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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Im sechzehnten Jahrhundert war das schwere Geschütz an Kaliber, Nohr-
länge und Namen sehr mannigfaltig gewesen, die scharfe Metz, die Kartaune,
Rothschlange, Nachtigall, Sängerin, Falkaune, Feldschlange, das Falronet,
schärferem u. s. w. mit Kugeln von 100 Pfd. bis zu 1 .Pfd. herab, außer¬
dem Mörser und Feuerbüchsen und Standbüchsen. Beim Beginn des dreißig¬
jährigen Krieges waren die Formen bereits vereinfacht, man goß ganze, halbe,
Viertel-, und Achtelkartaunen, mit 48, 24, 12 und Kpfündigen Kugeln"),
die drei ersten Festungs- und Positionsgeschütz, das letztere Feldgeschütz!
daneben noch die unverhältnißmäßig langen Schlangen und Falken (Fallou
und Falkonet), immer aber war die Rohrlänge des Geschützes zu groß, das
Pulver schlecht, der Schuß unsicher. Gustav Adolph führte kurze und leichtere
Geschütze ein; seine ledernen Kanonen, kupferne Cylinder mit dichtem Hanf¬
und Lederüberzug, durch eiserne Reifen zusammengehalten, erhielten sich
zwar nicht, wahrscheinlich war ihre Dauerbarkeit zu gering, aber seine
kurzen Vierpfünder, auch für Kartütschenschuß von bester Wirkung, von denen
je zwei jedem Regiment beigegeben waren, überdauerten den Krieg. Dies
Feldgeschütz feuerte nicht nur aus Positionen, sondern avancirte mit großer
Beweglichkeit auch während des Gefechts. Unbehilflich aber blieben die Bo¬
genwürfe und Hohlgcschosse; die letztern, mit Stricken umsponnen, waren run¬
den Kanonenschlägen ähnlicher, als unseren Bomben und Granaten. Ihre
Wirkung wurde zumeist dadurch beeinträchtigt, daß man den Zünder schlecht
verfertigte und die Zeit ihres Springens nicht abzumessen verstand. Die
Fortschritte der Artillerie und ihr Einfluß auf die Kriegführung waren bedeu¬
tend, sie wurden nur dadurch beeinträchtigt, daß ausgelernte Geschützmeister
in der letzten Hälfte des Krieges selten wurden. Der größte Theil der Geschütz¬
mannschaft waren commandirte Jnfanteristen, und der Verlust eines tüchtigen
Artilleristen war sehr schwer zu ersetzen.

Die Soldaten standen in Fähnlein oder Compagnien, der taktischen Ein¬
heit, und diese waren zu Regimentern, der administrativen Einheit, verbunden-
Das deutsche Regiment Fußvolk sollte aus 3000 Mann in 10 Fähnlein zu
300 Mann bestehen, sie erreichten selten die Normalstärke und verloren >>"
Kriege mit reißender Schnelligkeit ihre Mannschaft. Regimenter von 200 bis
500 Mann, Compagnien von 60 -- 70 sind nicht selten. Vom Cavalerieregi-
ment forderte man eine Stärke von 500 --1000 Mann, die Compagniezahl
war verschieden, ihre wirkliche Kriegsstarke noch wandelbarer/")

Titel und Amt der Offiziere hatte schon Ähnlichkeit mit der modernen
deutschen Einrichtung. Oberst des Regiments hieß, wer das Regiment seinew




") Wallhauscn. Archiley Kriegskunst, 1617.
") Squadron bezeichnet im dreißigjährigen Kriege noch den Schlachthaufen der Reiterei,
welcher sogar aus mehren Regimentern zusammengesetzt sein kann.

Im sechzehnten Jahrhundert war das schwere Geschütz an Kaliber, Nohr-
länge und Namen sehr mannigfaltig gewesen, die scharfe Metz, die Kartaune,
Rothschlange, Nachtigall, Sängerin, Falkaune, Feldschlange, das Falronet,
schärferem u. s. w. mit Kugeln von 100 Pfd. bis zu 1 .Pfd. herab, außer¬
dem Mörser und Feuerbüchsen und Standbüchsen. Beim Beginn des dreißig¬
jährigen Krieges waren die Formen bereits vereinfacht, man goß ganze, halbe,
Viertel-, und Achtelkartaunen, mit 48, 24, 12 und Kpfündigen Kugeln"),
die drei ersten Festungs- und Positionsgeschütz, das letztere Feldgeschütz!
daneben noch die unverhältnißmäßig langen Schlangen und Falken (Fallou
und Falkonet), immer aber war die Rohrlänge des Geschützes zu groß, das
Pulver schlecht, der Schuß unsicher. Gustav Adolph führte kurze und leichtere
Geschütze ein; seine ledernen Kanonen, kupferne Cylinder mit dichtem Hanf¬
und Lederüberzug, durch eiserne Reifen zusammengehalten, erhielten sich
zwar nicht, wahrscheinlich war ihre Dauerbarkeit zu gering, aber seine
kurzen Vierpfünder, auch für Kartütschenschuß von bester Wirkung, von denen
je zwei jedem Regiment beigegeben waren, überdauerten den Krieg. Dies
Feldgeschütz feuerte nicht nur aus Positionen, sondern avancirte mit großer
Beweglichkeit auch während des Gefechts. Unbehilflich aber blieben die Bo¬
genwürfe und Hohlgcschosse; die letztern, mit Stricken umsponnen, waren run¬
den Kanonenschlägen ähnlicher, als unseren Bomben und Granaten. Ihre
Wirkung wurde zumeist dadurch beeinträchtigt, daß man den Zünder schlecht
verfertigte und die Zeit ihres Springens nicht abzumessen verstand. Die
Fortschritte der Artillerie und ihr Einfluß auf die Kriegführung waren bedeu¬
tend, sie wurden nur dadurch beeinträchtigt, daß ausgelernte Geschützmeister
in der letzten Hälfte des Krieges selten wurden. Der größte Theil der Geschütz¬
mannschaft waren commandirte Jnfanteristen, und der Verlust eines tüchtigen
Artilleristen war sehr schwer zu ersetzen.

