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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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^ eine ganz vortreffliche Kriegswaffe; die einzige Eigenschaft, die uns
"icht gefällt, ist die. daß man in einer Minute gar zu oft laden kann. Vor
"lieu Dingen scheint es uns daher geeignet als Gewehr von Festungsverthei-
d>"ern. nicht blos, weil es von hinten zu laden, und darum leicht durch
Mauerscharten und Kasematten zu brauchen ist. sondern auch, weil der Mann,
der in einem Festungswerk zu dessen Vertheidigung aufgestellt ist. wissen muß.
daß ihm der Feind nicht so ohne weiteres auf den Leib kommen kann und
^shalb die nothwendige Seelenruhe zum guten Zielen besser bewahrt; dann
^scheint es uns im freien Felde vorzugsweise geeignet als Gewehr einer Ne-
snveinfanterie. die im letzten Moment, um die Entscheidung zu geben, vorrückt,
und nun mit ihrem nicht abreißenden Linienfeuer den Feind, der sich etwa
lchon siegreich wähnte, unerbittlich niederhagelt. Man sagt uns, die Möglich¬
st des schnellen Ladens schadet im Ganzen nichts, denn ihrer üblen Folge, der
Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß sich die Tirailleurketten, mit denen
hauptsächlich das Feuergefecht geführt werden muß. rasch verschießen, kann
durch gute Ausbildung und gute Verwendung im Gefecht vorgebeugt werden.
^>r geben auf dergleichen Behauptungen wenig. Die gute Ausbildung der
kuppen im Frieden kann sie gegen keine Art der Aufregung, welche das
Gefecht bringt, abstumpfen, weder gegen Furcht noch gegen die Blutleckerwuth.
^as die gute Verwendung betrifft, so wird darunter, soviel wir wissen, die
Anwendung des sogenannten Gruppentiraillirens verstanden. Dieses Gruppen-
llrailliren, wie es gegenwärtig in Deutschland geübt und als höchste Blüte
^r Taktik betrachtet wird, ist aber unsers Erachtens der Tod alles wahren
Tiraillirens. es nimmt diesem seinen Geist und erfüllt dennoch nicht einmal
den Zweck, dem raschen Verschießen vorzubeugen, den Zweck, der es eigentlich
geboren hat, wie alle aufrichtigen Leute nachgrade eingestehn. Die französischen
Gruppen der (^me^ach cle evmwt zu 4 Mann sind etwas absolut Anderes
a>s die Sectionsgruppen von l2 bis 20 Mann bei den Deutschen; jene sind
in>n Zweck der Ueberwachung erfunden, diese, um das selbstthätige
sammeln zu erleichtern.

Aber eine Art der Verwendung der Truppen gibt es sicherlich, welche zwar
"'ehr dem schnellen Verschießen der Zündnadelinfantcrie abhelfen kann, aber
^'"l den üblen Folgen desselben. Diese Zündnadelinfanterie hat unsers Er-
achtens mehr als eine andere ein Interesse, schnelle Erfolge zu suchen. S,e
^"ß angreifend auftreten, und wo sie angreifend auftritt, muß sie sich nicht
?U langen Recognoscirungen und sogenannten Vorbereitungsgefechtcn auf-
halren; sondern den starken Tirailleurfchwärmen. die sie ausgeschüttet hat
und immer immer vorwärts treibt, die Batcullonscolonnen ohne Säumen
s°lgen lassen Aber grade von dieser Einsicht scheint man uns trotz alles


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^ eine ganz vortreffliche Kriegswaffe; die einzige Eigenschaft, die uns
"icht gefällt, ist die. daß man in einer Minute gar zu oft laden kann. Vor
"lieu Dingen scheint es uns daher geeignet als Gewehr von Festungsverthei-
d>»ern. nicht blos, weil es von hinten zu laden, und darum leicht durch
Mauerscharten und Kasematten zu brauchen ist. sondern auch, weil der Mann,
der in einem Festungswerk zu dessen Vertheidigung aufgestellt ist. wissen muß.
daß ihm der Feind nicht so ohne weiteres auf den Leib kommen kann und
^shalb die nothwendige Seelenruhe zum guten Zielen besser bewahrt; dann
^scheint es uns im freien Felde vorzugsweise geeignet als Gewehr einer Ne-
snveinfanterie. die im letzten Moment, um die Entscheidung zu geben, vorrückt,
und nun mit ihrem nicht abreißenden Linienfeuer den Feind, der sich etwa
lchon siegreich wähnte, unerbittlich niederhagelt. Man sagt uns, die Möglich¬
st des schnellen Ladens schadet im Ganzen nichts, denn ihrer üblen Folge, der
Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß sich die Tirailleurketten, mit denen
hauptsächlich das Feuergefecht geführt werden muß. rasch verschießen, kann
durch gute Ausbildung und gute Verwendung im Gefecht vorgebeugt werden.
^>r geben auf dergleichen Behauptungen wenig. Die gute Ausbildung der
kuppen im Frieden kann sie gegen keine Art der Aufregung, welche das
Gefecht bringt, abstumpfen, weder gegen Furcht noch gegen die Blutleckerwuth.
^as die gute Verwendung betrifft, so wird darunter, soviel wir wissen, die
Anwendung des sogenannten Gruppentiraillirens verstanden. Dieses Gruppen-
llrailliren, wie es gegenwärtig in Deutschland geübt und als höchste Blüte
^r Taktik betrachtet wird, ist aber unsers Erachtens der Tod alles wahren
Tiraillirens. es nimmt diesem seinen Geist und erfüllt dennoch nicht einmal
den Zweck, dem raschen Verschießen vorzubeugen, den Zweck, der es eigentlich
geboren hat, wie alle aufrichtigen Leute nachgrade eingestehn. Die französischen
Gruppen der (^me^ach cle evmwt zu 4 Mann sind etwas absolut Anderes
a>s die Sectionsgruppen von l2 bis 20 Mann bei den Deutschen; jene sind
in>n Zweck der Ueberwachung erfunden, diese, um das selbstthätige
sammeln zu erleichtern.

Aber eine Art der Verwendung der Truppen gibt es sicherlich, welche zwar
"'ehr dem schnellen Verschießen der Zündnadelinfantcrie abhelfen kann, aber
^'»l den üblen Folgen desselben. Diese Zündnadelinfanterie hat unsers Er-
achtens mehr als eine andere ein Interesse, schnelle Erfolge zu suchen. S,e
^"ß angreifend auftreten, und wo sie angreifend auftritt, muß sie sich nicht
?U langen Recognoscirungen und sogenannten Vorbereitungsgefechtcn auf-
halren; sondern den starken Tirailleurfchwärmen. die sie ausgeschüttet hat
und immer immer vorwärts treibt, die Batcullonscolonnen ohne Säumen
s°lgen lassen Aber grade von dieser Einsicht scheint man uns trotz alles


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/401>, abgerufen am 12.05.2024.