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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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der Arbeiter bei streck-, Kamm- und Spulmaschinen 26, der Weiferinnen 25'/2,
^r Krempelmüdchen 23 Ngr.

Die Vaumwollenstadt war natürlich der geeignete Boden, um die mit der
Spinnerei zusammenhängenden Gewerbe zu erziehen.

Besonders viele Arbeiter beschäftigt in und um Chemnitz die Baumwollen-
Weberei. Auch dieses nicht überall zünftige Gewerbe hat sich an einzelnen
^reen für gewisse Unterarten der Arbeit specialisirt. In dem einen Orte werden
Haus für Haus schwere glatte Gewebe, wie Piqu6 und Barchent, gefertigt;
einem andern wird ausschließlich Buntweberei betrieben. In der Stadt
Ehemnitz, wo die Weber wol die Mehrzahl der Industriellen bilden, blüht
besonders die Weberei von bunten Möbelstoffen und Tischdecken. Es be¬
gehen hi^ 8 große und 45 kleinere Weberwaarengeschäfte. Die meisten
^sser ihre Waaren durch Hausindustrie herstellen. Drei derselben haben
^ ihren Maschinenwebereien je 145, 28 und 24 Powerlooms im Gange.
'e gemusterten Stoffe, von denen namentlich die Möbeldamaste orien¬
talische Pracht entfalten, werden jetzt alle mittels des Jacquardstuhls ge-
^t>t, welcher sehr viel Arbeit erspart und doch die Arbeiterzahl nicht vermin¬
et hat. Der Verbrauch der für die Jacquards nöthigen Pappdeckel, deren
"eher das Muster vorzeichnen, ist so groß, daß die "Kartenschläger" in Chen-
"'b eine besondere Arbeiterclasse bilden. Außer den sehr zahlreichen Hcmd-
lacquards sind in Chemnitz eine beträchtliche Anzahl Maschinenwebstühle thätig,
^en Schiffchen ohne Beihilfe der Menschenhand ihre Bahn hin- und herfliegen.
einer Fabrik, wo über 150 solcher Webmaschinen arbeiten, herrscht ein
wahrhaft betäubender Lärm.

Unsere Voreltern liebten reine Gewebe aus Wolle oder aus Flachs oderaus
eiunuvolle. Unsere Zeit ist die der Verschmelzung, und die gemischten Stoffe,
/"uuuvolle und Wolle, Baumwolle und Seide, oder alle drei Webstoffe ver-
^'ge, sind an der Tagesordnung. Wahrend in Sachsen jetzt 20,000 Web-
Uchle ^me Baumwollenzeuge und. 10,000 halbleinene liefern, sind 25,000
kühle für Herstellung von Wollen-Baumwollen-Mischgewebe thätig.

^" Industriezweig, der vor allen andern das Zusammenwirken vieler
°pfe und Hände erfordert, ist der Zeug- und Kattundruck. Bleicher, Zeichner,
^rciveure, Chemiker und Mechaniker müssen sich vereinigt bemühen, um dem
^ewebe einen schönen Grund zu geben, um neue reizende Muster und Farben
^zustellen, um zweckmäßige Vervielfältigungsapparate für die Druckerei zu
in?' ^ Handdruck, eine alte ostindische, seit dem achtzehnten Jahrhundert
geübte Kunst, schwang sich seit der Gründung des Zollvereins neu
por und zählt in Chemnitz dreißig Anstalten. Die Zahl der Handdrucker
der ^ Aufkommen des Maschinendrucks hier nicht vermindert. In
Maschinendruckerei, die durch sinnreichen Mechanismus mit dem Schnell-


der Arbeiter bei streck-, Kamm- und Spulmaschinen 26, der Weiferinnen 25'/2,
^r Krempelmüdchen 23 Ngr.

Die Vaumwollenstadt war natürlich der geeignete Boden, um die mit der
Spinnerei zusammenhängenden Gewerbe zu erziehen.

Besonders viele Arbeiter beschäftigt in und um Chemnitz die Baumwollen-
Weberei. Auch dieses nicht überall zünftige Gewerbe hat sich an einzelnen
^reen für gewisse Unterarten der Arbeit specialisirt. In dem einen Orte werden
Haus für Haus schwere glatte Gewebe, wie Piqu6 und Barchent, gefertigt;
einem andern wird ausschließlich Buntweberei betrieben. In der Stadt
Ehemnitz, wo die Weber wol die Mehrzahl der Industriellen bilden, blüht
besonders die Weberei von bunten Möbelstoffen und Tischdecken. Es be¬
gehen hi^ 8 große und 45 kleinere Weberwaarengeschäfte. Die meisten
^sser ihre Waaren durch Hausindustrie herstellen. Drei derselben haben
^ ihren Maschinenwebereien je 145, 28 und 24 Powerlooms im Gange.
'e gemusterten Stoffe, von denen namentlich die Möbeldamaste orien¬
talische Pracht entfalten, werden jetzt alle mittels des Jacquardstuhls ge-
^t>t, welcher sehr viel Arbeit erspart und doch die Arbeiterzahl nicht vermin¬
et hat. Der Verbrauch der für die Jacquards nöthigen Pappdeckel, deren
"eher das Muster vorzeichnen, ist so groß, daß die „Kartenschläger" in Chen-
"'b eine besondere Arbeiterclasse bilden. Außer den sehr zahlreichen Hcmd-
lacquards sind in Chemnitz eine beträchtliche Anzahl Maschinenwebstühle thätig,
^en Schiffchen ohne Beihilfe der Menschenhand ihre Bahn hin- und herfliegen.
einer Fabrik, wo über 150 solcher Webmaschinen arbeiten, herrscht ein
wahrhaft betäubender Lärm.

