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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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gegerbten Leders bestanden, welches mit Riemen über das / Flußblatt be¬
festigt war.

Diese Tracht ist also die Grundlage, auf welche im Verlaufe der Zeiten,
je nach der Stammverschiedenheit und nach fremdem Einflüsse, Aenderungen
aufgetragen wurden. Bei den Männern finden wir im fünften und sechsten
Jahrhundert durchgehends einen kurzen Rock, zuweilen ein Wamms darauf,
und darüber den Mantel. Hohe Schuhe werden nun häufiger erwähnt. Nach
der Eroberung römischer Länder war in die Vornehmen und Reichen übrigens
die Nachahmung römischer Staatskleidcr gedrungen, wozu die Aehnlichkeit der
eignen Kleidung vielfach die Hand bot.

Bei den Longobarden begegnen wir zuerst anstatt jenes kurzen Schnitts
von Mantel und Rock dem langen, der überhaupt den niederdeutschen Stäm¬
men, zu denen die spätern Beherrscher Italiens, ihren älteren Sitzen nach
gehörten, eigen war. Der Rock der Männer war faltig und reichte bis über
das Knie hinab; die Aermel waren entweder vorn ziemlich weit und deckten
nur den Oberarm, oder sie schlössen eng am Handgelenk ab. Reichere scheinen
zwei Röcke getragen zu haben; dann hatte der Ueberrock die weiten und kurzen
Aermel. Der Mantel ^ging tief hinunter; das Bein war bis zum Knie mit
weißen Binden umwunden und der Fuß stak in Schuhen, die in der Mitte
einen tiefen Einschnitt hatten. Statt der Binden kamen später lange Strümpfe
(Hosen) ans. --

Die Frauen trugen den Rock noch länger als die Männer und auch bei
ihnen gewahrt man einen Doppelrock. Beide Geschlechter schmückten die Ge¬
wänder mit bunten Säumen und Besätzen uns? mit Knöpfen an Hals, Aer-
meln und Brust. Der Gürtel schloß bei den Männern hart über den Hüften,
bei den Weibern unter der Brust um den Leib. Leinwand war der beliebteste
Stoff zur ganzen Bekleidung. ^

Etwas später fand bei den Longobarden ein kürzerer Männerrock Eingang,
den man fränkischem Einfluß zugeschrieben hat; denn bei diesem bedeutenden
und kräftigen Stamme war das kurze Gewand durch das ganze Mittelalter
volksthümlich.

Die fränkische Tracht bestand eins einem Hemd und Beinkleid von Lein¬
wand; darüber ein Rock bis zum Knie reichend, über welchen zuweilen noch
ein pelzenes Vrustwamms gezogen ward. Den Gürtel trug man tief. Binden
umhüllten das Bein bis zur Wade; um die leinene Unterhose schloß am Knie
ein Band. Der Fuß war entweder durch jene Binden bedeckt, in welchem Fall
die Zehen nackt lagen, oder stak in Schuhen. Den ziemlich langen Mantel
hielt auf der rechten Achsel ein Knopf mit Bändern fest; an bunten Säumen
und Streifen fehlte es nicht. Wir dürfen kaum erwähnen, daß die Aermeren
sich mit einzelnen Stücken hiervon behalfen, und daß am merovingischen Hofe


gegerbten Leders bestanden, welches mit Riemen über das / Flußblatt be¬
festigt war.

Diese Tracht ist also die Grundlage, auf welche im Verlaufe der Zeiten,
je nach der Stammverschiedenheit und nach fremdem Einflüsse, Aenderungen
aufgetragen wurden. Bei den Männern finden wir im fünften und sechsten
Jahrhundert durchgehends einen kurzen Rock, zuweilen ein Wamms darauf,
und darüber den Mantel. Hohe Schuhe werden nun häufiger erwähnt. Nach
der Eroberung römischer Länder war in die Vornehmen und Reichen übrigens
die Nachahmung römischer Staatskleidcr gedrungen, wozu die Aehnlichkeit der
eignen Kleidung vielfach die Hand bot.

Bei den Longobarden begegnen wir zuerst anstatt jenes kurzen Schnitts
von Mantel und Rock dem langen, der überhaupt den niederdeutschen Stäm¬
men, zu denen die spätern Beherrscher Italiens, ihren älteren Sitzen nach
gehörten, eigen war. Der Rock der Männer war faltig und reichte bis über
das Knie hinab; die Aermel waren entweder vorn ziemlich weit und deckten
nur den Oberarm, oder sie schlössen eng am Handgelenk ab. Reichere scheinen
zwei Röcke getragen zu haben; dann hatte der Ueberrock die weiten und kurzen
Aermel. Der Mantel ^ging tief hinunter; das Bein war bis zum Knie mit
weißen Binden umwunden und der Fuß stak in Schuhen, die in der Mitte
einen tiefen Einschnitt hatten. Statt der Binden kamen später lange Strümpfe
(Hosen) ans. —

