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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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^ut; die darüber liegenden Grundstücke werden im Sommer durch das unter¬
mische Feuer ausgedörrt und im Winter vom Schnee befreit.

Die Wärme dieses Erdbrandes nun wird zur Heizung von Treibhäusern
verwandt, in denen eine Fülle seltener Pflanzen fröhlich gedeiht. Es gibt
^um eine andere Anstalt, die auf so kleinem Raum gleich viele Sehenswür¬
digkeiten besitzt, wie diese Treibgärtnerci. Reizende Blattpflanzen: Calladien
und Aroideen neben Farren und Cycadeen; die wunderlichen Nepenthes, sar^
^acenien und Cephaloten mit krugförmigen Blättern, die reizbare Fliegenfalle
und der ostindische Wandelklee mit sanft oscillirenden Blättern, bieten hier,
selbst wenn keine Orchidee ihre phantastischen Blumen zeigt, reiche Augenweide.
Für junge Liebhaber der Geographie ist diese Anstalt ein wahres Museum,
^ dem sie viele tropische Pflanzen, wie den Affenbrodbaum, die Banane, die
^gwerpflanze. den Kaffee- und Cacaobaum, kurz fast alle tropischen Cultur-
ganzen bis zur Vanillenranke, dem Zimmtbaume und dem Zuckerrohre leben-
d'a. vor sich sehen.

Hat man sich auf einer Rundreise durch die zwickauer Gegend an dem
^oßen Aufschwung erfreut, welchen die Ortschaften derselben in den letzten
Jahrzehnten genommen haben, so kann dem einen und dem andern Wan¬
drer die Frage aufsteigen, ob dies dauern, ob es dieser blühenden Gegend
auch einmal so ergehen kann, wie droben den Bergstädten, deren reiche
^ilberadern auch eine Menge Menschen zur Ansiedlung verlockten, um sie,
"der was für unsere Betrachtung gleich ist. ihre Kinder im Stich zu lassen.
Die Geologen trösten: Allerdings sind unsere Kohlenflöze ebenso wenig un¬
erschöpflich als jene Silberadern; aber mit der Erschöpfung hat es denn doch
ÜUte Wege. Denn unsere Schätzung hat uns überzeugt, daß die zwickauer
K°hlenflur, wenn ihr jährlich das bis jetzt noch nicht erreichte Quantum von
Ztvölf Millionen Centnern entzogen wird, noch für mindestens fünfhundert
^ahre Vorrath in sich birgt. Und dann? Wir sollen nicht für den andern
borgen sorgen, wie viel weniger um Möglichkeiten des Jahres p. Chr. zwei-
^usenddreihundertneunundfunfzig. Kümmern wir uns um näherliegendes. Wer
durchaus noch Trost bedarf, der erinnere sich, daß wir vor fünfhundert Jah-
keine Steinkohlen, vor fünfzig Jahren noch keine Eisenbahnen, keine
ampfmaschinen. keine Telegraphen kannten, und lese dann in irgend einem
^)e die weitern Erfindungen nach, welche in den letzten Menschenaltern
Zum Besten unserer Nahrung und Nothdurft gemacht worden sind. Die Men¬
gen des dritten Jahrtausends werden schwerlich weniger weit in den Himmel
^ Dinge sehen, die uns Prometheuskindern möglich sind, als die des zwei-
auf deren Schultern sie stehen werden.




Grenzboten III. 1859. 24

^ut; die darüber liegenden Grundstücke werden im Sommer durch das unter¬
mische Feuer ausgedörrt und im Winter vom Schnee befreit.

Die Wärme dieses Erdbrandes nun wird zur Heizung von Treibhäusern
verwandt, in denen eine Fülle seltener Pflanzen fröhlich gedeiht. Es gibt
^um eine andere Anstalt, die auf so kleinem Raum gleich viele Sehenswür¬
digkeiten besitzt, wie diese Treibgärtnerci. Reizende Blattpflanzen: Calladien
und Aroideen neben Farren und Cycadeen; die wunderlichen Nepenthes, sar^
^acenien und Cephaloten mit krugförmigen Blättern, die reizbare Fliegenfalle
und der ostindische Wandelklee mit sanft oscillirenden Blättern, bieten hier,
selbst wenn keine Orchidee ihre phantastischen Blumen zeigt, reiche Augenweide.
Für junge Liebhaber der Geographie ist diese Anstalt ein wahres Museum,
^ dem sie viele tropische Pflanzen, wie den Affenbrodbaum, die Banane, die
^gwerpflanze. den Kaffee- und Cacaobaum, kurz fast alle tropischen Cultur-
ganzen bis zur Vanillenranke, dem Zimmtbaume und dem Zuckerrohre leben-
d'a. vor sich sehen.

