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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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nügender Basis beruhen, ihren Werth nur den discontirten Wechseln verdanken
d. h. also Zahlungsversprechen, wonach die Schuldner persönlich mit ihrem
ganzen Vermögen nach Wechselrecht haften. Die Aussteller von Banknoten
sollten ebenso streng haften, damit gleichstehende Werthe ausgetauscht werden.
Ist es gerecht, sie dagegen durch Ausnahmen zu Privilegiren,
während man die Wechselaussteller streng haften läßt." Man hat
neuerdings gegen eine unbedingte Verantwortlichkeit von Bankunternehmern das
Beispiel der Royal British Bank angeführt, welche bekanntlich in so schmäh¬
licher Weise Bankerott gemacht und eine Reihe von Actionären auf Grund¬
lage ihrer unbeschränkten Haftbarkeit zu Grunde gerichtet hat, ohne daß die
Masse der Bankgläubiger irgendwie dabei prositirte. Allein dies Beispiel
beweist vor allen Dingen gegen die heillosen Zustände des englischen Civil¬
processes, der jene Chikane gegen die Einzelnen möglich machte. Ueberhaupt
ist unbeschränkte Haftbarkeit keine Panacee; vielmehr erfordert die auf ihrer
Grundlage erbaute Bankfreiheit, wie jede andere Freiheit, das, man selbst dafür
sorge, um keinen Schaden zu leiden. Unter dieser Voraussetzung, aber auch
allein unter ihr ist sie ganz gewiß die sicherste Einrichtung. Wer aber nicht
selbst für sich sorgen kann oder will, der darf nachher nicht über Schaden
klagen, den er leidet, oder sich nicht darüber wundern, daß der Staat ihn in
Vormundschaft nimmt, ohne freilich für ihn zu sorgen. Die Actionäre der
Royal British Bank scheinen aber trotz mancher auffallender Zeichen der Zeit
jegliche Aufsicht unterlassen zu haben. -- Der Verfasser gehört zu denen, welche
dem Staate allein das Recht zur Banknotenausgabe lassen wollen, und will
er dies damit beweisen, daß Banknoten als allgemeines Tauschmittel der
Werthmesser des Landes seien, dessen Anordnung wie beim Maß und Gewicht
doch dem Staate zukomme. Wir meinen aber, mit einem bildlichen Ver¬
gleiche läßt sich überhaupt nichts beweisen, zumal das Geld noch etwas mehr
als bloßer Werthmesser ist. Selbst aber wenn es dies allein wäre, so wird es
unmöglich verboten sein können, daß Leute im Verkehre sich eines andern als
des öffentlichen Maßes und Gewichtes bedienen, wenn sie darin einen Vor¬
theil finden; warum sollten sie denn nicht auch ein beliebiges Creditpapier
verwenden, wenn es ihnen nützlich erscheint? Wir wagen zu behaupten, daß
nur in der allmälig anzubahnenden Rückkehr zu diesem einfachsten Zustande
eine Menge Geldkrisen vermieden werden können. Mindestens zeigt grade
der jetzige Augenblick wieder, daß die Privilegien deS Staates und der
Banken das nicht vermögen. -- Schließlich bemerken wir dem Verfasser, daß
nicht, wie derselbe mehrfach anführt, Girobanken zu Amsterdam und zu Ham¬
burg bestehen. Die einzige noch vorhandene reine Girobank ist die Hamburger,
die amsterdamer hat schon im I. 1795 liquidiren müssen, noch zwei Jahre
früher als die von Venedig.




nügender Basis beruhen, ihren Werth nur den discontirten Wechseln verdanken
d. h. also Zahlungsversprechen, wonach die Schuldner persönlich mit ihrem
ganzen Vermögen nach Wechselrecht haften. Die Aussteller von Banknoten
sollten ebenso streng haften, damit gleichstehende Werthe ausgetauscht werden.
Ist es gerecht, sie dagegen durch Ausnahmen zu Privilegiren,
während man die Wechselaussteller streng haften läßt." Man hat
neuerdings gegen eine unbedingte Verantwortlichkeit von Bankunternehmern das
Beispiel der Royal British Bank angeführt, welche bekanntlich in so schmäh¬
licher Weise Bankerott gemacht und eine Reihe von Actionären auf Grund¬
lage ihrer unbeschränkten Haftbarkeit zu Grunde gerichtet hat, ohne daß die
Masse der Bankgläubiger irgendwie dabei prositirte. Allein dies Beispiel
beweist vor allen Dingen gegen die heillosen Zustände des englischen Civil¬
processes, der jene Chikane gegen die Einzelnen möglich machte. Ueberhaupt
ist unbeschränkte Haftbarkeit keine Panacee; vielmehr erfordert die auf ihrer
Grundlage erbaute Bankfreiheit, wie jede andere Freiheit, das, man selbst dafür
sorge, um keinen Schaden zu leiden. Unter dieser Voraussetzung, aber auch
allein unter ihr ist sie ganz gewiß die sicherste Einrichtung. Wer aber nicht
selbst für sich sorgen kann oder will, der darf nachher nicht über Schaden
klagen, den er leidet, oder sich nicht darüber wundern, daß der Staat ihn in
Vormundschaft nimmt, ohne freilich für ihn zu sorgen. Die Actionäre der
Royal British Bank scheinen aber trotz mancher auffallender Zeichen der Zeit
jegliche Aufsicht unterlassen zu haben. — Der Verfasser gehört zu denen, welche
dem Staate allein das Recht zur Banknotenausgabe lassen wollen, und will
er dies damit beweisen, daß Banknoten als allgemeines Tauschmittel der
Werthmesser des Landes seien, dessen Anordnung wie beim Maß und Gewicht
doch dem Staate zukomme. Wir meinen aber, mit einem bildlichen Ver¬
gleiche läßt sich überhaupt nichts beweisen, zumal das Geld noch etwas mehr
als bloßer Werthmesser ist. Selbst aber wenn es dies allein wäre, so wird es
unmöglich verboten sein können, daß Leute im Verkehre sich eines andern als
des öffentlichen Maßes und Gewichtes bedienen, wenn sie darin einen Vor¬
theil finden; warum sollten sie denn nicht auch ein beliebiges Creditpapier
verwenden, wenn es ihnen nützlich erscheint? Wir wagen zu behaupten, daß
nur in der allmälig anzubahnenden Rückkehr zu diesem einfachsten Zustande
eine Menge Geldkrisen vermieden werden können. Mindestens zeigt grade
der jetzige Augenblick wieder, daß die Privilegien deS Staates und der
Banken das nicht vermögen. — Schließlich bemerken wir dem Verfasser, daß
nicht, wie derselbe mehrfach anführt, Girobanken zu Amsterdam und zu Ham¬
burg bestehen. Die einzige noch vorhandene reine Girobank ist die Hamburger,
die amsterdamer hat schon im I. 1795 liquidiren müssen, noch zwei Jahre
früher als die von Venedig.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/215>, abgerufen am 21.05.2024.