Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Zunächst wollen wir jene in Augenschein nehmen.

In dem feierlichen Zuge, der sich in geschlossenen Massen am Einholungs¬
tage die Linden hinab bis zum Schlosse bewegte, unterschied das Auge der
Zuschauer die einzelnen GeWerke an den hochgetragenen Jnsignien und Fah¬
nen, doch war die Entfernung immer so bedeutend, die Symbolik der auf
den Fahnen befindlichen Bilder so wenig deutlich, auch wurden diese so vom
Winde hin- und herbewegt. ferner waren die Embleme selbst meist in so
kleinem Maßstabe gehalten, daß eine Entzifferung oft nicht leicht war. Wenn
sie gefunden, dann durchlief sie wol in rascher Mittheilung die dichtgedrängten
Reihen der Zuschauer, da jeder doch gern wissen wollte, was er sah. So
entstand der Wunsch, die hübschen Dinge alle, wenn auch erst xv8t testum
in der Nähe betrachten zu können; diesem Wunsche ist hier genügt worden,
und man kann nun in der Nähe und mit Muße betrachten, was an jenem
Tage schnell und in der Entfernung vorüberzog, nur den Eindruck buntbeweg-
ter Massen hinterlassend.

Allerdings gibt es viele Dinge in der Welt, die sich unter letzter Bedin¬
gung am günstigsten ausnehmen, deren genane Betrachtung nicht grade er¬
sprießlich ist; deren gibt es natürlich auch hier. Die zahllosen goldenblitzen¬
den Stäbe mit Adlern, Kugeln oder andern Verzierungen, die im Winde
flatternden Bänder, Schärpen und Fahnen waren unter freiem Himmel mehr
an ihrem Platze und bildeten da einen sehr schönen Festschmuck, während in
der Nähe gesehen die Farben oft grell, die Malereien grob sich ausnehmen.
Andere Gegenstände aber vertragen nicht nur, sondern erfordern die genaueste
Betrachtung, und man muß die Feinheit und Sauberkeit der Arbeit, die Schön¬
heit der Formen grade an solchen bewundern, die im Festzuge unsern Blicken
fast spurlos vorübergingen.

Gleich im ersten Saal finden wir bei der Ausstellung des Zimmergewerks,
die mit ihren deccmrten Aexten, Winkeleisen, Schildern und Fahnen einen
gar stattlichen Eindruck macht, eine Menge von Modellen in kleinem Maß
Stabe, die von vollendeter Ausführung find. Ich nenne mir die einer Kegel¬
treppe, des Daches der Petrikirche, eines Kirchthurmes, eines Kirchdaches,
eines Thurmes mit Glockenstuhl, vieler Arten von Dachverbänden, der Kup¬
pel der Marcuskirche, einer Reitbahn und mehrer anderer, alle in Holz auf
das zierlichste und genaueste ausgeführt.

Die Maurer, die sich ebenfalls im Uhrsaale befinden, haben ebenfalls
einige Modelle aufgestellt, nämlich das einer freiliegenden Treppe und eine
Säulenordnung. Den Hintergrund bilden die trophäenartig zusammengestell¬
ten Marschallstäbe, mit silbernen Ananas verziert, Fahnen u. s. w. so wie
eine Anzahl geschmückter Maurerkellen. Außerdem ist es ein altes Vorrecht


24"

Zunächst wollen wir jene in Augenschein nehmen.

In dem feierlichen Zuge, der sich in geschlossenen Massen am Einholungs¬
tage die Linden hinab bis zum Schlosse bewegte, unterschied das Auge der
Zuschauer die einzelnen GeWerke an den hochgetragenen Jnsignien und Fah¬
nen, doch war die Entfernung immer so bedeutend, die Symbolik der auf
den Fahnen befindlichen Bilder so wenig deutlich, auch wurden diese so vom
Winde hin- und herbewegt. ferner waren die Embleme selbst meist in so
kleinem Maßstabe gehalten, daß eine Entzifferung oft nicht leicht war. Wenn
sie gefunden, dann durchlief sie wol in rascher Mittheilung die dichtgedrängten
Reihen der Zuschauer, da jeder doch gern wissen wollte, was er sah. So
entstand der Wunsch, die hübschen Dinge alle, wenn auch erst xv8t testum
in der Nähe betrachten zu können; diesem Wunsche ist hier genügt worden,
und man kann nun in der Nähe und mit Muße betrachten, was an jenem
Tage schnell und in der Entfernung vorüberzog, nur den Eindruck buntbeweg-
ter Massen hinterlassend.

