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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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einem Oberkunstmeister ein Oberzehntner oder Oberwardcin. und dort unter¬
hält sich "n Viceobereinfahrer mit einem Hüttenraiter. Außerhalb der Stadt
bimmeln überall Glöckchen von Zechcnhäusern. ragen allenthalben. Halden,
begegnet man auf Weg und Steg Knappen, Erz-und Kohlenfuhrleuten, sieht
man aus dem Muldcthal die Rauchwolken der Silberhüttcn cmporqualmen.
In der Nähe befindet sich endlich auch die ergiebigste Grube des ganzen Erz.
gebirgcs: die Fundgrube Himmelfahrt, die nicht weniger als 3000 Arbeiter
beschäftigt. Die Himmelfahrt gewährte bis 1816 keine Ausbeute, und so
waren die Kuxe um ein Spottgeld zu haben. Da wurden neue Gänge an¬
gebrochen, und die Grube verwandelte sich plötzlich in eine der reichsten, die
jemals in diesen Gegenden im Betrieb waren. Sie liefert jetzt alljährlich
über 10,000 Pfund Silber, im Werthe von 280.000 Thalern, und kann nach
Zurückerstattung der erhaltenen Vorschüsse eine jährliche Ausbeute von 17.000
Thalern an ihre Interessenten vertheilen.

Die Geschichte der Grube Himmclfarth ist .eine wahre Lobrede auf die
Anschliche Ausdauer und ein sehr günstiges Zeugniß für die erzgebirgische
Vergbauverfassung. Die Grundzüge dieser Verfassung sind folgende: der Staat,
dem die Erzgänge als Regal gehören, überläßt den Abbau derselben an Pri¬
vatleute, welche eine bestimmte Stelle "muthen", gegen gewisse Abgaben und
unter der Bedingung, daß der Bau nach den Regeln der Kunst vorgenommen
werde. Die Grube wird nun entweder von einem Einzelnen, in der Bcrg-
wannsprache "Eigenlöhner", oder von einer Actiengesellschaft. bergmännisch
"Gewerkschaft", betrieben. Zu einer Gewerkschaft gehören nach altem Brauch
^28 Actien oder "Kuxe"-, von welchen stets je einer der Kirche, dem Hospitale,
der Knappschaftskasse und dem Fiscus gehört, so daß also nur 124 zu verge¬
ben sind. Alle Gewerkschaften stehen in einer Art Gegenseitigkeit zueinander,
welche sie verpflichtet, sich untereinander durchzuhelfen. Die Gruben, welche
^man Reinertrag abwerfen, haben von jedem Pfunde Silber, das von ihnen
Sewonnen wird, eine Abgabe von 2'/" Thaler an die Gnadengroschcnkasse zu
^richten. Aus' dieser und den Zuschüssen Malischer Kassen werden solche Unter-
"ehmungen, welche Aussicht auf Gewinn bieten, aber im Augenblick ihre Betriebs¬
amen noch nicht decken, unterstützt. Im Jahr 1856 empfingen solche der
Beihülfe bedürftige Gruben 119,800 Thaler unverzinsliche Vorschüsse aus
^n Schurfgelder-, Bergbau- und Schmelzadministrationskasfcn und 13,235
Thaler Steuerbegnadigungs-Aequivalente.

Wir übergehen, was der Verfasser über die Reinigung der zu Tage ge-
sperren Erze sagt, als bekannt, und theilen nur das mit. was über die
Zahl und die Erzeugnisse der metallurgischen Anstalten bemerkt wird, in denen
diese Reinigung vor sich geht. Die Hochöfen des Erzgebirges (sie befinden
sich besonders im westlichen Theil) sind verhältnißmäßig klein, da die Berge


Grenzboten III. 1S59, 19

einem Oberkunstmeister ein Oberzehntner oder Oberwardcin. und dort unter¬
hält sich «n Viceobereinfahrer mit einem Hüttenraiter. Außerhalb der Stadt
bimmeln überall Glöckchen von Zechcnhäusern. ragen allenthalben. Halden,
begegnet man auf Weg und Steg Knappen, Erz-und Kohlenfuhrleuten, sieht
man aus dem Muldcthal die Rauchwolken der Silberhüttcn cmporqualmen.
In der Nähe befindet sich endlich auch die ergiebigste Grube des ganzen Erz.
gebirgcs: die Fundgrube Himmelfahrt, die nicht weniger als 3000 Arbeiter
beschäftigt. Die Himmelfahrt gewährte bis 1816 keine Ausbeute, und so
waren die Kuxe um ein Spottgeld zu haben. Da wurden neue Gänge an¬
gebrochen, und die Grube verwandelte sich plötzlich in eine der reichsten, die
jemals in diesen Gegenden im Betrieb waren. Sie liefert jetzt alljährlich
über 10,000 Pfund Silber, im Werthe von 280.000 Thalern, und kann nach
Zurückerstattung der erhaltenen Vorschüsse eine jährliche Ausbeute von 17.000
Thalern an ihre Interessenten vertheilen.

