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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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unausführbar, sondern: die Bundesverfassung überhaupt ist unausführbar, ist
eine große politische Unwahrheit. Sie muß zerbrochen, muß wenigstens ab¬
geändert werden. Die Initiative hierzu gehört unsers Trachtens Preußen.
Es ist am Ende, wenn es sich mit Kühnheit waffnet, groß genug, seinen
Austritt aus dem Bunde zu erklaren, zumal wenn es klug genug verfährt,
sich neuer Bundesgenossen aus dem alten Bund und außerhalb des alten
Bundes ohne Unterschied zu versichern.

In dem Folgenden können wir uns kurz fassen und auf wenige Bemer¬
kungen beschränken.

"17. Die Befehlshaber der einzelnen Truppenabtheilungen werden von
dem Staate, dessen Truppen sie befehligen sollen, ernannt. Für die Abthei¬
lungen, welche aus mehren Kontingenten zusammengesetzt sind, bleibt die Er¬
nennung dieser Befehlshaber der Vereinbarung der betheiligten Regierungen
überlassen "

"18. Die Pflichten und Rechte dieser Befehlshaber, welche aus ihren
Verhältnissen zu dem Bunde hervorgehen, sind denen des Oberfeldhcrn analog.
Sie haben unbedingten Gehorsam von allen ihren Untergebenen zu fordern,
so wie ihren Vorgesetzten zu leisten.

In dem VII. Abschnitt der nähern Bestimmungen sind die Pflichten und
Befugnisse der Corpscommandanten noch weiter erörtert, ebenso wie im VI. Ab¬
schnitt diejenigen des Oberfeldherrn.

"19. Die Gerichtsbarkeit steht den Befehlshabern der Heeresabtheilungen
Zu, nach den von den Bundesstaaten denselben vorgeschriebenen Grenzen."

Die Erläuterung dieses Artikels enthält der X. Abschnitt der nähern
Bestimmungen. Er beschäftigt sich wesentlich mit den Strafbefugnissen des
Oberfeldherrn. da diejenigen der Corpsbefehlshaber u. f. w. theils durch die
Bestimmungen der Corpsacten, theils durch die Strafgesctzgebungen der Staaten
geregelt sind, welchen die betreffenden Contingente angehören. §. 93 im
X. Abschnitt lautet: "Gegen das Verbrechen des Meineides, des Verraths,
Feldflüchtigkeit und der Insubordination werden im Bundesheere durch
besondere Kriegsartikel Strafbestimmungen getroffen, welche dem gestimm¬
ten Kriegsheer als gleichförmiges Gesetz gelten sollen." Dann §. 94. "Die
w den (Bundes-) Kriegsartikeln nicht genannten Verbrechen und Vergehen
werden nach den bei den Kontingenten der einzelnen Staaten giltigen Gesetzen
beurtheilt."

§. 94 würde im weitesten Maße zur Anwendung kommen müssen, da
unsers Wissens jene verheißenen Bundeskriegsartikcl noch nicht existiren.

Das Martialgesetz verkünden (den Belagerungsstand erklären) kann der
Dberfeldherr im Feindesland ohne weiteres; auf Bundesgebiet aber nur im
Einvernehmen mit den betreffenden Regierungen. Wir halten diese leptere


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unausführbar, sondern: die Bundesverfassung überhaupt ist unausführbar, ist
eine große politische Unwahrheit. Sie muß zerbrochen, muß wenigstens ab¬
geändert werden. Die Initiative hierzu gehört unsers Trachtens Preußen.
Es ist am Ende, wenn es sich mit Kühnheit waffnet, groß genug, seinen
Austritt aus dem Bunde zu erklaren, zumal wenn es klug genug verfährt,
sich neuer Bundesgenossen aus dem alten Bund und außerhalb des alten
Bundes ohne Unterschied zu versichern.

In dem Folgenden können wir uns kurz fassen und auf wenige Bemer¬
kungen beschränken.

„17. Die Befehlshaber der einzelnen Truppenabtheilungen werden von
dem Staate, dessen Truppen sie befehligen sollen, ernannt. Für die Abthei¬
lungen, welche aus mehren Kontingenten zusammengesetzt sind, bleibt die Er¬
nennung dieser Befehlshaber der Vereinbarung der betheiligten Regierungen
überlassen "

„18. Die Pflichten und Rechte dieser Befehlshaber, welche aus ihren
Verhältnissen zu dem Bunde hervorgehen, sind denen des Oberfeldhcrn analog.
Sie haben unbedingten Gehorsam von allen ihren Untergebenen zu fordern,
so wie ihren Vorgesetzten zu leisten.

In dem VII. Abschnitt der nähern Bestimmungen sind die Pflichten und
Befugnisse der Corpscommandanten noch weiter erörtert, ebenso wie im VI. Ab¬
schnitt diejenigen des Oberfeldherrn.