Allerdings gibt es viele Dinge in der Welt, die sich unter letzter Bedin¬
gung am günstigsten ausnehmen, deren genane Betrachtung nicht grade er¬
sprießlich ist; deren gibt es natürlich auch hier. Die zahllosen goldenblitzen¬
den Stäbe mit Adlern, Kugeln oder andern Verzierungen, die im Winde
flatternden Bänder, Schärpen und Fahnen waren unter freiem Himmel mehr
an ihrem Platze und bildeten da einen sehr schönen Festschmuck, während in
der Nähe gesehen die Farben oft grell, die Malereien grob sich ausnehmen.
Andere Gegenstände aber vertragen nicht nur, sondern erfordern die genaueste
Betrachtung, und man muß die Feinheit und Sauberkeit der Arbeit, die Schön¬
heit der Formen grade an solchen bewundern, die im Festzuge unsern Blicken
fast spurlos vorübergingen.

Gleich im ersten Saal finden wir bei der Ausstellung des Zimmergewerks,
die mit ihren deccmrten Aexten, Winkeleisen, Schildern und Fahnen einen
gar stattlichen Eindruck macht, eine Menge von Modellen in kleinem Maß
Stabe, die von vollendeter Ausführung find. Ich nenne mir die einer Kegel¬
treppe, des Daches der Petrikirche, eines Kirchthurmes, eines Kirchdaches,
eines Thurmes mit Glockenstuhl, vieler Arten von Dachverbänden, der Kup¬
pel der Marcuskirche, einer Reitbahn und mehrer anderer, alle in Holz auf
das zierlichste und genaueste ausgeführt.

Die Maurer, die sich ebenfalls im Uhrsaale befinden, haben ebenfalls
einige Modelle aufgestellt, nämlich das einer freiliegenden Treppe und eine
Säulenordnung. Den Hintergrund bilden die trophäenartig zusammengestell¬
ten Marschallstäbe, mit silbernen Ananas verziert, Fahnen u. s. w. so wie
eine Anzahl geschmückter Maurerkellen. Außerdem ist es ein altes Vorrecht


