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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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^on lügen müßte, ganz wohl mit dem seinigen vereinen läßt, hat den Krieg
gefordert und forderte nun den Frieden.

Was hat der Krieg dem Interesse Frankreichs genützt?

Er hat wieder einmal die Ueberlegenheit seiner Armee und seiner kräftigen
einheitlichen Organisation gezeigt. Die in ihm errungenen militärischen Er¬
folge haben nach allen Seiten hin eingeschüchtert. Während in einer minder
faulen und zurechtlegerischen Zeit Völker und Staaten insbesondere der Ger¬
manen nach diesen Erfolgen doppelt die Nothwendigkeit des Zusammenstehens
fühlen würden, werden sie in unsrer Zeit finden, daß man sich hüten müsse,
gleichfalls das Opfer solcher Erfolge zu werden, und wenn der eine angegriffen
^U'd von den Franzosen, wird der andere denselben wahrscheinlich Ergeben-
heits- und Freundschaftsadressen senden, bis er gleichfalls an das Abschlachten
kommt.

Was hat der Frieden von Villaftanca dem Interesse Frankreichs genützt?

Darauf antwortet am bündigsten mit einer vielsagenden Offenheit der
Boniteur vom 21. Juli: Ohne den Frieden von Villaftanca kam möglicher¬
weise doch noch eine Einigung Oestreichs und Preußens zu Stande, ein Eck¬
stein zur wirklichen Einheit Deutschlands. Durch den Friedensschluß wurde
">ehe blos diesem Frankreich ungünstigen Umstände für den Augenblick vor¬
beugt, sondern es ward auch der Einheit für die nächste Zukunft hin sehr
gründlich ein Bein gestellt.

Warum hat Kaiser Franz Joseph den Frieden geschlossen?

Ich konnte, sagt er in seinem Manifest, weiter kämpfen, auch wenn ich
"klein blieb, und selbst nicht ohne alle Aussicht auf günstigen Erfolg. Aber
^eifelhast blieb dieser immer, wenn meine natürlichen Bundesgenossen nicht
mir standen. Diese nun, weit entfernt, mir zu helfen, hatten gar noch die
Absicht, mir Vermittlungsvorschläge zu machen, die mich ungünstiger stellten,
als der Friedensschluß von Villaftanca. Darum machte ich lieber die Sache
schnell mit meinem bisherigen Gegner allein ab.

Man weiß aus den neuesten Eröffnungen Preußens, daß die Vorwürfe,
^'e hierin für die natürlichen Bundesgenossen liegen, vollkommen unbegründet.
Ungerecht und unwahr waren. Wären sie aber auch gerecht gewesen, so war
doch der Friedensschluß von Seiten Franz Josephs eine Uebereilung. die sich
M>t der Erbitterung gegen seine natürlichen Verbündeten, die es Sir Princips
bleiben, erklären, aber nicht entschuldigen läßt.

Es ist nämlich durchaus nicht wahr, daß der Frieden von Villaftanca,
grade s" mie er präliminarisch geschlossen ist und wie er wahrscheinlich definitiv
segelt werden wird, den kleinsten möglichen Nachtheil für Oestreich involvirt.

Oestreich behält es freilich zunächst mit den Italienern allein zu thun,
^se werden ihm Anlaß genug geben, einmal wieder über die Minciolinie


^on lügen müßte, ganz wohl mit dem seinigen vereinen läßt, hat den Krieg
gefordert und forderte nun den Frieden.

Was hat der Krieg dem Interesse Frankreichs genützt?

Er hat wieder einmal die Ueberlegenheit seiner Armee und seiner kräftigen
einheitlichen Organisation gezeigt. Die in ihm errungenen militärischen Er¬
folge haben nach allen Seiten hin eingeschüchtert. Während in einer minder
faulen und zurechtlegerischen Zeit Völker und Staaten insbesondere der Ger¬
manen nach diesen Erfolgen doppelt die Nothwendigkeit des Zusammenstehens
fühlen würden, werden sie in unsrer Zeit finden, daß man sich hüten müsse,
gleichfalls das Opfer solcher Erfolge zu werden, und wenn der eine angegriffen
^U'd von den Franzosen, wird der andere denselben wahrscheinlich Ergeben-
heits- und Freundschaftsadressen senden, bis er gleichfalls an das Abschlachten
kommt.

Was hat der Frieden von Villaftanca dem Interesse Frankreichs genützt?

Darauf antwortet am bündigsten mit einer vielsagenden Offenheit der
Boniteur vom 21. Juli: Ohne den Frieden von Villaftanca kam möglicher¬
weise doch noch eine Einigung Oestreichs und Preußens zu Stande, ein Eck¬
stein zur wirklichen Einheit Deutschlands. Durch den Friedensschluß wurde
">ehe blos diesem Frankreich ungünstigen Umstände für den Augenblick vor¬
beugt, sondern es ward auch der Einheit für die nächste Zukunft hin sehr
gründlich ein Bein gestellt.

