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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Verdienst zu verschaffen. Er spaltet Holz, sticht Tors, hilft den Bauern seines
Dorfs beim Grasmähen und in der Getreideernte. Im Winter klöppelt er
mit der Familie. Seine Frau strebt nach Kräften, die Wirthschaftskasse zu
unterstützen, sei es durch Klöppeln oder andere Hausindustrie. Endlich werden
"und die Kinder frühzeitig angehalten, einige Pfennige zu verdienen.

Besser als die eigentlichen Bergleute stehen sich die in den Gruben be¬
schäftigten Maurer und Zimmerleute und die sogenannten "Gänghäuer", welche
gewissermaßen die Feldwebel der Knappen sind und für die Schicht elf Ncu-
Üwschen Lohn bekommen. Indeß rücken zu dieser Charge nur solche empor,
^e sich durch vierjährigen Besuch der freiberger Bergschule eine theoretische
Bildung erwerben. Diese können sich auch zum Steiger und Obersteiger empor¬
arbeiten, als welche sie einen anständigen Gehalt beziehen.

Die Löhne der Hüttenarbeiter sind, da ihre Beschäftigung beschwerlicher
^d der Gesundheit schädlicher ist als die der Bergleute, etwas höher. Ein
Tagelöhner erhält hier bei zwölfstündiger Arbeit sechs bis sieben, ein Rösler
ö^n bis zwölf, ein Schmelzer vierzehn Neugroschen den Tag. Der Verdienst
den Hochöfen ist ebenfalls verhältnißmäßig gut.

Wir kehren mit dem Verfasser zu einer Betrachtung des Lebens eines
Bergmanns zurück. Früh fünf Uhr muß er sich im Zechenhause einfinden,
^ohin mancher von seiner Wohnung einen Weg von einer Meile, bisweilen
^och mehr hat. Nachdem der Steiger die Knappen verlesen, spricht er nach
^tem Brauch em Gebet, worauf die Versammelten ein geistliches Lied singen,
^ches mitunter eine kleine Orgel begleitet. Dann wird eingefahren. Die
Arbeit des Häuers ist sehr einförmig: er bohrt Tag für Tag Sprenglöcher.
sie vorsichtig mit den meist von pensionirten Bergleuten angefertigten
Zündern und sprengt. Stundenlang schwingt er den schweren Fäustel in der
dunkeln Teufe, die von seinem Lämpchen nur auf eine kurze Strecke matt er-
hellt wird. Das Picken des Gezähes, das Rumpeln eines Karrens, der dumpfe
Bonner eines Sprengscbusses sind die einzigen Laute, die zu ihm dringen;
^ selten nimmt er sich Zeit, ein paar Worte mit dem Arbeitsgenossen oder
^'u die Runde machenden Steiger zu wechseln. Um die Mittagsstunde gibt
^ nur eine kurze Rast. Der Bergmann genießt ein Stück Brot und trinkt
M den Cichoricnkafsee, den er sich in einem Fläschchen von daheim mit¬
kommen und über der Lampe aufgewärmt hat. Das Tabakrauchen und der
^uuß geistiger Getränke ist in den Gruben nicht gestattet. Endlich kommt
>e vierte Nachmittagsstunde, und mit ihr erscheinen die Kameraden, an denen
'e Wochenreihe der Nachtschicht ist. und der Bergmann wird abgelöst. Indem
^ auf der steilen Leiter die Region der ewigen Nacht verläßt, grüßt ihn von
° en der Tag mit grünlichem Dämmerlicht, das durch das Mundloch in
en obern Theil des Schachtes fällt, Noch einige Stufen und er erbUSt das


Verdienst zu verschaffen. Er spaltet Holz, sticht Tors, hilft den Bauern seines
Dorfs beim Grasmähen und in der Getreideernte. Im Winter klöppelt er
mit der Familie. Seine Frau strebt nach Kräften, die Wirthschaftskasse zu
unterstützen, sei es durch Klöppeln oder andere Hausindustrie. Endlich werden
"und die Kinder frühzeitig angehalten, einige Pfennige zu verdienen.

Besser als die eigentlichen Bergleute stehen sich die in den Gruben be¬
schäftigten Maurer und Zimmerleute und die sogenannten „Gänghäuer", welche
gewissermaßen die Feldwebel der Knappen sind und für die Schicht elf Ncu-
Üwschen Lohn bekommen. Indeß rücken zu dieser Charge nur solche empor,
^e sich durch vierjährigen Besuch der freiberger Bergschule eine theoretische
Bildung erwerben. Diese können sich auch zum Steiger und Obersteiger empor¬
arbeiten, als welche sie einen anständigen Gehalt beziehen.

Die Löhne der Hüttenarbeiter sind, da ihre Beschäftigung beschwerlicher
^d der Gesundheit schädlicher ist als die der Bergleute, etwas höher. Ein
Tagelöhner erhält hier bei zwölfstündiger Arbeit sechs bis sieben, ein Rösler
ö^n bis zwölf, ein Schmelzer vierzehn Neugroschen den Tag. Der Verdienst
den Hochöfen ist ebenfalls verhältnißmäßig gut.

Wir kehren mit dem Verfasser zu einer Betrachtung des Lebens eines
Bergmanns zurück. Früh fünf Uhr muß er sich im Zechenhause einfinden,
^ohin mancher von seiner Wohnung einen Weg von einer Meile, bisweilen
^och mehr hat. Nachdem der Steiger die Knappen verlesen, spricht er nach
^tem Brauch em Gebet, worauf die Versammelten ein geistliches Lied singen,
^ches mitunter eine kleine Orgel begleitet. Dann wird eingefahren. Die
Arbeit des Häuers ist sehr einförmig: er bohrt Tag für Tag Sprenglöcher.
sie vorsichtig mit den meist von pensionirten Bergleuten angefertigten
Zündern und sprengt. Stundenlang schwingt er den schweren Fäustel in der
dunkeln Teufe, die von seinem Lämpchen nur auf eine kurze Strecke matt er-
hellt wird. Das Picken des Gezähes, das Rumpeln eines Karrens, der dumpfe
Bonner eines Sprengscbusses sind die einzigen Laute, die zu ihm dringen;
^ selten nimmt er sich Zeit, ein paar Worte mit dem Arbeitsgenossen oder
^'u die Runde machenden Steiger zu wechseln. Um die Mittagsstunde gibt
^ nur eine kurze Rast. Der Bergmann genießt ein Stück Brot und trinkt
M den Cichoricnkafsee, den er sich in einem Fläschchen von daheim mit¬
kommen und über der Lampe aufgewärmt hat. Das Tabakrauchen und der
^uuß geistiger Getränke ist in den Gruben nicht gestattet. Endlich kommt
>e vierte Nachmittagsstunde, und mit ihr erscheinen die Kameraden, an denen
'e Wochenreihe der Nachtschicht ist. und der Bergmann wird abgelöst. Indem
^ auf der steilen Leiter die Region der ewigen Nacht verläßt, grüßt ihn von
° en der Tag mit grünlichem Dämmerlicht, das durch das Mundloch in
en obern Theil des Schachtes fällt, Noch einige Stufen und er erbUSt das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/163>, abgerufen am 29.05.2024.