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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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der größte Theil der aus den Neichscreditbanken abgestossenen Kapitale rM
seine Anlage nachweislich in Eisenbahnactien gefunden, deren Zinsen der Staat
garantirt hat.

Man könnte nun glauben, die öffentlichen Verwaltungsbehörden. Wohl-
"hätigkcitsinstitute, Kirchen, Stiftungen :c,, deren "thatsächlich in den ver¬
schiedenen Kreditanstalten" jetzt oder zukünftig deponirte Kapitale "zur Ver¬
fügung des Finanzministers gestellt" sind, würden fernerhin ihre Gelder so
anlegen-, daß ihnen die ungenirte /Gebahrung damit möglich bleibe. Dem
steht aber die gesetzliche Bestimmung der meisten derselben entgegen, wonach
ihnen eben blos die zinstragende Deponirung in die Reichscreditanstalten
gestattet ist. Dein Handel und der Gewcrbthntigkeit kommen sie fortan nicht
mehr zu gut. Aber wenn früher der Finanzminister mehreren Crcditanstalten
gegenüber noch kein wirkliches Verfügungsrecht besaß, so ist auch dieses durch
den neuesten Ukas vom 16. September hergestellt. Denn dieser vereinigt
sämmtliche Creditanstalten unter denselben. Zugleich wurde die Verzinsung
der in der Ncichscreditbcmk deponirten Gelder und Kapitalien auf zwei Prozent
herabgesetzt. Der zur Verfügung des Finnnzministers gestellte Theil derselben,
also sämmtliche Kapitalien der todten Hand, kann jedoch natürlich nicht zurück¬
gezogen werden. Der größte Theil der Privatkapitalien ist aber durch die oben
erwähnte Verwandlung derselben in Renten (Ncichsbillets) ebenfalls an die
Kreditanstalten gefesselt. Zur Beschwichtigung ihrer Mißstimmung wurde ihr
Zinsfuß auf 5"/<> erhöht. So bleibt nur die Rückkehr jener wenigen Privat¬
anlagen, welche noch seit der ersten Zinsreduction weder zurückgezogen, noch
in unkündbare Reichsbillets verwandelt sind, in den allgemeinen Verkehr ZU
erwarten. Aber auf diesem Wege steht bereits.die innere Anleihe zur Ver¬
minderung der Papiergeldmassen mit ihren vortheilhaften Anerbietungen, "in
sie in Anspruch zu nehmen. So gelangt man denn im Ueberblicke aller dieser
Operationen immer von Neuem zu dem Ergebniß, daß Europa nicht blos
die neue ausländische Anleihe von 140 Mill. Fi., sondern auch das Stamm¬
kapital der Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft von 200 Mill. F^"
sowie das Baukapital der Moskau-Saratow-Bahn von 45 Mill. Silberrubel
in der Hauptsache beschaffen soll. Welche Garantien ihm dafür gewährt sind,
erhellt aus der vorstehenden Uebersicht wol ziemlich deutlich.




der größte Theil der aus den Neichscreditbanken abgestossenen Kapitale rM
seine Anlage nachweislich in Eisenbahnactien gefunden, deren Zinsen der Staat
garantirt hat.