Warum hat Kaiser Franz Joseph den Frieden geschlossen?

Ich konnte, sagt er in seinem Manifest, weiter kämpfen, auch wenn ich
"klein blieb, und selbst nicht ohne alle Aussicht auf günstigen Erfolg. Aber
^eifelhast blieb dieser immer, wenn meine natürlichen Bundesgenossen nicht
mir standen. Diese nun, weit entfernt, mir zu helfen, hatten gar noch die
Absicht, mir Vermittlungsvorschläge zu machen, die mich ungünstiger stellten,
als der Friedensschluß von Villaftanca. Darum machte ich lieber die Sache
schnell mit meinem bisherigen Gegner allein ab.

Man weiß aus den neuesten Eröffnungen Preußens, daß die Vorwürfe,
^'e hierin für die natürlichen Bundesgenossen liegen, vollkommen unbegründet.
Ungerecht und unwahr waren. Wären sie aber auch gerecht gewesen, so war
doch der Friedensschluß von Seiten Franz Josephs eine Uebereilung. die sich
M>t der Erbitterung gegen seine natürlichen Verbündeten, die es Sir Princips
bleiben, erklären, aber nicht entschuldigen läßt.

Es ist nämlich durchaus nicht wahr, daß der Frieden von Villaftanca,
grade s» mie er präliminarisch geschlossen ist und wie er wahrscheinlich definitiv
segelt werden wird, den kleinsten möglichen Nachtheil für Oestreich involvirt.

Oestreich behält es freilich zunächst mit den Italienern allein zu thun,
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[0235] ^on lügen müßte, ganz wohl mit dem seinigen vereinen läßt, hat den Krieg gefordert und forderte nun den Frieden. Was hat der Krieg dem Interesse Frankreichs genützt? Er hat wieder einmal die Ueberlegenheit seiner Armee und seiner kräftigen einheitlichen Organisation gezeigt. Die in ihm errungenen militärischen Er¬ folge haben nach allen Seiten hin eingeschüchtert. Während in einer minder faulen und zurechtlegerischen Zeit Völker und Staaten insbesondere der Ger¬ manen nach diesen Erfolgen doppelt die Nothwendigkeit des Zusammenstehens fühlen würden, werden sie in unsrer Zeit finden, daß man sich hüten müsse, gleichfalls das Opfer solcher Erfolge zu werden, und wenn der eine angegriffen ^U'd von den Franzosen, wird der andere denselben wahrscheinlich Ergeben- heits- und Freundschaftsadressen senden, bis er gleichfalls an das Abschlachten kommt. Was hat der Frieden von Villaftanca dem Interesse Frankreichs genützt? Darauf antwortet am bündigsten mit einer vielsagenden Offenheit der Boniteur vom 21. Juli: Ohne den Frieden von Villaftanca kam möglicher¬ weise doch noch eine Einigung Oestreichs und Preußens zu Stande, ein Eck¬ stein zur wirklichen Einheit Deutschlands. Durch den Friedensschluß wurde ">ehe blos diesem Frankreich ungünstigen Umstände für den Augenblick vor¬ beugt, sondern es ward auch der Einheit für die nächste Zukunft hin sehr gründlich ein Bein gestellt. Warum hat Kaiser Franz Joseph den Frieden geschlossen? Ich konnte, sagt er in seinem Manifest, weiter kämpfen, auch wenn ich "klein blieb, und selbst nicht ohne alle Aussicht auf günstigen Erfolg. Aber ^eifelhast blieb dieser immer, wenn meine natürlichen Bundesgenossen nicht mir standen. Diese nun, weit entfernt, mir zu helfen, hatten gar noch die Absicht, mir Vermittlungsvorschläge zu machen, die mich ungünstiger stellten, als der Friedensschluß von Villaftanca. Darum machte ich lieber die Sache schnell mit meinem bisherigen Gegner allein ab. Man weiß aus den neuesten Eröffnungen Preußens, daß die Vorwürfe, ^'e hierin für die natürlichen Bundesgenossen liegen, vollkommen unbegründet. Ungerecht und unwahr waren. Wären sie aber auch gerecht gewesen, so war doch der Friedensschluß von Seiten Franz Josephs eine Uebereilung. die sich M>t der Erbitterung gegen seine natürlichen Verbündeten, die es Sir Princips bleiben, erklären, aber nicht entschuldigen läßt. Es ist nämlich durchaus nicht wahr, daß der Frieden von Villaftanca, grade s» mie er präliminarisch geschlossen ist und wie er wahrscheinlich definitiv segelt werden wird, den kleinsten möglichen Nachtheil für Oestreich involvirt. Oestreich behält es freilich zunächst mit den Italienern allein zu thun, ^se werden ihm Anlaß genug geben, einmal wieder über die Minciolinie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/235>, abgerufen am 28.05.2024.