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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Linienschiffe mit Masten. Raaen. Segeln, Tauwerk. Kanonen, kurz allem, was
zu ihrer Ausrüstung gehört, ohne Überanstrengung fertig machen, ja vielleicht
noch außerdem zwei bis drei Fregatten zweiter Classe. Was endlich die In¬
genieurabtheilung betrifft, so können Dampfmaschinen von 50" Pferdekraft
binnen zwölf Monaten vollendet werden.

Neuerdings wurden bedeutende Summen zur Verstärkung und weitern
Ausdehnung der Festungswerke Breses angewiesen, und da hier im Punkt
der Vertheidigung weniger erforderlich ist. als in Cherbourg. so werden die
Werke dieses Hafenplatzes wahrscheinlich in wenigen Jahren ebenso vollstän¬
dig sein, als die jenes Hauptoperationspunktcs.

An einer wohlgewählten Stelle des nördlichen Theils der Bucht von Bis-
caya und im Departement Morbihan steht Lorient. Bis zum Jahr 1789
war dieser Ort wenig mehr als ein Depot für die von der französischen Com¬
pagnie aus Indien eingeführten Waaren. Lange Zeit hatten Havre und Nan¬
tes das Monopol des Handels mit Indien. China und den Ländern am
Senegal gehabt. Um das Jahr 1605 ließ sich eine Gesellschaft, die von
Ludwig dem Vierzehnten ein Privilegium erwirkt, auf dem Südufer der Bretagne
nieder und errichtete hier an geeigneten Orten große Reihen von Lagerhäusern,
aber erst im Jahre 1718 gerieth dieselbe, die sich inzwischen vergrößert und
das Monopol des Tabakshandels so wie das Privilegium Lotterien zu veran¬
stalten erlangt hatte, auf den.Gedanken, eine Stadt zu erbauen, welche der Mittel-
Punkt ihrer kaufmännischen Geschäfte sein sollte. Zu diesem Zweck kaufte sie
die damals nur mit Haidekraut bedeckte Ebne Loch Noch Yan an. die an dem
Zusammenfluß des Scorff und des Blavet liegt. Bald darauf erhob sich die
Stadt, ein Hafen wurde ausgegraben und der Ort mit Wällen umgeben.
Der Handel, den die neue Stadt mit dem Morgenland trieb, verschaffte ihr
den Namen L'Orient, der- 1738 durch ein von Versailles datirtes Cdict be¬
stätigt wurde.

Der Schiffsverkehr, den die wachsende und eine Zeit lang reiche Gesell¬
schaft hier entstehen ließ, erreichte bald beträchtliche Dimensionen, aber dieses
Leben war nicht von Dauer. Im Jahre 1770 löste sich die Gesellschaft aus,
aller Handel zog sich von Lorient zurück, und das einzige Geschäft, welches
die Einwohner von jetzt ab Jahre hindurch betrieben, war das sehr beschei¬
dene der Meeraal- und Sardinensischerei. Gegen das Ende des ersten
Kaiserreichs indeß fand die Bedeutung Lorients als eines Kriegs- oder
vielmehr Werfthafens Anerkennung. Während der letzten vierzig Jahre sind
die nothwendigen Einrichtungen getroffen und allmülig vergrößert worden,
und die hiesigen Schiffswerften geben gegenwärtig 2500 bis 3000 Schiffs¬
zimmerleuten, Schmieden, Segelmachern u. a. Beschäftigung. Die Stadt ist
schmuzig und düster. Sie besitzt keinerlei Merkwürdigkeiten, mit Ausnahme


Linienschiffe mit Masten. Raaen. Segeln, Tauwerk. Kanonen, kurz allem, was
zu ihrer Ausrüstung gehört, ohne Überanstrengung fertig machen, ja vielleicht
noch außerdem zwei bis drei Fregatten zweiter Classe. Was endlich die In¬
genieurabtheilung betrifft, so können Dampfmaschinen von 50» Pferdekraft
binnen zwölf Monaten vollendet werden.

Neuerdings wurden bedeutende Summen zur Verstärkung und weitern
Ausdehnung der Festungswerke Breses angewiesen, und da hier im Punkt
der Vertheidigung weniger erforderlich ist. als in Cherbourg. so werden die
Werke dieses Hafenplatzes wahrscheinlich in wenigen Jahren ebenso vollstän¬
dig sein, als die jenes Hauptoperationspunktcs.

An einer wohlgewählten Stelle des nördlichen Theils der Bucht von Bis-
caya und im Departement Morbihan steht Lorient. Bis zum Jahr 1789
war dieser Ort wenig mehr als ein Depot für die von der französischen Com¬
pagnie aus Indien eingeführten Waaren. Lange Zeit hatten Havre und Nan¬
tes das Monopol des Handels mit Indien. China und den Ländern am
Senegal gehabt. Um das Jahr 1605 ließ sich eine Gesellschaft, die von
Ludwig dem Vierzehnten ein Privilegium erwirkt, auf dem Südufer der Bretagne
nieder und errichtete hier an geeigneten Orten große Reihen von Lagerhäusern,
aber erst im Jahre 1718 gerieth dieselbe, die sich inzwischen vergrößert und
das Monopol des Tabakshandels so wie das Privilegium Lotterien zu veran¬
stalten erlangt hatte, auf den.Gedanken, eine Stadt zu erbauen, welche der Mittel-
Punkt ihrer kaufmännischen Geschäfte sein sollte. Zu diesem Zweck kaufte sie
die damals nur mit Haidekraut bedeckte Ebne Loch Noch Yan an. die an dem
Zusammenfluß des Scorff und des Blavet liegt. Bald darauf erhob sich die
Stadt, ein Hafen wurde ausgegraben und der Ort mit Wällen umgeben.
Der Handel, den die neue Stadt mit dem Morgenland trieb, verschaffte ihr
den Namen L'Orient, der- 1738 durch ein von Versailles datirtes Cdict be¬
stätigt wurde.

Der Schiffsverkehr, den die wachsende und eine Zeit lang reiche Gesell¬
schaft hier entstehen ließ, erreichte bald beträchtliche Dimensionen, aber dieses
Leben war nicht von Dauer. Im Jahre 1770 löste sich die Gesellschaft aus,
aller Handel zog sich von Lorient zurück, und das einzige Geschäft, welches
die Einwohner von jetzt ab Jahre hindurch betrieben, war das sehr beschei¬
dene der Meeraal- und Sardinensischerei. Gegen das Ende des ersten
Kaiserreichs indeß fand die Bedeutung Lorients als eines Kriegs- oder
vielmehr Werfthafens Anerkennung. Während der letzten vierzig Jahre sind
die nothwendigen Einrichtungen getroffen und allmülig vergrößert worden,
und die hiesigen Schiffswerften geben gegenwärtig 2500 bis 3000 Schiffs¬
zimmerleuten, Schmieden, Segelmachern u. a. Beschäftigung. Die Stadt ist
schmuzig und düster. Sie besitzt keinerlei Merkwürdigkeiten, mit Ausnahme


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/43>, abgerufen am 18.05.2024.