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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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enorm von Utah, und sie gewinnen dadurch einen hohem Werth, daß es
kein für oder wider Partei nehmender Amerikaner, sondern ein ruhig be¬
obachtender und überdies gebildeter Deutscher ist, der uns in ihnen seine Ansichten
über das merkwürdige Volk am Salzsee der Felsengebirge vorträgt. Wir
haben früher ausführlich über die Mormonen berichtet. Der folgende Aus¬
zug aus Dr. Schiels Bemerkungen wird theilweise als Beleg, theilweise auch
als Berichtigung jener Aufsätze dienen. Wir senden ihm nur noch voraus,
daß der Verfasser die Gunnisonsche Expedition begleitete, welche vor nunmehr
sechs Jahren Strecken von Utah im Auftrag der Centralregierung zu Was¬
hington zu untersuchen und zu vermessen hatte.

"Die große Salzseestadt liegt 16 Meilen vom Salzsee entfernt am west¬
lichen Fuß des Wahsatschgebirges in 40° 45' 30" nördlicher Breite und in
einer Höhe, die sich aus unsern sechsmonatlichen Barometerbeobachtungen zu
4350 Fuß über der Meeresfläche berechnet. Die Stadt ist sehr weit aus¬
gedehnt, und wenn man sich ihr vom Süden nähert, auf eine große Entfernung
sichtbar, doch macht sie durchaus keinen freundlichen Eindruck, denn obgleich
die Straßen gerade und weit sind, und fast jedes Haus ein Stück oder ein
Stückchen eingefriedigtes Land hat, so trägt doch alles noch zu sehr den
Charakter der Armuth und des Nothbehelfs. Die Straßen haben zwar Trot-
oirs, d. h. Seitenwege, die durch Gräben von der Fahrstraße getrennt sind,
aber diese sind bei schlechtem Wetter ebenso ungangbar wie die Straßen selbst,
und in allen nicht centralen Theilen, vorzüglich aber im südlichen Theil der
Stadt, haben Fußgänger, Reiter und Fuhrleute in der schlechten Jahreszeit
ehre gleiche Noth, um sich durch den tief gelockerten, morastigen Boden durch¬
zuarbeiten.

Die oben erwähnten Gräben dienen dazu, um das vortreffliche Wasser
eines Baches, welcher aus dem nahen Gebirge kommt, durch die ganze Stadt
!u führen -- eine Einrichtung, die den Einwohnern viel Bequemlichkeit dar¬
bietet. Die Häuser sind meistens aus sogenanntem Adobe (Luftziegel) aus¬
geführt, einstöckig und mit Schindeln bedeckt. Blockhäuser sind verhältniß-
u^äßig selten, da das Holz auf eine Entfernung von 30--40 Meilen aus
dem Wahsatschgebirge geholt und daher sparsam verwendet werden muß. Im
Mittleren Theile der Stadt sind einige zweistöckige Häuser, darunter das neue
Haus von Brigham Uoung, das Zehnthaus und das Statehouse, letzteres
jetzt das einzige Haus in Utah, das ganz aus Stein erbaut ist. Auch
das Tabernakel liegt hier, ein eigenthümliches Gebäude, dessen Dach fast bis
^ Erde reicht, und das wie alle andern der Stadt aus Adobe gebaut ist.
^ das Haus nur bis zur Vollendung des großen Tempels für den Gottes-
^use dienen soll, fanden es die Heiligen praktisch, den unterirdischen Raum,
gewöhnlich zu Keller oder Souterrain verwendet wird, zu einer Art Hör-


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enorm von Utah, und sie gewinnen dadurch einen hohem Werth, daß es
kein für oder wider Partei nehmender Amerikaner, sondern ein ruhig be¬
obachtender und überdies gebildeter Deutscher ist, der uns in ihnen seine Ansichten
über das merkwürdige Volk am Salzsee der Felsengebirge vorträgt. Wir
haben früher ausführlich über die Mormonen berichtet. Der folgende Aus¬
zug aus Dr. Schiels Bemerkungen wird theilweise als Beleg, theilweise auch
als Berichtigung jener Aufsätze dienen. Wir senden ihm nur noch voraus,
daß der Verfasser die Gunnisonsche Expedition begleitete, welche vor nunmehr
sechs Jahren Strecken von Utah im Auftrag der Centralregierung zu Was¬
hington zu untersuchen und zu vermessen hatte.

„Die große Salzseestadt liegt 16 Meilen vom Salzsee entfernt am west¬
lichen Fuß des Wahsatschgebirges in 40° 45' 30" nördlicher Breite und in
einer Höhe, die sich aus unsern sechsmonatlichen Barometerbeobachtungen zu
4350 Fuß über der Meeresfläche berechnet. Die Stadt ist sehr weit aus¬
gedehnt, und wenn man sich ihr vom Süden nähert, auf eine große Entfernung
sichtbar, doch macht sie durchaus keinen freundlichen Eindruck, denn obgleich
die Straßen gerade und weit sind, und fast jedes Haus ein Stück oder ein
Stückchen eingefriedigtes Land hat, so trägt doch alles noch zu sehr den
Charakter der Armuth und des Nothbehelfs. Die Straßen haben zwar Trot-
oirs, d. h. Seitenwege, die durch Gräben von der Fahrstraße getrennt sind,
aber diese sind bei schlechtem Wetter ebenso ungangbar wie die Straßen selbst,
und in allen nicht centralen Theilen, vorzüglich aber im südlichen Theil der
Stadt, haben Fußgänger, Reiter und Fuhrleute in der schlechten Jahreszeit
ehre gleiche Noth, um sich durch den tief gelockerten, morastigen Boden durch¬
zuarbeiten.

Die oben erwähnten Gräben dienen dazu, um das vortreffliche Wasser
eines Baches, welcher aus dem nahen Gebirge kommt, durch die ganze Stadt
!u führen — eine Einrichtung, die den Einwohnern viel Bequemlichkeit dar¬
bietet. Die Häuser sind meistens aus sogenanntem Adobe (Luftziegel) aus¬
geführt, einstöckig und mit Schindeln bedeckt. Blockhäuser sind verhältniß-
u^äßig selten, da das Holz auf eine Entfernung von 30—40 Meilen aus
dem Wahsatschgebirge geholt und daher sparsam verwendet werden muß. Im
Mittleren Theile der Stadt sind einige zweistöckige Häuser, darunter das neue
Haus von Brigham Uoung, das Zehnthaus und das Statehouse, letzteres
jetzt das einzige Haus in Utah, das ganz aus Stein erbaut ist. Auch
das Tabernakel liegt hier, ein eigenthümliches Gebäude, dessen Dach fast bis
^ Erde reicht, und das wie alle andern der Stadt aus Adobe gebaut ist.
^ das Haus nur bis zur Vollendung des großen Tempels für den Gottes-
^use dienen soll, fanden es die Heiligen praktisch, den unterirdischen Raum,
gewöhnlich zu Keller oder Souterrain verwendet wird, zu einer Art Hör-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/159>, abgerufen am 14.06.2024.