Die Soldaten standen in Fähnlein oder Compagnien, der taktischen Ein¬
heit, und diese waren zu Regimentern, der administrativen Einheit, verbunden-
Das deutsche Regiment Fußvolk sollte aus 3000 Mann in 10 Fähnlein zu
300 Mann bestehen, sie erreichten selten die Normalstärke und verloren >>"
Kriege mit reißender Schnelligkeit ihre Mannschaft. Regimenter von 200 bis
500 Mann, Compagnien von 60 — 70 sind nicht selten. Vom Cavalerieregi-
ment forderte man eine Stärke von 500 —1000 Mann, die Compagniezahl
war verschieden, ihre wirkliche Kriegsstarke noch wandelbarer/")

Titel und Amt der Offiziere hatte schon Ähnlichkeit mit der modernen
deutschen Einrichtung. Oberst des Regiments hieß, wer das Regiment seinew




") Wallhauscn. Archiley Kriegskunst, 1617.
") Squadron bezeichnet im dreißigjährigen Kriege noch den Schlachthaufen der Reiterei,
welcher sogar aus mehren Regimentern zusammengesetzt sein kann.
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[0140] Im sechzehnten Jahrhundert war das schwere Geschütz an Kaliber, Nohr- länge und Namen sehr mannigfaltig gewesen, die scharfe Metz, die Kartaune, Rothschlange, Nachtigall, Sängerin, Falkaune, Feldschlange, das Falronet, schärferem u. s. w. mit Kugeln von 100 Pfd. bis zu 1 .Pfd. herab, außer¬ dem Mörser und Feuerbüchsen und Standbüchsen. Beim Beginn des dreißig¬ jährigen Krieges waren die Formen bereits vereinfacht, man goß ganze, halbe, Viertel-, und Achtelkartaunen, mit 48, 24, 12 und Kpfündigen Kugeln"), die drei ersten Festungs- und Positionsgeschütz, das letztere Feldgeschütz! daneben noch die unverhältnißmäßig langen Schlangen und Falken (Fallou und Falkonet), immer aber war die Rohrlänge des Geschützes zu groß, das Pulver schlecht, der Schuß unsicher. Gustav Adolph führte kurze und leichtere Geschütze ein; seine ledernen Kanonen, kupferne Cylinder mit dichtem Hanf¬ und Lederüberzug, durch eiserne Reifen zusammengehalten, erhielten sich zwar nicht, wahrscheinlich war ihre Dauerbarkeit zu gering, aber seine kurzen Vierpfünder, auch für Kartütschenschuß von bester Wirkung, von denen je zwei jedem Regiment beigegeben waren, überdauerten den Krieg. Dies Feldgeschütz feuerte nicht nur aus Positionen, sondern avancirte mit großer Beweglichkeit auch während des Gefechts. Unbehilflich aber blieben die Bo¬ genwürfe und Hohlgcschosse; die letztern, mit Stricken umsponnen, waren run¬ den Kanonenschlägen ähnlicher, als unseren Bomben und Granaten. Ihre Wirkung wurde zumeist dadurch beeinträchtigt, daß man den Zünder schlecht verfertigte und die Zeit ihres Springens nicht abzumessen verstand. Die Fortschritte der Artillerie und ihr Einfluß auf die Kriegführung waren bedeu¬ tend, sie wurden nur dadurch beeinträchtigt, daß ausgelernte Geschützmeister in der letzten Hälfte des Krieges selten wurden. Der größte Theil der Geschütz¬ mannschaft waren commandirte Jnfanteristen, und der Verlust eines tüchtigen Artilleristen war sehr schwer zu ersetzen. Die Soldaten standen in Fähnlein oder Compagnien, der taktischen Ein¬ heit, und diese waren zu Regimentern, der administrativen Einheit, verbunden- Das deutsche Regiment Fußvolk sollte aus 3000 Mann in 10 Fähnlein zu 300 Mann bestehen, sie erreichten selten die Normalstärke und verloren >>" Kriege mit reißender Schnelligkeit ihre Mannschaft. Regimenter von 200 bis 500 Mann, Compagnien von 60 — 70 sind nicht selten. Vom Cavalerieregi- ment forderte man eine Stärke von 500 —1000 Mann, die Compagniezahl war verschieden, ihre wirkliche Kriegsstarke noch wandelbarer/") Titel und Amt der Offiziere hatte schon Ähnlichkeit mit der modernen deutschen Einrichtung. Oberst des Regiments hieß, wer das Regiment seinew ") Wallhauscn. Archiley Kriegskunst, 1617. ") Squadron bezeichnet im dreißigjährigen Kriege noch den Schlachthaufen der Reiterei, welcher sogar aus mehren Regimentern zusammengesetzt sein kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/140>, abgerufen am 30.05.2024.