„19. Die Gerichtsbarkeit steht den Befehlshabern der Heeresabtheilungen
Zu, nach den von den Bundesstaaten denselben vorgeschriebenen Grenzen."

Die Erläuterung dieses Artikels enthält der X. Abschnitt der nähern
Bestimmungen. Er beschäftigt sich wesentlich mit den Strafbefugnissen des
Oberfeldherrn. da diejenigen der Corpsbefehlshaber u. f. w. theils durch die
Bestimmungen der Corpsacten, theils durch die Strafgesctzgebungen der Staaten
geregelt sind, welchen die betreffenden Contingente angehören. §. 93 im
X. Abschnitt lautet: „Gegen das Verbrechen des Meineides, des Verraths,
Feldflüchtigkeit und der Insubordination werden im Bundesheere durch
besondere Kriegsartikel Strafbestimmungen getroffen, welche dem gestimm¬
ten Kriegsheer als gleichförmiges Gesetz gelten sollen." Dann §. 94. „Die
w den (Bundes-) Kriegsartikeln nicht genannten Verbrechen und Vergehen
werden nach den bei den Kontingenten der einzelnen Staaten giltigen Gesetzen
beurtheilt."

§. 94 würde im weitesten Maße zur Anwendung kommen müssen, da
unsers Wissens jene verheißenen Bundeskriegsartikcl noch nicht existiren.

Das Martialgesetz verkünden (den Belagerungsstand erklären) kann der
Dberfeldherr im Feindesland ohne weiteres; auf Bundesgebiet aber nur im
Einvernehmen mit den betreffenden Regierungen. Wir halten diese leptere


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[0111] unausführbar, sondern: die Bundesverfassung überhaupt ist unausführbar, ist eine große politische Unwahrheit. Sie muß zerbrochen, muß wenigstens ab¬ geändert werden. Die Initiative hierzu gehört unsers Trachtens Preußen. Es ist am Ende, wenn es sich mit Kühnheit waffnet, groß genug, seinen Austritt aus dem Bunde zu erklaren, zumal wenn es klug genug verfährt, sich neuer Bundesgenossen aus dem alten Bund und außerhalb des alten Bundes ohne Unterschied zu versichern. In dem Folgenden können wir uns kurz fassen und auf wenige Bemer¬ kungen beschränken. „17. Die Befehlshaber der einzelnen Truppenabtheilungen werden von dem Staate, dessen Truppen sie befehligen sollen, ernannt. Für die Abthei¬ lungen, welche aus mehren Kontingenten zusammengesetzt sind, bleibt die Er¬ nennung dieser Befehlshaber der Vereinbarung der betheiligten Regierungen überlassen " „18. Die Pflichten und Rechte dieser Befehlshaber, welche aus ihren Verhältnissen zu dem Bunde hervorgehen, sind denen des Oberfeldhcrn analog. Sie haben unbedingten Gehorsam von allen ihren Untergebenen zu fordern, so wie ihren Vorgesetzten zu leisten. In dem VII. Abschnitt der nähern Bestimmungen sind die Pflichten und Befugnisse der Corpscommandanten noch weiter erörtert, ebenso wie im VI. Ab¬ schnitt diejenigen des Oberfeldherrn. „19. Die Gerichtsbarkeit steht den Befehlshabern der Heeresabtheilungen Zu, nach den von den Bundesstaaten denselben vorgeschriebenen Grenzen." Die Erläuterung dieses Artikels enthält der X. Abschnitt der nähern Bestimmungen. Er beschäftigt sich wesentlich mit den Strafbefugnissen des Oberfeldherrn. da diejenigen der Corpsbefehlshaber u. f. w. theils durch die Bestimmungen der Corpsacten, theils durch die Strafgesctzgebungen der Staaten geregelt sind, welchen die betreffenden Contingente angehören. §. 93 im X. Abschnitt lautet: „Gegen das Verbrechen des Meineides, des Verraths, Feldflüchtigkeit und der Insubordination werden im Bundesheere durch besondere Kriegsartikel Strafbestimmungen getroffen, welche dem gestimm¬ ten Kriegsheer als gleichförmiges Gesetz gelten sollen." Dann §. 94. „Die w den (Bundes-) Kriegsartikeln nicht genannten Verbrechen und Vergehen werden nach den bei den Kontingenten der einzelnen Staaten giltigen Gesetzen beurtheilt." §. 94 würde im weitesten Maße zur Anwendung kommen müssen, da unsers Wissens jene verheißenen Bundeskriegsartikcl noch nicht existiren. Das Martialgesetz verkünden (den Belagerungsstand erklären) kann der Dberfeldherr im Feindesland ohne weiteres; auf Bundesgebiet aber nur im Einvernehmen mit den betreffenden Regierungen. Wir halten diese leptere 13*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/111>, abgerufen am 14.06.2024.