Die Geschichte der Grube Himmclfarth ist .eine wahre Lobrede auf die
Anschliche Ausdauer und ein sehr günstiges Zeugniß für die erzgebirgische
Vergbauverfassung. Die Grundzüge dieser Verfassung sind folgende: der Staat,
dem die Erzgänge als Regal gehören, überläßt den Abbau derselben an Pri¬
vatleute, welche eine bestimmte Stelle „muthen", gegen gewisse Abgaben und
unter der Bedingung, daß der Bau nach den Regeln der Kunst vorgenommen
werde. Die Grube wird nun entweder von einem Einzelnen, in der Bcrg-
wannsprache „Eigenlöhner", oder von einer Actiengesellschaft. bergmännisch
„Gewerkschaft", betrieben. Zu einer Gewerkschaft gehören nach altem Brauch
^28 Actien oder „Kuxe"-, von welchen stets je einer der Kirche, dem Hospitale,
der Knappschaftskasse und dem Fiscus gehört, so daß also nur 124 zu verge¬
ben sind. Alle Gewerkschaften stehen in einer Art Gegenseitigkeit zueinander,
welche sie verpflichtet, sich untereinander durchzuhelfen. Die Gruben, welche
^man Reinertrag abwerfen, haben von jedem Pfunde Silber, das von ihnen
Sewonnen wird, eine Abgabe von 2'/» Thaler an die Gnadengroschcnkasse zu
^richten. Aus' dieser und den Zuschüssen Malischer Kassen werden solche Unter-
"ehmungen, welche Aussicht auf Gewinn bieten, aber im Augenblick ihre Betriebs¬
amen noch nicht decken, unterstützt. Im Jahr 1856 empfingen solche der
Beihülfe bedürftige Gruben 119,800 Thaler unverzinsliche Vorschüsse aus
^n Schurfgelder-, Bergbau- und Schmelzadministrationskasfcn und 13,235
Thaler Steuerbegnadigungs-Aequivalente.

Wir übergehen, was der Verfasser über die Reinigung der zu Tage ge-
sperren Erze sagt, als bekannt, und theilen nur das mit. was über die
Zahl und die Erzeugnisse der metallurgischen Anstalten bemerkt wird, in denen
diese Reinigung vor sich geht. Die Hochöfen des Erzgebirges (sie befinden
sich besonders im westlichen Theil) sind verhältnißmäßig klein, da die Berge


Grenzboten III. 1S59, 19
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[0159] einem Oberkunstmeister ein Oberzehntner oder Oberwardcin. und dort unter¬ hält sich «n Viceobereinfahrer mit einem Hüttenraiter. Außerhalb der Stadt bimmeln überall Glöckchen von Zechcnhäusern. ragen allenthalben. Halden, begegnet man auf Weg und Steg Knappen, Erz-und Kohlenfuhrleuten, sieht man aus dem Muldcthal die Rauchwolken der Silberhüttcn cmporqualmen. In der Nähe befindet sich endlich auch die ergiebigste Grube des ganzen Erz. gebirgcs: die Fundgrube Himmelfahrt, die nicht weniger als 3000 Arbeiter beschäftigt. Die Himmelfahrt gewährte bis 1816 keine Ausbeute, und so waren die Kuxe um ein Spottgeld zu haben. Da wurden neue Gänge an¬ gebrochen, und die Grube verwandelte sich plötzlich in eine der reichsten, die jemals in diesen Gegenden im Betrieb waren. Sie liefert jetzt alljährlich über 10,000 Pfund Silber, im Werthe von 280.000 Thalern, und kann nach Zurückerstattung der erhaltenen Vorschüsse eine jährliche Ausbeute von 17.000 Thalern an ihre Interessenten vertheilen. Die Geschichte der Grube Himmclfarth ist .eine wahre Lobrede auf die Anschliche Ausdauer und ein sehr günstiges Zeugniß für die erzgebirgische Vergbauverfassung. Die Grundzüge dieser Verfassung sind folgende: der Staat, dem die Erzgänge als Regal gehören, überläßt den Abbau derselben an Pri¬ vatleute, welche eine bestimmte Stelle „muthen", gegen gewisse Abgaben und unter der Bedingung, daß der Bau nach den Regeln der Kunst vorgenommen werde. Die Grube wird nun entweder von einem Einzelnen, in der Bcrg- wannsprache „Eigenlöhner", oder von einer Actiengesellschaft. bergmännisch „Gewerkschaft", betrieben. Zu einer Gewerkschaft gehören nach altem Brauch ^28 Actien oder „Kuxe"-, von welchen stets je einer der Kirche, dem Hospitale, der Knappschaftskasse und dem Fiscus gehört, so daß also nur 124 zu verge¬ ben sind. Alle Gewerkschaften stehen in einer Art Gegenseitigkeit zueinander, welche sie verpflichtet, sich untereinander durchzuhelfen. Die Gruben, welche ^man Reinertrag abwerfen, haben von jedem Pfunde Silber, das von ihnen Sewonnen wird, eine Abgabe von 2'/» Thaler an die Gnadengroschcnkasse zu ^richten. Aus' dieser und den Zuschüssen Malischer Kassen werden solche Unter- "ehmungen, welche Aussicht auf Gewinn bieten, aber im Augenblick ihre Betriebs¬ amen noch nicht decken, unterstützt. Im Jahr 1856 empfingen solche der Beihülfe bedürftige Gruben 119,800 Thaler unverzinsliche Vorschüsse aus ^n Schurfgelder-, Bergbau- und Schmelzadministrationskasfcn und 13,235 Thaler Steuerbegnadigungs-Aequivalente. Wir übergehen, was der Verfasser über die Reinigung der zu Tage ge- sperren Erze sagt, als bekannt, und theilen nur das mit. was über die Zahl und die Erzeugnisse der metallurgischen Anstalten bemerkt wird, in denen diese Reinigung vor sich geht. Die Hochöfen des Erzgebirges (sie befinden sich besonders im westlichen Theil) sind verhältnißmäßig klein, da die Berge Grenzboten III. 1S59, 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/159>, abgerufen am 23.05.2024.