Unsere Voreltern liebten reine Gewebe aus Wolle oder aus Flachs oderaus
eiunuvolle. Unsere Zeit ist die der Verschmelzung, und die gemischten Stoffe,
/»uuuvolle und Wolle, Baumwolle und Seide, oder alle drei Webstoffe ver-
^'ge, sind an der Tagesordnung. Wahrend in Sachsen jetzt 20,000 Web-
Uchle ^me Baumwollenzeuge und. 10,000 halbleinene liefern, sind 25,000
kühle für Herstellung von Wollen-Baumwollen-Mischgewebe thätig.

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°pfe und Hände erfordert, ist der Zeug- und Kattundruck. Bleicher, Zeichner,
^rciveure, Chemiker und Mechaniker müssen sich vereinigt bemühen, um dem
^ewebe einen schönen Grund zu geben, um neue reizende Muster und Farben
^zustellen, um zweckmäßige Vervielfältigungsapparate für die Druckerei zu
in?' ^ Handdruck, eine alte ostindische, seit dem achtzehnten Jahrhundert
geübte Kunst, schwang sich seit der Gründung des Zollvereins neu
por und zählt in Chemnitz dreißig Anstalten. Die Zahl der Handdrucker
der ^ Aufkommen des Maschinendrucks hier nicht vermindert. In
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[0189] der Arbeiter bei streck-, Kamm- und Spulmaschinen 26, der Weiferinnen 25'/2, ^r Krempelmüdchen 23 Ngr. Die Vaumwollenstadt war natürlich der geeignete Boden, um die mit der Spinnerei zusammenhängenden Gewerbe zu erziehen. Besonders viele Arbeiter beschäftigt in und um Chemnitz die Baumwollen- Weberei. Auch dieses nicht überall zünftige Gewerbe hat sich an einzelnen ^reen für gewisse Unterarten der Arbeit specialisirt. In dem einen Orte werden Haus für Haus schwere glatte Gewebe, wie Piqu6 und Barchent, gefertigt; einem andern wird ausschließlich Buntweberei betrieben. In der Stadt Ehemnitz, wo die Weber wol die Mehrzahl der Industriellen bilden, blüht besonders die Weberei von bunten Möbelstoffen und Tischdecken. Es be¬ gehen hi^ 8 große und 45 kleinere Weberwaarengeschäfte. Die meisten ^sser ihre Waaren durch Hausindustrie herstellen. Drei derselben haben ^ ihren Maschinenwebereien je 145, 28 und 24 Powerlooms im Gange. 'e gemusterten Stoffe, von denen namentlich die Möbeldamaste orien¬ talische Pracht entfalten, werden jetzt alle mittels des Jacquardstuhls ge- ^t>t, welcher sehr viel Arbeit erspart und doch die Arbeiterzahl nicht vermin¬ et hat. Der Verbrauch der für die Jacquards nöthigen Pappdeckel, deren "eher das Muster vorzeichnen, ist so groß, daß die „Kartenschläger" in Chen- "'b eine besondere Arbeiterclasse bilden. Außer den sehr zahlreichen Hcmd- lacquards sind in Chemnitz eine beträchtliche Anzahl Maschinenwebstühle thätig, ^en Schiffchen ohne Beihilfe der Menschenhand ihre Bahn hin- und herfliegen. einer Fabrik, wo über 150 solcher Webmaschinen arbeiten, herrscht ein wahrhaft betäubender Lärm. Unsere Voreltern liebten reine Gewebe aus Wolle oder aus Flachs oderaus eiunuvolle. Unsere Zeit ist die der Verschmelzung, und die gemischten Stoffe, /»uuuvolle und Wolle, Baumwolle und Seide, oder alle drei Webstoffe ver- ^'ge, sind an der Tagesordnung. Wahrend in Sachsen jetzt 20,000 Web- Uchle ^me Baumwollenzeuge und. 10,000 halbleinene liefern, sind 25,000 kühle für Herstellung von Wollen-Baumwollen-Mischgewebe thätig. ^„ Industriezweig, der vor allen andern das Zusammenwirken vieler °pfe und Hände erfordert, ist der Zeug- und Kattundruck. Bleicher, Zeichner, ^rciveure, Chemiker und Mechaniker müssen sich vereinigt bemühen, um dem ^ewebe einen schönen Grund zu geben, um neue reizende Muster und Farben ^zustellen, um zweckmäßige Vervielfältigungsapparate für die Druckerei zu in?' ^ Handdruck, eine alte ostindische, seit dem achtzehnten Jahrhundert geübte Kunst, schwang sich seit der Gründung des Zollvereins neu por und zählt in Chemnitz dreißig Anstalten. Die Zahl der Handdrucker der ^ Aufkommen des Maschinendrucks hier nicht vermindert. In Maschinendruckerei, die durch sinnreichen Mechanismus mit dem Schnell-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/189>, abgerufen am 31.05.2024.