Hat man sich auf einer Rundreise durch die zwickauer Gegend an dem
^oßen Aufschwung erfreut, welchen die Ortschaften derselben in den letzten
Jahrzehnten genommen haben, so kann dem einen und dem andern Wan¬
drer die Frage aufsteigen, ob dies dauern, ob es dieser blühenden Gegend
auch einmal so ergehen kann, wie droben den Bergstädten, deren reiche
^ilberadern auch eine Menge Menschen zur Ansiedlung verlockten, um sie,
"der was für unsere Betrachtung gleich ist. ihre Kinder im Stich zu lassen.
Die Geologen trösten: Allerdings sind unsere Kohlenflöze ebenso wenig un¬
erschöpflich als jene Silberadern; aber mit der Erschöpfung hat es denn doch
ÜUte Wege. Denn unsere Schätzung hat uns überzeugt, daß die zwickauer
K°hlenflur, wenn ihr jährlich das bis jetzt noch nicht erreichte Quantum von
Ztvölf Millionen Centnern entzogen wird, noch für mindestens fünfhundert
^ahre Vorrath in sich birgt. Und dann? Wir sollen nicht für den andern
borgen sorgen, wie viel weniger um Möglichkeiten des Jahres p. Chr. zwei-
^usenddreihundertneunundfunfzig. Kümmern wir uns um näherliegendes. Wer
durchaus noch Trost bedarf, der erinnere sich, daß wir vor fünfhundert Jah-
keine Steinkohlen, vor fünfzig Jahren noch keine Eisenbahnen, keine
ampfmaschinen. keine Telegraphen kannten, und lese dann in irgend einem
^)e die weitern Erfindungen nach, welche in den letzten Menschenaltern
Zum Besten unserer Nahrung und Nothdurft gemacht worden sind. Die Men¬
gen des dritten Jahrtausends werden schwerlich weniger weit in den Himmel
^ Dinge sehen, die uns Prometheuskindern möglich sind, als die des zwei-
auf deren Schultern sie stehen werden.




Grenzboten III. 1859. 24
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[0199] ^ut; die darüber liegenden Grundstücke werden im Sommer durch das unter¬ mische Feuer ausgedörrt und im Winter vom Schnee befreit. Die Wärme dieses Erdbrandes nun wird zur Heizung von Treibhäusern verwandt, in denen eine Fülle seltener Pflanzen fröhlich gedeiht. Es gibt ^um eine andere Anstalt, die auf so kleinem Raum gleich viele Sehenswür¬ digkeiten besitzt, wie diese Treibgärtnerci. Reizende Blattpflanzen: Calladien und Aroideen neben Farren und Cycadeen; die wunderlichen Nepenthes, sar^ ^acenien und Cephaloten mit krugförmigen Blättern, die reizbare Fliegenfalle und der ostindische Wandelklee mit sanft oscillirenden Blättern, bieten hier, selbst wenn keine Orchidee ihre phantastischen Blumen zeigt, reiche Augenweide. Für junge Liebhaber der Geographie ist diese Anstalt ein wahres Museum, ^ dem sie viele tropische Pflanzen, wie den Affenbrodbaum, die Banane, die ^gwerpflanze. den Kaffee- und Cacaobaum, kurz fast alle tropischen Cultur- ganzen bis zur Vanillenranke, dem Zimmtbaume und dem Zuckerrohre leben- d'a. vor sich sehen. Hat man sich auf einer Rundreise durch die zwickauer Gegend an dem ^oßen Aufschwung erfreut, welchen die Ortschaften derselben in den letzten Jahrzehnten genommen haben, so kann dem einen und dem andern Wan¬ drer die Frage aufsteigen, ob dies dauern, ob es dieser blühenden Gegend auch einmal so ergehen kann, wie droben den Bergstädten, deren reiche ^ilberadern auch eine Menge Menschen zur Ansiedlung verlockten, um sie, "der was für unsere Betrachtung gleich ist. ihre Kinder im Stich zu lassen. Die Geologen trösten: Allerdings sind unsere Kohlenflöze ebenso wenig un¬ erschöpflich als jene Silberadern; aber mit der Erschöpfung hat es denn doch ÜUte Wege. Denn unsere Schätzung hat uns überzeugt, daß die zwickauer K°hlenflur, wenn ihr jährlich das bis jetzt noch nicht erreichte Quantum von Ztvölf Millionen Centnern entzogen wird, noch für mindestens fünfhundert ^ahre Vorrath in sich birgt. Und dann? Wir sollen nicht für den andern borgen sorgen, wie viel weniger um Möglichkeiten des Jahres p. Chr. zwei- ^usenddreihundertneunundfunfzig. Kümmern wir uns um näherliegendes. Wer durchaus noch Trost bedarf, der erinnere sich, daß wir vor fünfhundert Jah- keine Steinkohlen, vor fünfzig Jahren noch keine Eisenbahnen, keine ampfmaschinen. keine Telegraphen kannten, und lese dann in irgend einem ^)e die weitern Erfindungen nach, welche in den letzten Menschenaltern Zum Besten unserer Nahrung und Nothdurft gemacht worden sind. Die Men¬ gen des dritten Jahrtausends werden schwerlich weniger weit in den Himmel ^ Dinge sehen, die uns Prometheuskindern möglich sind, als die des zwei- auf deren Schultern sie stehen werden. Grenzboten III. 1859. 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/199>, abgerufen am 13.05.2024.