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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Tenos. Ilium, und Temnos (in Mysien) bestanden. Von der letzter" sagt
Cicero, es könne dort kein Geld umgesetzt werden, ohne die vom Volke ge¬
wählten fünf Prätoren, drei Quästoren und vier Bankiers. Auch in Aegyp-
ten war in jedem Districte eine königliche Bank unter einem Beamten, bei
welcher Zahlungen geleistet und Contracte geschlossen wurden. Von einer
öffentlichen Bank in Athen findet sich keine Spur; doch standen die Wechsler,
die hier, wie in No.in. ihren Stand alle am Markte hatten, in Verbindung
Miteinander, so daß einer/dem andern aushalf. Als Comnüs waren bei
ihnen meist Sklaven angestellt. Die Wechsler führten nun schon im Interesse
ihres Rufes genaue Händelsbücher über ihr Geschäft und ein jeder, dem in
rechtlicher Beziehung daran gelegen.war, scheint die Einsicht in.diese Bücher
haben fordern zu können, welchen auch vor Gericht Beweiskraft beigelegt wurde.
Trotzdem war die Achtung, in welcher die ganze Classe der Geldhändler stand,
im Ganzen keine große, Raubgier und Unehrlichkeit waren Prndicate. die man
ihnen sprichwörtlich beilegte. In demselben^ plautinischen Stücke spricht der
Wechsler mit sich selbst über seinen Stand folgendermaßen: "Ich gelte'für
wohlhabend; aber ich habe eben einen kleinen Ueberschlag gemacht, wie viel
von meinem Gelde mir, wie viel anderen gehört. Reich bin ich, wenn ich
meine Gläubiger nicht bezahle; wenn ich ihnen wiedergebe, was ich schulde,
sind meine^ Passiva- überwiegend: .Wahrlich, wenn ich,mir meine charmante
Lage überleget muß ich es auf eine Klage ankommen KUen. sobald sie mich
bedrängen. So machen es ja die meisten Wechsler, 5aß sie immer, einer
von dem andern, Geld fordern und niemanden wieder bezahlen. Sie möchten
gern mit den Fäusten bezahlen, wenn das Geld ^dringend verlangt wird!"
-- Bei den griechischen Rednern finden sich Fallissements erwähnt, bei welchen
sich die Bankiers schon ganz in moderner Weise anfänglich verborgen halten
und dann-außer Landes gehen. Zugleich dürfte .man aus diesem Umstände
schließen können, daß ein. insolventer Wechsler von Seiten der Gerichte ge-
fänglich eingezogen zu. werden ^pflegte. -- Dagegen',senden sich auch genug
Ehrenmänner, an welche sich sogar die Regierungen in Verlegenheiten wen¬
deten und überhaupt liegt der Grund der gewöhnlichen Mißachtung des ganzen
Standes bei den GiiechM "nicht in del^. von. Einzelnen geübten Mißbräuche
des Credits, sondern darin, daß sich meist Menschen von niederer Herkunft
und schlechter Gesinnung, namentlich.Freigelassene,, dem Geschäfte widmeten.

Bergleicht man mit diesen griechischen Zuständen die römischen, so springt
zuerst der Unterschied in die Augen, daß Rom zwar keine stehende öffentliche
Bank hatte, daß aber der Staat mehr mals in Griechenland die Wechsler be¬
aufsichtigte, ja von Staatswegen dergleichen anstellte. R"r in Fällen großer
Noth, in eigentlichen Geldkrisen errichteten die Römer Staatsbanken unter
Leitung öffentlicher Beamten, und dann waren es stets nur Leihanstalten.


Gu'nzlwten I. 1858. ' - <>5

Tenos. Ilium, und Temnos (in Mysien) bestanden. Von der letzter» sagt
Cicero, es könne dort kein Geld umgesetzt werden, ohne die vom Volke ge¬
wählten fünf Prätoren, drei Quästoren und vier Bankiers. Auch in Aegyp-
ten war in jedem Districte eine königliche Bank unter einem Beamten, bei
welcher Zahlungen geleistet und Contracte geschlossen wurden. Von einer
öffentlichen Bank in Athen findet sich keine Spur; doch standen die Wechsler,
die hier, wie in No.in. ihren Stand alle am Markte hatten, in Verbindung
Miteinander, so daß einer/dem andern aushalf. Als Comnüs waren bei
ihnen meist Sklaven angestellt. Die Wechsler führten nun schon im Interesse
ihres Rufes genaue Händelsbücher über ihr Geschäft und ein jeder, dem in
rechtlicher Beziehung daran gelegen.war, scheint die Einsicht in.diese Bücher
haben fordern zu können, welchen auch vor Gericht Beweiskraft beigelegt wurde.
Trotzdem war die Achtung, in welcher die ganze Classe der Geldhändler stand,
im Ganzen keine große, Raubgier und Unehrlichkeit waren Prndicate. die man
ihnen sprichwörtlich beilegte. In demselben^ plautinischen Stücke spricht der
Wechsler mit sich selbst über seinen Stand folgendermaßen: „Ich gelte'für
wohlhabend; aber ich habe eben einen kleinen Ueberschlag gemacht, wie viel
von meinem Gelde mir, wie viel anderen gehört. Reich bin ich, wenn ich
meine Gläubiger nicht bezahle; wenn ich ihnen wiedergebe, was ich schulde,
sind meine^ Passiva- überwiegend: .Wahrlich, wenn ich,mir meine charmante
Lage überleget muß ich es auf eine Klage ankommen KUen. sobald sie mich
bedrängen. So machen es ja die meisten Wechsler, 5aß sie immer, einer
von dem andern, Geld fordern und niemanden wieder bezahlen. Sie möchten
gern mit den Fäusten bezahlen, wenn das Geld ^dringend verlangt wird!"
— Bei den griechischen Rednern finden sich Fallissements erwähnt, bei welchen
sich die Bankiers schon ganz in moderner Weise anfänglich verborgen halten
und dann-außer Landes gehen. Zugleich dürfte .man aus diesem Umstände
schließen können, daß ein. insolventer Wechsler von Seiten der Gerichte ge-
fänglich eingezogen zu. werden ^pflegte. — Dagegen',senden sich auch genug
Ehrenmänner, an welche sich sogar die Regierungen in Verlegenheiten wen¬
deten und überhaupt liegt der Grund der gewöhnlichen Mißachtung des ganzen
Standes bei den GiiechM «nicht in del^. von. Einzelnen geübten Mißbräuche
des Credits, sondern darin, daß sich meist Menschen von niederer Herkunft
und schlechter Gesinnung, namentlich.Freigelassene,, dem Geschäfte widmeten.

