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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Fässern, zehn-und sechzehngrädigen. und fand namentlich den letztern vortreff¬
lich. Könnte man zu besseren Fässern und Kellern gelangen, so hätte dieser
Wein vielleicht eine Zukunft.

Von Bettchen aus pflegt man den Dschebel Fureidis, die Teiche Salo-
mos und die vier westlich und südwestlich von Jerusalem gelegenen Kloster
zu besuchen. Ich sah nur die Teiche und das eine der Klöster, welches sich
nach dem Apostel Philippus nennt. Der Dschebel Fureidis, auch Frankenberg
genannt, erhebt sich südöstlich von Bethlehem. Man hat in den Ruinen des
terrassenförmigen Castells auf seinem Gipfel Reste der von Josephus erwähnten
Festung des Herodes erblickt, und die Sage behauptet, daß sich hier die aus
Jerusalem verdrängten Franken noch mehre Jahrzehnte behauptet hätten. Si¬
cherer ist die Tradition, die an die Teiche den Namen Salomos knüpft. Ge¬
wiß ist wenigstens, daß sie aus sehr alter, wahrscheinlich, daß sie aus vorchrist¬
licher Zeit stammen. Ich folgte von Bethlehem aus einem Wege, der an
einer Wasserleitung hinlaufend nach dem Abhang führt, unter dem in einer
tiefen Schlucht das Dörfchen Ardas mit seinen hübschen Aprikosen- und Feigen-
Pflanzungen liegt. Einige hundert Schritt von hier befinden sich am Thal¬
hange drei gewaltige Wasserbecken, die theils in den Felsen, gehauen, theils
von Quadern aufgemauert sind. Sie liegen sensenförmig übereinander, und
nehmen von oben nach unten an Länge zu. Der oberste mag vierhundert,
der in der Mitte vierhundertundfunfzig, der unterste etwa sechshundert Fuß
lang sein, und ihre Breite betrügt durchschnittlich zweihundert Fuß. Sie
werden von den Regengüssen des Winters gefüllt, im Sommer wird die Ver-
dunstung des Wassers durch eine über ihnen entspringende Quelle theilweise
ausgeglichen, in der die Sage den "verschlossnen Born" erblickt, mit wel¬
chem der Sänger des Hohenliedes seine Schwester und Braut vergleicht. Wäre
dies richtig, so dürfte man sich hierher auch den Lustgarten von Granatäpfeln
mit edlen Früchten. Cypern mit Norden, Narben mit Safran, Calmus und
Cvnamen, mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhen und Aloes und al¬
len besten Würzen" denken, der dem verliebten Dichter zu weiteren Verglei¬
chen Gelegenheit bot.

Von diesen Teichen ging, ich durch ein mit Reben und Feigenbäumen
bepflanztes Thalgelände. wo das Kloster des heiligen Georg steht; und dann
über zwei kahle Hügel und durch eine dazwischenliegende Senkung nach dem
großen Orte Bet Dschalah, wo nach der Volkssage kein Moslem länger
als zwei Jahre leben bleibt, weshalb die Türken und Araber sich ganz von
hier zurückgezogen haben, und in dessen Nähe die Mönche das Feld zeigen,
wo das Heer Sanheribs von dem Würgengel, der auf das Gebet Hiskias
und Jesajas erschien , gefällt wurde. Auf ziemlich rauhem Wege gelangte ich
von hier in einer starken Stunde nach dem Philippskloster, in dessen Nähe


Fässern, zehn-und sechzehngrädigen. und fand namentlich den letztern vortreff¬
lich. Könnte man zu besseren Fässern und Kellern gelangen, so hätte dieser
Wein vielleicht eine Zukunft.

Von Bettchen aus pflegt man den Dschebel Fureidis, die Teiche Salo-
mos und die vier westlich und südwestlich von Jerusalem gelegenen Kloster
zu besuchen. Ich sah nur die Teiche und das eine der Klöster, welches sich
nach dem Apostel Philippus nennt. Der Dschebel Fureidis, auch Frankenberg
genannt, erhebt sich südöstlich von Bethlehem. Man hat in den Ruinen des
terrassenförmigen Castells auf seinem Gipfel Reste der von Josephus erwähnten
Festung des Herodes erblickt, und die Sage behauptet, daß sich hier die aus
Jerusalem verdrängten Franken noch mehre Jahrzehnte behauptet hätten. Si¬
cherer ist die Tradition, die an die Teiche den Namen Salomos knüpft. Ge¬
wiß ist wenigstens, daß sie aus sehr alter, wahrscheinlich, daß sie aus vorchrist¬
licher Zeit stammen. Ich folgte von Bethlehem aus einem Wege, der an
einer Wasserleitung hinlaufend nach dem Abhang führt, unter dem in einer
tiefen Schlucht das Dörfchen Ardas mit seinen hübschen Aprikosen- und Feigen-
Pflanzungen liegt. Einige hundert Schritt von hier befinden sich am Thal¬
hange drei gewaltige Wasserbecken, die theils in den Felsen, gehauen, theils
von Quadern aufgemauert sind. Sie liegen sensenförmig übereinander, und
nehmen von oben nach unten an Länge zu. Der oberste mag vierhundert,
der in der Mitte vierhundertundfunfzig, der unterste etwa sechshundert Fuß
lang sein, und ihre Breite betrügt durchschnittlich zweihundert Fuß. Sie
werden von den Regengüssen des Winters gefüllt, im Sommer wird die Ver-
dunstung des Wassers durch eine über ihnen entspringende Quelle theilweise
ausgeglichen, in der die Sage den „verschlossnen Born" erblickt, mit wel¬
chem der Sänger des Hohenliedes seine Schwester und Braut vergleicht. Wäre
dies richtig, so dürfte man sich hierher auch den Lustgarten von Granatäpfeln
mit edlen Früchten. Cypern mit Norden, Narben mit Safran, Calmus und
Cvnamen, mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhen und Aloes und al¬
len besten Würzen" denken, der dem verliebten Dichter zu weiteren Verglei¬
chen Gelegenheit bot.

