienschiffe bestand
aber darin, daß man ihre Constructionsstücke von derartigen Dimensionen
nahm, um noch daS zweite Deck mit Kanonen, wenn auch kürzeren, von dem¬
selben Kaliber, wie die im unteren Deck, zu besetzen und erst auf Deck, in
der obersten Geschützlage, Karronaden zu verwenden.


rem Kaliber sein dürfe und, wenn eine dritte oder oberste vorhanden, diese noch
leichter zu armiren sei. Nach diesen Annahmen besetzte man, um Mitte des
vorigen Jahrhunderts, die untere Batterie der Zweidecker mit Achtzehnpsün-
dern, die der Dreidecker mit Vierundzwanzipfündern. Im zweiten Deck stan¬
den, bei den ersteren Linienschiffen, Sechzehnpsünder und bei den letzteren
Achtzehnvfünder; im oberen, bei diesen, Sechzehnpsünder und auf Deck Zwöls-
oder Neunpsünder; bei jenen, auf Deck, Zwölfpfünder. Auch dieses Arran¬
gement konnte, dem damaligen Standpunkte der Kriegsschiffbaukunst gemäß,
nur gerechtfertigt erscheinen. Die auf dem Kiel ruhenden Ripp- oder Krumm¬
hölzer werden, nach oben hin, schwächer und vermögen mithin nicht so starke
Decksbalken, wie weiter unten, zu tragen; man kann mithin auch auf diesen
nicht so schwere Kanonen, wie dies in den unteren Batterien möglich ist, pla-
ciren. In diesem schwächeren Kaliber der kleineren Schiffe und der höheren
Stockwerke bestand ein Uebelstand, für den man nicht unempfindlich war und
den man bereits im vorigen Jahrhunderte auszugleichen sich bemühte. Man kam
zunächst auf den nicht fern liegenden Gedanken, durch eine Verkürzung der
Geschützröhre und eine Aenderung ihrer Construction, vermöge deren sie mit
Kammern versehen wurden, ein Kanon herzustellen, welches, bei demselben
Kaliber, ein bedeutend geringeres Gewicht wie die bisherigen haben sollte,
mithin die Decksbalken weniger belasten und, nichts desto weniger ein großes
Geschoß schießen würde. Die Erfindung trat schnell in die Praris und ist
unter dem Namen der Karronade bekannt geworden. Seitdem wurde es
möglich, ein Schiff von mehrern Batterien mit demselben Kaliber auszurüsten
und auch bei kleineren Fahrzeugen ein schwereres anzuwenden, wiewol dies
auf Kosten der Fernwirkung geschah; denn, aus einleuchtenden Gründen,
reichen die kurzen Geschütze nicht so weit, wie die längeren.

Die Amerikaner aber schlugen in dem Bestreben die Armirung der Schiffe
zu verstärken einen durchaus neuen Weg ein, indem sie dieselbe durch eine
Veränderung der Schiffsconstruction zu ermöglichen suchten. Die Nipphölzer
der großen Fregatten wurden von ihnen (zu Ausgang des 18. Jahrhunderts)
von derselben Stärke wie die der damaligen Linienschiffe genommen und da¬
durch zunächst daS erreicht, daß sie im unteren Deck Zweiunddreißigpfünder
(bei der ersten großen amerikanischen Fregatte ging man allerdings nicht über
Vierundzwanzigpfünder hinaus) aufstellen konnten, während die meisten schwe¬
ren Fregatten jener Zeit in anderen Mariner nur Achlzehnpfünder führten.
Die amerikanische Reform rücksichtlich der Bewaffnung der Linienschiffe bestand
aber darin, daß man ihre Constructionsstücke von derartigen Dimensionen
nahm, um noch daS zweite Deck mit Kanonen, wenn auch kürzeren, von dem¬
selben Kaliber, wie die im unteren Deck, zu besetzen und erst auf Deck, in
der obersten Geschützlage, Karronaden zu verwenden.


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[0487] rem Kaliber sein dürfe und, wenn eine dritte oder oberste vorhanden, diese noch leichter zu armiren sei. Nach diesen Annahmen besetzte man, um Mitte des vorigen Jahrhunderts, die untere Batterie der Zweidecker mit Achtzehnpsün- dern, die der Dreidecker mit Vierundzwanzipfündern. Im zweiten Deck stan¬ den, bei den ersteren Linienschiffen, Sechzehnpsünder und bei den letzteren Achtzehnvfünder; im oberen, bei diesen, Sechzehnpsünder und auf Deck Zwöls- oder Neunpsünder; bei jenen, auf Deck, Zwölfpfünder. Auch dieses Arran¬ gement konnte, dem damaligen Standpunkte der Kriegsschiffbaukunst gemäß, nur gerechtfertigt erscheinen. Die auf dem Kiel ruhenden Ripp- oder Krumm¬ hölzer werden, nach oben hin, schwächer und vermögen mithin nicht so starke Decksbalken, wie weiter unten, zu tragen; man kann mithin auch auf diesen nicht so schwere Kanonen, wie dies in den unteren Batterien möglich ist, pla- ciren. In diesem schwächeren Kaliber der kleineren Schiffe und der höheren Stockwerke bestand ein Uebelstand, für den man nicht unempfindlich war und den man bereits im vorigen Jahrhunderte auszugleichen sich bemühte. Man kam zunächst auf den nicht fern liegenden Gedanken, durch eine Verkürzung der Geschützröhre und eine Aenderung ihrer Construction, vermöge deren sie mit Kammern versehen wurden, ein Kanon herzustellen, welches, bei demselben Kaliber, ein bedeutend geringeres Gewicht wie die bisherigen haben sollte, mithin die Decksbalken weniger belasten und, nichts desto weniger ein großes Geschoß schießen würde. Die Erfindung trat schnell in die Praris und ist unter dem Namen der Karronade bekannt geworden. Seitdem wurde es möglich, ein Schiff von mehrern Batterien mit demselben Kaliber auszurüsten und auch bei kleineren Fahrzeugen ein schwereres anzuwenden, wiewol dies auf Kosten der Fernwirkung geschah; denn, aus einleuchtenden Gründen, reichen die kurzen Geschütze nicht so weit, wie die längeren. Die Amerikaner aber schlugen in dem Bestreben die Armirung der Schiffe zu verstärken einen durchaus neuen Weg ein, indem sie dieselbe durch eine Veränderung der Schiffsconstruction zu ermöglichen suchten. Die Nipphölzer der großen Fregatten wurden von ihnen (zu Ausgang des 18. Jahrhunderts) von derselben Stärke wie die der damaligen Linienschiffe genommen und da¬ durch zunächst daS erreicht, daß sie im unteren Deck Zweiunddreißigpfünder (bei der ersten großen amerikanischen Fregatte ging man allerdings nicht über Vierundzwanzigpfünder hinaus) aufstellen konnten, während die meisten schwe¬ ren Fregatten jener Zeit in anderen Mariner nur Achlzehnpfünder führten. Die amerikanische Reform rücksichtlich der Bewaffnung der Linienschiffe bestand aber darin, daß man ihre Constructionsstücke von derartigen Dimensionen nahm, um noch daS zweite Deck mit Kanonen, wenn auch kürzeren, von dem¬ selben Kaliber, wie die im unteren Deck, zu besetzen und erst auf Deck, in der obersten Geschützlage, Karronaden zu verwenden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/487>, abgerufen am 20.05.2024.