Bergleicht man mit diesen griechischen Zuständen die römischen, so springt
zuerst der Unterschied in die Augen, daß Rom zwar keine stehende öffentliche
Bank hatte, daß aber der Staat mehr mals in Griechenland die Wechsler be¬
aufsichtigte, ja von Staatswegen dergleichen anstellte. R»r in Fällen großer
Noth, in eigentlichen Geldkrisen errichteten die Römer Staatsbanken unter
Leitung öffentlicher Beamten, und dann waren es stets nur Leihanstalten.


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[0521] Tenos. Ilium, und Temnos (in Mysien) bestanden. Von der letzter» sagt Cicero, es könne dort kein Geld umgesetzt werden, ohne die vom Volke ge¬ wählten fünf Prätoren, drei Quästoren und vier Bankiers. Auch in Aegyp- ten war in jedem Districte eine königliche Bank unter einem Beamten, bei welcher Zahlungen geleistet und Contracte geschlossen wurden. Von einer öffentlichen Bank in Athen findet sich keine Spur; doch standen die Wechsler, die hier, wie in No.in. ihren Stand alle am Markte hatten, in Verbindung Miteinander, so daß einer/dem andern aushalf. Als Comnüs waren bei ihnen meist Sklaven angestellt. Die Wechsler führten nun schon im Interesse ihres Rufes genaue Händelsbücher über ihr Geschäft und ein jeder, dem in rechtlicher Beziehung daran gelegen.war, scheint die Einsicht in.diese Bücher haben fordern zu können, welchen auch vor Gericht Beweiskraft beigelegt wurde. Trotzdem war die Achtung, in welcher die ganze Classe der Geldhändler stand, im Ganzen keine große, Raubgier und Unehrlichkeit waren Prndicate. die man ihnen sprichwörtlich beilegte. In demselben^ plautinischen Stücke spricht der Wechsler mit sich selbst über seinen Stand folgendermaßen: „Ich gelte'für wohlhabend; aber ich habe eben einen kleinen Ueberschlag gemacht, wie viel von meinem Gelde mir, wie viel anderen gehört. Reich bin ich, wenn ich meine Gläubiger nicht bezahle; wenn ich ihnen wiedergebe, was ich schulde, sind meine^ Passiva- überwiegend: .Wahrlich, wenn ich,mir meine charmante Lage überleget muß ich es auf eine Klage ankommen KUen. sobald sie mich bedrängen. So machen es ja die meisten Wechsler, 5aß sie immer, einer von dem andern, Geld fordern und niemanden wieder bezahlen. Sie möchten gern mit den Fäusten bezahlen, wenn das Geld ^dringend verlangt wird!" — Bei den griechischen Rednern finden sich Fallissements erwähnt, bei welchen sich die Bankiers schon ganz in moderner Weise anfänglich verborgen halten und dann-außer Landes gehen. Zugleich dürfte .man aus diesem Umstände schließen können, daß ein. insolventer Wechsler von Seiten der Gerichte ge- fänglich eingezogen zu. werden ^pflegte. — Dagegen',senden sich auch genug Ehrenmänner, an welche sich sogar die Regierungen in Verlegenheiten wen¬ deten und überhaupt liegt der Grund der gewöhnlichen Mißachtung des ganzen Standes bei den GiiechM «nicht in del^. von. Einzelnen geübten Mißbräuche des Credits, sondern darin, daß sich meist Menschen von niederer Herkunft und schlechter Gesinnung, namentlich.Freigelassene,, dem Geschäfte widmeten. Bergleicht man mit diesen griechischen Zuständen die römischen, so springt zuerst der Unterschied in die Augen, daß Rom zwar keine stehende öffentliche Bank hatte, daß aber der Staat mehr mals in Griechenland die Wechsler be¬ aufsichtigte, ja von Staatswegen dergleichen anstellte. R»r in Fällen großer Noth, in eigentlichen Geldkrisen errichteten die Römer Staatsbanken unter Leitung öffentlicher Beamten, und dann waren es stets nur Leihanstalten. Gu'nzlwten I. 1858. ' - <>5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/521>, abgerufen am 29.05.2024.