Von diesen Teichen ging, ich durch ein mit Reben und Feigenbäumen
bepflanztes Thalgelände. wo das Kloster des heiligen Georg steht; und dann
über zwei kahle Hügel und durch eine dazwischenliegende Senkung nach dem
großen Orte Bet Dschalah, wo nach der Volkssage kein Moslem länger
als zwei Jahre leben bleibt, weshalb die Türken und Araber sich ganz von
hier zurückgezogen haben, und in dessen Nähe die Mönche das Feld zeigen,
wo das Heer Sanheribs von dem Würgengel, der auf das Gebet Hiskias
und Jesajas erschien , gefällt wurde. Auf ziemlich rauhem Wege gelangte ich
von hier in einer starken Stunde nach dem Philippskloster, in dessen Nähe


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[0476] Fässern, zehn-und sechzehngrädigen. und fand namentlich den letztern vortreff¬ lich. Könnte man zu besseren Fässern und Kellern gelangen, so hätte dieser Wein vielleicht eine Zukunft. Von Bettchen aus pflegt man den Dschebel Fureidis, die Teiche Salo- mos und die vier westlich und südwestlich von Jerusalem gelegenen Kloster zu besuchen. Ich sah nur die Teiche und das eine der Klöster, welches sich nach dem Apostel Philippus nennt. Der Dschebel Fureidis, auch Frankenberg genannt, erhebt sich südöstlich von Bethlehem. Man hat in den Ruinen des terrassenförmigen Castells auf seinem Gipfel Reste der von Josephus erwähnten Festung des Herodes erblickt, und die Sage behauptet, daß sich hier die aus Jerusalem verdrängten Franken noch mehre Jahrzehnte behauptet hätten. Si¬ cherer ist die Tradition, die an die Teiche den Namen Salomos knüpft. Ge¬ wiß ist wenigstens, daß sie aus sehr alter, wahrscheinlich, daß sie aus vorchrist¬ licher Zeit stammen. Ich folgte von Bethlehem aus einem Wege, der an einer Wasserleitung hinlaufend nach dem Abhang führt, unter dem in einer tiefen Schlucht das Dörfchen Ardas mit seinen hübschen Aprikosen- und Feigen- Pflanzungen liegt. Einige hundert Schritt von hier befinden sich am Thal¬ hange drei gewaltige Wasserbecken, die theils in den Felsen, gehauen, theils von Quadern aufgemauert sind. Sie liegen sensenförmig übereinander, und nehmen von oben nach unten an Länge zu. Der oberste mag vierhundert, der in der Mitte vierhundertundfunfzig, der unterste etwa sechshundert Fuß lang sein, und ihre Breite betrügt durchschnittlich zweihundert Fuß. Sie werden von den Regengüssen des Winters gefüllt, im Sommer wird die Ver- dunstung des Wassers durch eine über ihnen entspringende Quelle theilweise ausgeglichen, in der die Sage den „verschlossnen Born" erblickt, mit wel¬ chem der Sänger des Hohenliedes seine Schwester und Braut vergleicht. Wäre dies richtig, so dürfte man sich hierher auch den Lustgarten von Granatäpfeln mit edlen Früchten. Cypern mit Norden, Narben mit Safran, Calmus und Cvnamen, mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhen und Aloes und al¬ len besten Würzen" denken, der dem verliebten Dichter zu weiteren Verglei¬ chen Gelegenheit bot. Von diesen Teichen ging, ich durch ein mit Reben und Feigenbäumen bepflanztes Thalgelände. wo das Kloster des heiligen Georg steht; und dann über zwei kahle Hügel und durch eine dazwischenliegende Senkung nach dem großen Orte Bet Dschalah, wo nach der Volkssage kein Moslem länger als zwei Jahre leben bleibt, weshalb die Türken und Araber sich ganz von hier zurückgezogen haben, und in dessen Nähe die Mönche das Feld zeigen, wo das Heer Sanheribs von dem Würgengel, der auf das Gebet Hiskias und Jesajas erschien , gefällt wurde. Auf ziemlich rauhem Wege gelangte ich von hier in einer starken Stunde nach dem Philippskloster, in dessen Nähe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/476>, abgerufen am 06.06.2024.