Man könnte nun glauben, die öffentlichen Verwaltungsbehörden. Wohl-
«hätigkcitsinstitute, Kirchen, Stiftungen :c,, deren „thatsächlich in den ver¬
schiedenen Kreditanstalten" jetzt oder zukünftig deponirte Kapitale „zur Ver¬
fügung des Finanzministers gestellt" sind, würden fernerhin ihre Gelder so
anlegen-, daß ihnen die ungenirte /Gebahrung damit möglich bleibe. Dem
steht aber die gesetzliche Bestimmung der meisten derselben entgegen, wonach
ihnen eben blos die zinstragende Deponirung in die Reichscreditanstalten
gestattet ist. Dein Handel und der Gewcrbthntigkeit kommen sie fortan nicht
mehr zu gut. Aber wenn früher der Finanzminister mehreren Crcditanstalten
gegenüber noch kein wirkliches Verfügungsrecht besaß, so ist auch dieses durch
den neuesten Ukas vom 16. September hergestellt. Denn dieser vereinigt
sämmtliche Creditanstalten unter denselben. Zugleich wurde die Verzinsung
der in der Ncichscreditbcmk deponirten Gelder und Kapitalien auf zwei Prozent
herabgesetzt. Der zur Verfügung des Finnnzministers gestellte Theil derselben,
also sämmtliche Kapitalien der todten Hand, kann jedoch natürlich nicht zurück¬
gezogen werden. Der größte Theil der Privatkapitalien ist aber durch die oben
erwähnte Verwandlung derselben in Renten (Ncichsbillets) ebenfalls an die
Kreditanstalten gefesselt. Zur Beschwichtigung ihrer Mißstimmung wurde ihr
Zinsfuß auf 5"/<> erhöht. So bleibt nur die Rückkehr jener wenigen Privat¬
anlagen, welche noch seit der ersten Zinsreduction weder zurückgezogen, noch
in unkündbare Reichsbillets verwandelt sind, in den allgemeinen Verkehr ZU
erwarten. Aber auf diesem Wege steht bereits.die innere Anleihe zur Ver¬
minderung der Papiergeldmassen mit ihren vortheilhaften Anerbietungen, »in
sie in Anspruch zu nehmen. So gelangt man denn im Ueberblicke aller dieser
Operationen immer von Neuem zu dem Ergebniß, daß Europa nicht blos
die neue ausländische Anleihe von 140 Mill. Fi., sondern auch das Stamm¬
kapital der Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft von 200 Mill. F^"
sowie das Baukapital der Moskau-Saratow-Bahn von 45 Mill. Silberrubel
in der Hauptsache beschaffen soll. Welche Garantien ihm dafür gewährt sind,
erhellt aus der vorstehenden Uebersicht wol ziemlich deutlich.




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[0346] der größte Theil der aus den Neichscreditbanken abgestossenen Kapitale rM seine Anlage nachweislich in Eisenbahnactien gefunden, deren Zinsen der Staat garantirt hat. Man könnte nun glauben, die öffentlichen Verwaltungsbehörden. Wohl- «hätigkcitsinstitute, Kirchen, Stiftungen :c,, deren „thatsächlich in den ver¬ schiedenen Kreditanstalten" jetzt oder zukünftig deponirte Kapitale „zur Ver¬ fügung des Finanzministers gestellt" sind, würden fernerhin ihre Gelder so anlegen-, daß ihnen die ungenirte /Gebahrung damit möglich bleibe. Dem steht aber die gesetzliche Bestimmung der meisten derselben entgegen, wonach ihnen eben blos die zinstragende Deponirung in die Reichscreditanstalten gestattet ist. Dein Handel und der Gewcrbthntigkeit kommen sie fortan nicht mehr zu gut. Aber wenn früher der Finanzminister mehreren Crcditanstalten gegenüber noch kein wirkliches Verfügungsrecht besaß, so ist auch dieses durch den neuesten Ukas vom 16. September hergestellt. Denn dieser vereinigt sämmtliche Creditanstalten unter denselben. Zugleich wurde die Verzinsung der in der Ncichscreditbcmk deponirten Gelder und Kapitalien auf zwei Prozent herabgesetzt. Der zur Verfügung des Finnnzministers gestellte Theil derselben, also sämmtliche Kapitalien der todten Hand, kann jedoch natürlich nicht zurück¬ gezogen werden. Der größte Theil der Privatkapitalien ist aber durch die oben erwähnte Verwandlung derselben in Renten (Ncichsbillets) ebenfalls an die Kreditanstalten gefesselt. Zur Beschwichtigung ihrer Mißstimmung wurde ihr Zinsfuß auf 5"/<> erhöht. So bleibt nur die Rückkehr jener wenigen Privat¬ anlagen, welche noch seit der ersten Zinsreduction weder zurückgezogen, noch in unkündbare Reichsbillets verwandelt sind, in den allgemeinen Verkehr ZU erwarten. Aber auf diesem Wege steht bereits.die innere Anleihe zur Ver¬ minderung der Papiergeldmassen mit ihren vortheilhaften Anerbietungen, »in sie in Anspruch zu nehmen. So gelangt man denn im Ueberblicke aller dieser Operationen immer von Neuem zu dem Ergebniß, daß Europa nicht blos die neue ausländische Anleihe von 140 Mill. Fi., sondern auch das Stamm¬ kapital der Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft von 200 Mill. F^" sowie das Baukapital der Moskau-Saratow-Bahn von 45 Mill. Silberrubel in der Hauptsache beschaffen soll. Welche Garantien ihm dafür gewährt sind, erhellt aus der vorstehenden Uebersicht wol ziemlich deutlich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/346>, abgerufen am 21.05.2024.