Die Frauen trugen den Rock noch länger als die Männer und auch bei
ihnen gewahrt man einen Doppelrock. Beide Geschlechter schmückten die Ge¬
wänder mit bunten Säumen und Besätzen uns? mit Knöpfen an Hals, Aer-
meln und Brust. Der Gürtel schloß bei den Männern hart über den Hüften,
bei den Weibern unter der Brust um den Leib. Leinwand war der beliebteste
Stoff zur ganzen Bekleidung. ^

Etwas später fand bei den Longobarden ein kürzerer Männerrock Eingang,
den man fränkischem Einfluß zugeschrieben hat; denn bei diesem bedeutenden
und kräftigen Stamme war das kurze Gewand durch das ganze Mittelalter
volksthümlich.

Die fränkische Tracht bestand eins einem Hemd und Beinkleid von Lein¬
wand; darüber ein Rock bis zum Knie reichend, über welchen zuweilen noch
ein pelzenes Vrustwamms gezogen ward. Den Gürtel trug man tief. Binden
umhüllten das Bein bis zur Wade; um die leinene Unterhose schloß am Knie
ein Band. Der Fuß war entweder durch jene Binden bedeckt, in welchem Fall
die Zehen nackt lagen, oder stak in Schuhen. Den ziemlich langen Mantel
hielt auf der rechten Achsel ein Knopf mit Bändern fest; an bunten Säumen
und Streifen fehlte es nicht. Wir dürfen kaum erwähnen, daß die Aermeren
sich mit einzelnen Stücken hiervon behalfen, und daß am merovingischen Hofe


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[0151] gegerbten Leders bestanden, welches mit Riemen über das / Flußblatt be¬ festigt war. Diese Tracht ist also die Grundlage, auf welche im Verlaufe der Zeiten, je nach der Stammverschiedenheit und nach fremdem Einflüsse, Aenderungen aufgetragen wurden. Bei den Männern finden wir im fünften und sechsten Jahrhundert durchgehends einen kurzen Rock, zuweilen ein Wamms darauf, und darüber den Mantel. Hohe Schuhe werden nun häufiger erwähnt. Nach der Eroberung römischer Länder war in die Vornehmen und Reichen übrigens die Nachahmung römischer Staatskleidcr gedrungen, wozu die Aehnlichkeit der eignen Kleidung vielfach die Hand bot. Bei den Longobarden begegnen wir zuerst anstatt jenes kurzen Schnitts von Mantel und Rock dem langen, der überhaupt den niederdeutschen Stäm¬ men, zu denen die spätern Beherrscher Italiens, ihren älteren Sitzen nach gehörten, eigen war. Der Rock der Männer war faltig und reichte bis über das Knie hinab; die Aermel waren entweder vorn ziemlich weit und deckten nur den Oberarm, oder sie schlössen eng am Handgelenk ab. Reichere scheinen zwei Röcke getragen zu haben; dann hatte der Ueberrock die weiten und kurzen Aermel. Der Mantel ^ging tief hinunter; das Bein war bis zum Knie mit weißen Binden umwunden und der Fuß stak in Schuhen, die in der Mitte einen tiefen Einschnitt hatten. Statt der Binden kamen später lange Strümpfe (Hosen) ans. — Die Frauen trugen den Rock noch länger als die Männer und auch bei ihnen gewahrt man einen Doppelrock. Beide Geschlechter schmückten die Ge¬ wänder mit bunten Säumen und Besätzen uns? mit Knöpfen an Hals, Aer- meln und Brust. Der Gürtel schloß bei den Männern hart über den Hüften, bei den Weibern unter der Brust um den Leib. Leinwand war der beliebteste Stoff zur ganzen Bekleidung. ^ Etwas später fand bei den Longobarden ein kürzerer Männerrock Eingang, den man fränkischem Einfluß zugeschrieben hat; denn bei diesem bedeutenden und kräftigen Stamme war das kurze Gewand durch das ganze Mittelalter volksthümlich. Die fränkische Tracht bestand eins einem Hemd und Beinkleid von Lein¬ wand; darüber ein Rock bis zum Knie reichend, über welchen zuweilen noch ein pelzenes Vrustwamms gezogen ward. Den Gürtel trug man tief. Binden umhüllten das Bein bis zur Wade; um die leinene Unterhose schloß am Knie ein Band. Der Fuß war entweder durch jene Binden bedeckt, in welchem Fall die Zehen nackt lagen, oder stak in Schuhen. Den ziemlich langen Mantel hielt auf der rechten Achsel ein Knopf mit Bändern fest; an bunten Säumen und Streifen fehlte es nicht. Wir dürfen kaum erwähnen, daß die Aermeren sich mit einzelnen Stücken hiervon behalfen, und daß am merovingischen Hofe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/151>, abgerufen am 21.05.2024.