24"
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186607"/>
          <p xml:id="ID_447"> Zunächst wollen wir jene in Augenschein nehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_448"> In dem feierlichen Zuge, der sich in geschlossenen Massen am Einholungs¬<lb/>
tage die Linden hinab bis zum Schlosse bewegte, unterschied das Auge der<lb/>
Zuschauer die einzelnen GeWerke an den hochgetragenen Jnsignien und Fah¬<lb/>
nen, doch war die Entfernung immer so bedeutend, die Symbolik der auf<lb/>
den Fahnen befindlichen Bilder so wenig deutlich, auch wurden diese so vom<lb/>
Winde hin- und herbewegt. ferner waren die Embleme selbst meist in so<lb/>
kleinem Maßstabe gehalten, daß eine Entzifferung oft nicht leicht war. Wenn<lb/>
sie gefunden, dann durchlief sie wol in rascher Mittheilung die dichtgedrängten<lb/>
Reihen der Zuschauer, da jeder doch gern wissen wollte, was er sah. So<lb/>
entstand der Wunsch, die hübschen Dinge alle, wenn auch erst xv8t testum<lb/>
in der Nähe betrachten zu können; diesem Wunsche ist hier genügt worden,<lb/>
und man kann nun in der Nähe und mit Muße betrachten, was an jenem<lb/>
Tage schnell und in der Entfernung vorüberzog, nur den Eindruck buntbeweg-<lb/>
ter Massen hinterlassend.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_449"> Allerdings gibt es viele Dinge in der Welt, die sich unter letzter Bedin¬<lb/>
gung am günstigsten ausnehmen, deren genane Betrachtung nicht grade er¬<lb/>
sprießlich ist; deren gibt es natürlich auch hier. Die zahllosen goldenblitzen¬<lb/>
den Stäbe mit Adlern, Kugeln oder andern Verzierungen, die im Winde<lb/>
flatternden Bänder, Schärpen und Fahnen waren unter freiem Himmel mehr<lb/>
an ihrem Platze und bildeten da einen sehr schönen Festschmuck, während in<lb/>
der Nähe gesehen die Farben oft grell, die Malereien grob sich ausnehmen.<lb/>
Andere Gegenstände aber vertragen nicht nur, sondern erfordern die genaueste<lb/>
Betrachtung, und man muß die Feinheit und Sauberkeit der Arbeit, die Schön¬<lb/>
heit der Formen grade an solchen bewundern, die im Festzuge unsern Blicken<lb/>
fast spurlos vorübergingen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_450"> Gleich im ersten Saal finden wir bei der Ausstellung des Zimmergewerks,<lb/>
die mit ihren deccmrten Aexten, Winkeleisen, Schildern und Fahnen einen<lb/>
gar stattlichen Eindruck macht, eine Menge von Modellen in kleinem Maß<lb/>
Stabe, die von vollendeter Ausführung find. Ich nenne mir die einer Kegel¬<lb/>
treppe, des Daches der Petrikirche, eines Kirchthurmes, eines Kirchdaches,<lb/>
eines Thurmes mit Glockenstuhl, vieler Arten von Dachverbänden, der Kup¬<lb/>
pel der Marcuskirche, einer Reitbahn und mehrer anderer, alle in Holz auf<lb/>
das zierlichste und genaueste ausgeführt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_451" next="#ID_452"> Die Maurer, die sich ebenfalls im Uhrsaale befinden, haben ebenfalls<lb/>
einige Modelle aufgestellt, nämlich das einer freiliegenden Treppe und eine<lb/>
Säulenordnung. Den Hintergrund bilden die trophäenartig zusammengestell¬<lb/>
ten Marschallstäbe, mit silbernen Ananas verziert, Fahnen u. s. w. so wie<lb/>
eine Anzahl geschmückter Maurerkellen.  Außerdem ist es ein altes Vorrecht</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 24"</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0195] Zunächst wollen wir jene in Augenschein nehmen. In dem feierlichen Zuge, der sich in geschlossenen Massen am Einholungs¬ tage die Linden hinab bis zum Schlosse bewegte, unterschied das Auge der Zuschauer die einzelnen GeWerke an den hochgetragenen Jnsignien und Fah¬ nen, doch war die Entfernung immer so bedeutend, die Symbolik der auf den Fahnen befindlichen Bilder so wenig deutlich, auch wurden diese so vom Winde hin- und herbewegt. ferner waren die Embleme selbst meist in so kleinem Maßstabe gehalten, daß eine Entzifferung oft nicht leicht war. Wenn sie gefunden, dann durchlief sie wol in rascher Mittheilung die dichtgedrängten Reihen der Zuschauer, da jeder doch gern wissen wollte, was er sah. So entstand der Wunsch, die hübschen Dinge alle, wenn auch erst xv8t testum in der Nähe betrachten zu können; diesem Wunsche ist hier genügt worden, und man kann nun in der Nähe und mit Muße betrachten, was an jenem Tage schnell und in der Entfernung vorüberzog, nur den Eindruck buntbeweg- ter Massen hinterlassend. Allerdings gibt es viele Dinge in der Welt, die sich unter letzter Bedin¬ gung am günstigsten ausnehmen, deren genane Betrachtung nicht grade er¬ sprießlich ist; deren gibt es natürlich auch hier. Die zahllosen goldenblitzen¬ den Stäbe mit Adlern, Kugeln oder andern Verzierungen, die im Winde flatternden Bänder, Schärpen und Fahnen waren unter freiem Himmel mehr an ihrem Platze und bildeten da einen sehr schönen Festschmuck, während in der Nähe gesehen die Farben oft grell, die Malereien grob sich ausnehmen. Andere Gegenstände aber vertragen nicht nur, sondern erfordern die genaueste Betrachtung, und man muß die Feinheit und Sauberkeit der Arbeit, die Schön¬ heit der Formen grade an solchen bewundern, die im Festzuge unsern Blicken fast spurlos vorübergingen. Gleich im ersten Saal finden wir bei der Ausstellung des Zimmergewerks, die mit ihren deccmrten Aexten, Winkeleisen, Schildern und Fahnen einen gar stattlichen Eindruck macht, eine Menge von Modellen in kleinem Maß Stabe, die von vollendeter Ausführung find. Ich nenne mir die einer Kegel¬ treppe, des Daches der Petrikirche, eines Kirchthurmes, eines Kirchdaches, eines Thurmes mit Glockenstuhl, vieler Arten von Dachverbänden, der Kup¬ pel der Marcuskirche, einer Reitbahn und mehrer anderer, alle in Holz auf das zierlichste und genaueste ausgeführt. Die Maurer, die sich ebenfalls im Uhrsaale befinden, haben ebenfalls einige Modelle aufgestellt, nämlich das einer freiliegenden Treppe und eine Säulenordnung. Den Hintergrund bilden die trophäenartig zusammengestell¬ ten Marschallstäbe, mit silbernen Ananas verziert, Fahnen u. s. w. so wie eine Anzahl geschmückter Maurerkellen. Außerdem ist es ein altes Vorrecht 24"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/195
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/195>, abgerufen am 19.05.2024.